15 Länder bereiste ich in Asien. Geschäftlich und privat. Nebst den Zentren besuchte ich immer wieder abgelegene Orte auf dem Land. Überall gibt es einfache Strassenküchen, Verkaufsstände und  Märkte. Den Verkäufern zuzuschauen ist spannend. Bei den Erfolgreichen habe ich 7 Gemeinsamkeiten entdeckt:

 

  1. Sie sprechen viel mit den Kunden

Asiaten wollen begreifen, was ich als Kunde suche. Letztes Jahr, als ich Phuket in Thailand besuchte, ass ich zweimal in einer Strassenküche mit herrlichem Fisch. Am nächsten Tag ass ich an einem andern Ort in der Nähe. Kaum verliess ich das Restaurant, kam der Besitzer des ersten auf mich zu und fragte mich, was mein Grund war, heute an einem andern Ort zu essen.

Wir sprechen viel zu wenig mit unseren Kunden. Insbesondere nach einem verlorenen Geschäft. Dabei sind es genau diese, die uns Argumente liefern, die uns weiterbringen.

 

  1. Gehe dahin, wo Deine Kunden sind

Wenn wir uns Gedanken machen über den Standort unseres Geschäfts, wählen wir sehr oft einen Platz, wo kein Mitbewerber ist. Ist das richtig? Asiaten denken vielfach anders. Sie gehen dahin, wo die Kunden sind und versuchen den Mitbewerb vor Ort zu schlagen. „Den Tiger vom Berg in die Ebene locken“ (eines von 36 chinesischen Strategemen), also den Kunden in eine andere Gegend zu locken, scheint ihnen eine zu aufwändige Strategie zu sein. „Mit leichter Hand das Schaf wegführen“ (ein anderes Strategem) scheint ihnen die geeignetere Strategie. Der Kunde, der in die Gegend kommt, ist nur hier, weil er etwas kaufen will. Der grundsätzliche Kaufentscheid ist also schon getroffen. Den ganzen Aufwand, den Kunden zu sich zu bringen sparen sie sich, stattdessen konzentrieren sie ihre Kräfte darauf, ihn von ihrem Angebot zu überzeugen.

Geschäfte, die von Passanten leben, stellen sich diese Frage in der Regel. Aber gerade bei standortunabhängigen Firmen stelle ich fest, dass sie noch zu oft veraltete Methoden verfolgen, ihre Kunden zu finden. Inserate, Massenbriefe, solche Methoden sind veraltet. Gehe dahin, wo Deine Kunden sind. Und die sind nicht selten im Internet.

Wo findest Du Deine Kunden? Habe keine Angst, gehe dahin, wo Deine Mitbewerber sind. Gehe ins Internet. Aber smart, eine Visitenkarte im Netz genügt nicht. Dann kannst Du genausogut Deine Visitenkarte bei der nächsten Bushaltestelle an einen Abfalleimer kleben.

 

  1. Lächle

Wer kennt sie nicht, die lebensfrohen Asiaten, die immer lachen. Natürlich nicht immer, aber dann, wenn ein Kunde da steht. Es steckt an. Wenn ich mich an die letzte Begegnung an einem Kiosk in der Schweiz erinnere, eine grimmige Frau, mit grimmiger Stimme die mir die Ware und das Rückgeld in die Hand knallte… Lieber denke ich da zurück an ein Interview mit einem 14 jährigen Mädchen, das bei der Zerstörung der Stadt Tacloban in den Philippinen die ganze Familie und Hab und Gut verlor. Sie lächelte während des Interviews. Als der Reporter sie fragte, warum, antwortete sie, das Leben müsse weitergehen.

Ich gehe in keine Geschäfte, in denen mich mürrische Angestellte bedienen. Ein Lächeln, Humor, das zieht Kunden an.

Wann hast Du zum letzten Mal gelächelt? Probiere es, auch am Telefon. Probiere es sogar im Internet. Lächle und Du wirst Kunden gewinnen.

 

  1. Gehe die Extrameile

Sonderwünsche? Strassenverkäufer in Asien tun ihr möglichstest, diese zu erfüllen. Das hört nicht auf bei bestimmten Zutaten, die man in seinem Essen möchte. Einmal fragte ich, ob ich mein Essen selbst zubereiten dürfe. Ich durfte. Ein andermal war ich mit einem Freund unterwegs, wir konnten uns nicht zwischen zwei Restaurants entscheiden. Kein Problem. Wir setzten uns an einen Tisch und wurden aus zwei verschiedenen Küchen bedient. Verkauft die Köchin nur Essen? Auch das ist kein Problem, die Nichte rennt schnell in ein anderes Geschäft und holt Getränke.

Nicht immer muss sich eine besondere Leistung direkt auszahlen. Bei der Hotelkette Ritz hat jeder Angestellte ein tägliches Budget, Gäste glücklich zu machen. Mittlerweile hat das Unternehmen ein Ausbildungsinstitut, wie man Kunden glücklich macht. Da gehen sogar Firmen wie Apple hin.

Wann bist Du letztmals die Extrameile gegangen? Versetze Dich in die Schuhe Deines Kunden. Mach Deinen Kunden zum König. Aber nicht zum Kaiser. Alles hat Grenzen. Eine Ablehnung von Sonderwünschen muss aber begründet werden und nicht mit einem knappen „Nein“ abgelehnt werden.

 

  1. Überzeuge mit Deinen Vorteilen

Nicht selten gewinnen asiatische Werbefilme internationale Preise. Ich finde generell asiatische Werbung spannender als unser Zalando-Gebrüll. Strassenverkäufer sind da keine Ausnahme. Das non-plus-ultra sind die Tuk-Tuk Fahrer in Thailand. Sie bieten Dir nebst der Fahrt noch gleich an, Dich an Orte zu führen, wo Du eine Perlenkette oder einen Massanzug zum Spezialpreis kaufen kannst. Auch wenn es sich oft um Kleinbetrüger handelt, erfolgreich sind sie, mit ihren umstrittenen Methoden. Aber es gibt auch gute Beispiele. Kein Verkäufer hat nur frische Fische, keiner nur schöne Kleider. Der eine zieht sie selber aus dem Meer, der andere findet Dich schlicht „beautiful“ in Deinen alten Kleidern und natürlich erst recht in seinen.

Wenn ich mit meinen Kunden Rollenspiele mache, fällt mir immer auf, wie wenig Vorteile kommuniziert werden. „Haben Sie einen Swimming Pool?“. Die simple Antwort: „Ja“. Kein Wort darüber, dass dieser nachts beleuchtet ist, täglich mit abbaubaren Produkten gereinigt wird, in einer sehr ruhigen Ecke liegt.

Kommuniziere Deine Vorteile, nicht Deine „Features“. Hier machte ich gute Erfahrung mit dem Value Proposition Canvas (https://strategyzer.com/canvas/value-proposition-canvas). Diese Grafik hilft, Vorteile zu finden und diese auch zu kommunizieren.

 

  1. Mache Lärm

Kein asiatischer Strassenverkäufer ohne Hupe, Klingel, Lautsprecher oder allenfalls seiner eigenen, lauten Stimme. „Lärm“ muss aber nicht immer akustisch sein. Eine schöne Geschichte ist der Kaffeeverkäufer in Bangkok, der ein riesiges Schild auf seinem Wagen hatte, das fast so aussah wie das Logo von Starbucks. Starbucks ging vor Gericht und jedesmal, bevor der Kaffeeverkäufer schuldig gesprochen wurde, änderte er seinen Logo minimal. Die Geschichte wurde von der Presse aufgegriffen, über Wochen, mit dem Resultat, dass der Verkäufer bekannt wurde, sein Geschäft vergrösserte und heute mehrere Angestellte hat.

Mich nervt laute Werbung. Ich mag das Zalando-Geschrei nicht. Aber gerade Mikrofirmen sind mir zu still. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, aufzufallen. Für mein Geschäft musste ich mein Netzwerk neu aufbauen, um kleine Firmen anzusprechen. Twitter und ein „Personal Branding“ halfen mir dabei. Spielereien mit meinem Namen halfen mir dabei. #adwyse, #wyssheit, #wyssabgleich oder #wyssion sind sogenannte Hashtags, die ich auf Twitter nutze und bekannt wurden. Jeden meiner heutigen Kunden fand ich über Kontakte in den sozialen Netzwerken. Ohne einen Rappen auszugeben.

Auch Du solltest Dir überlegen, wie Du „Lärm“ machen kannst. Die Botschaft aber ist wichtig und auch da kann Dir die Methode des Value Proposition Canvas wieder helfen.

 

  1. Sei flexibel

Ich traf auf meinen Reisen viele Verkäufer und lernte sie kennen. Beim ersten Treffen verkauften sie Spielzeug, später Kleider, dann Elektronik, sie änderten ihr Geschäft laufend. Es muss nicht immer ein radikaler Wechsel sein. Aber eines stellte ich fest: Kaum ein Strassengeschäft, das nicht laufend kleinere Änderungen an seinem Geschäftsmodell vornahm. Ändern, testen, weiterführen oder verwerfen. Die Leute sind in einem dauernden Änderungsprozess.

Wir Mikrofirmen machen uns darüber eindeutig zu wenig Gedanken. Wir gründen ein 08:15 Geschäft und lassen es laufen, bis es nicht mehr geht, bis wir schliessen müssen. Oft fehlt eine Planung überhaupt, oft besteht ein traditioneller Business Plan, für den man einmal 6 Monate opferte und der schon gar nie wie geplant realisiert wurde.

Verbrenne Deine Business Pläne, aber arbeite auch nicht planlos. Nutze die Methode des Business Model Canvas, (https://strategyzer.com/canvas/business-model-canvas) vom gleichen Autor wie der Value Proposition Canvas.

 

Fazit:

Gehe mit offenen Ohren und Augen durch die Welt, schau was andere Firmen machen, selbst aus fremden Branchen. Nimm das Positive und überlege Dir, ob und wie Du das für Dein eigenes Geschäft nutzen kannst. Möchtest Du dazu einen Sparring-Partner, ich stehe Dir gerne zur Verfügung.

 

Autor:
Jürg Wyss arbeitete fast 30 Jahre im internationalen Verkauf für globale Konzerne. Heute betreut er Kleinunternehmer (Start-ups) beim Aufbau und Betrieb ihrer Firma. Daneben hat er ein karitatives Projekt in den Philippinen; er ermöglicht es armen Menschen durch Ausbildung, Coaching und Mikrokrediten eine eigene kleine Firma zu gründen und sich so die Existenz zu sichern.