Hand aufs Herz: Wer kennt die Situation nicht? Sie sitzen wieder mal in einem Meeting, wo der rote Faden fehlt, niemand so recht weiss, worüber überhaupt diskutiert wird und welches Ziel erreicht werden soll. Der Einladende hat schon längst die Zügel aus der Hand gegeben und ein «Nörgler vom Dienst» hat die Wortführerschaft übernommen. Ein Ende ist nicht absehbar. So gut es geht lenken Sie sich mit anderen, wichtigeren Aufgaben ab. So oder ähnlich laufen viele Meetings, ohne Aussicht auf Besserung. Warum eigentlich?
Tatsache ist: Wir verbringen gemäss einer Studie der Hochschule Augsburg (D) einen bedeutenden Teil der Arbeitszeit in Besprechungen (siehe Grafik). Sie hat dafür in ihrer Studie «Best Agers – Arbeitssituation, Gesundheit und Karriereerwartungen» (Regnet, 2019) 534 Fach- und Führungskräfte aller Alterskategorien befragt. Der Anteil der Sitzungen hat zwischen 2015 und 2018 sogar noch zugenommen.
Langweilige, unproduktive, plan-, ziel und endlose Sitzungen
Dabei ist die Unzufriedenheit mit der bisherigen Meetingkultur gross. Besonders wünschen sich die Studienteilnehmer effizientere, kürzere oder generell weniger Meetings. Wieder mehr Face-to-face-Besprechungen werden von 17% der Befragten bevorzugt. Unbestritten ist, dass sich die Situation im Ausnahmejahr 2020 noch akzentuiert hat.
Aus unserer Erfahrung kristallisieren sich bei Meetings häufig folgende Probleme heraus:
- Zu knappe Vorbereitungszeit: Informationen und Dokumente müssen stets rechtzeitig bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Meetings eintreffen, damit sich diese seriös vorbereiten können. Am Wochenende zum Beispiel wird wohl niemand die Unterlagen studieren. Dies gilt es bei der Planung zu beachten.
- Thema ist nicht für alle gleich wichtig: Ist ein Meetingthema nur für gewisse Abteilungen oder Teams von Interesse, sind Besprechungen im kleineren Kreis einzuplanen. So wird sichergestellt, dass das Meeting für alle relevant ist und damit als wichtig betrachtet wird.
- Fehlende Transparenz der Tagesordnung: Sind der Sinn des Meetings oder die Themenwahl nicht allen klar, kann es zu Missverständnissen führen. Hier ist es besonders wichtig, klar zu kommunizieren und sich thematisch nicht zu verzetteln.
Hier gilt es also, bereits bei der Planung des Meetings genügend Zeit einzuräumen, die Teilnehmenden gezielt auszuwählen und dazu die Tagesordnung genau zu definieren. Dies führt zu speditiven und zielführenden Meetings – und damit zu mehr Zufriedenheit bei allen Beteiligten.
Warum überhaupt Meetings?
Es wäre doch sehr verlockend, ein Unternehmen ohne Meetings zu organisieren. Jeder holt sich die Informationen, die Entscheidungen, die Lösungsfindung in dem Moment, wo er diese benötigt. Just-in-time, sozusagen. Wir könnten uns all die Terminabstimmungen, Vorbereitungen, Dokumentation, Protokollierung und Nachverfolgung sparen.
Möglicherweise arbeiten Sie in einem Kleinst-KMU, wo dies sogar funktioniert. Sobald ein Unternehmen wächst, wird diese Art der Führung jedoch höchst ineffizient und unrealistisch. Jeder unterbräche mit dieser Arbeitsweise unzählige Male den Arbeitsfluss der Mitarbeitenden. Konzentriertes Arbeiten wäre damit für alle Beteiligten bald unmöglich.
Meetings als zentrales Element der Unternehmensführung
In Unternehmen mit einer definierten Aufbau- und Ablauforganisation und Rollen sind Meetings die regelmässigen Fixpunkte. Diese dienen zur gegenseitigen Abstimmung aller am Führungsprozess beteiligten Personen. Die Besprechungen sind vergleichbar mit Etappenzielen bei der Besteigung eines Berges.
Die Art und Weise, wie Sitzungen bzw. die gesamte Führung eines Unternehmens laufen, ist auch ein kulturelles Thema. Entscheiden Sie als CEO abschliessend über jedes Thema selbst, ist eigentlich kein Abstimmungsaufwand notwendig. Der verbreitete kooperative Führungsstil setzt jedoch einen kontinuierlichen Abgleich der Beteiligten voraus.
Meetings sind unabhängig von Managementmethoden
Ob Ihr Unternehmen heute nach agiler Methodik oder herkömmlich hierarchisch geführt wird: viele Grundsätze und Regeln für Meetings gelten unabhängig davon. Dabei spielt es keine wesentliche Rolle, ob Projektteams nach SCRUM arbeiten und sich die Geschäftsleitung an KANBAN anlehnt.
Sind sich alle Beteiligten dessen bewusst, ist die gemeinsame Definition und Einhaltung von Meeting-Grundsätzen viel leichter.
Erfüllen Ihre Meetings die gesetzlichen Anforderungen?
Agieren Sie als Verwaltungsrat oder Geschäftsleitungsmitglied, sind nebst verschiedenen Argumenten, welche für gut geführte Meetings sprechen, auch gesetzliche Regelungen zu beachten.
Diese sind unter anderem im Obligationenrecht bei den Vorschriften für den Verwaltungsrat zu finden. Explizit genannt wird z. B. im Art. 713, Abs. 3 OR, dass über die Verhandlungen und Beschlüsse einer Verwaltungsratssitzung ein Protokoll zu führen ist. Präsident und Sekretär müssen das Protokoll unterschreiben. Nur Beschlussprotokolle oder Video- und Tonaufnahmen genügen nicht. Ab einer gewissen Grössenordnung eines Unternehmens – sofern es sich um eine AG handelt – delegiert der VR die operative Geschäftsführung. Ist dies der Fall, hat der Verwaltungsrat dafür zu sorgen, dass auch die Geschäftsleitung ihre Tätigkeit, ihre Entscheidungen und Beschlüsse nachvollziehbar dokumentiert. Denn letztendlich bleibt der Verwaltungsrat in der Gesamtverantwortung.
Befassen Sie sich gerade mit Fragen zur Organisation des Verwaltungsrats und dessen Sitzungsführung, ist das Buch «Verwaltungsrats-Sitzungen Grundlegung und Sitzungstechnik» von Rolf Dubs eine empfehlenswerte Lektüre.
Tipps, um Meetings künftig besser zu machen
Eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete. Dies bedeutet konkret:
- Ein Besprechungsziel bekannt geben. Dies ist besonders wichtig bei einmaligen Meetings. Bei regelmässig stattfindenden Sitzungen sollen das Ziel und der Teilnehmerkreis mittelfristig konstant bleiben.
- Themen vorschlagen und diese so klar wie möglich formulieren. Ist z. B. ein Antrag zu behandeln, gehört dieser vorbereitend weitgehend ausformuliert.
- Erwartungen pro Thema formulieren, z.B. «Zum Beschluss», «Thema zur Information», «Gemeinsame Lösung erarbeiten»
- Unterlagen, Dokumente zu den Themen rechtzeitig bereitstellen
- die Agenda mit allen zugehörigen Informationen rechtzeitig allen Meeting-Teilnehmern zustellen. Dies geschieht am besten mithilfe geeigneter Tools. Setzen Sie z. B. MS Teams ein, gibt es hierzu gut geeignete Apps, die den gesamten Meetingprozess unterstützen. Dazu mehr im Kasten.
- Allen Teilnehmern die Möglichkeit einräumen, weitere Agendapunkte einzubringen
Kleines Detail zum Equipment: Sind sie Organisator eines virtuellen Meetings und es gibt Agendapunkte, wo Präsentationen gezeigt oder umfangreiche Dokumente gemeinsam behandelt werden, dann nennen Sie mit der Einladung die Erwartung, dass die Teilnahme mit einem Notebook vorausgesetzt wird.
Für die Durchführung des Meetings ist empfehlenswert, sich mindestens an die folgenden Punkte zu halten:
- Das Meeting pünktlich beginnen. Dafür sind Sie als Organisator der Sitzung verantwortlich.
- Protokollierung: wichtige Ergebnisse aus Lösungsdiskussionen, kritische Einwände, Beschlüsse, Entscheide und Aufgaben sind zu protokollieren. Das Protokoll muss nicht durch den Organisator geführt werden, eine Rotation dieser Aufgabe ist gut vorstellbar.
- Halten Sie sich an die Zeitvorgaben. Es führt zu unnötigem Stress, wenn Diskussionen ausufern, von Themen abgewichen wird, end- und ziellos «rumdiskutiert» wird. Als Meetingorganisator sind Sie in der Verantwortung, einzugreifen. Ausufernde Themen können in separate Meetings vertagt werden.
- Führen Sie – besonders wichtig für Gremien mit wiederkehrenden Meetings – eine gemeinsame Aufgabenliste. Alle To-dos werden darauf notiert und deren Bearbeitung nachverfolgt. Diese Aufgabenliste wird regelmässig im Meeting aktualisiert und ergänzt.
Die Nachbearbeitung wird oft vernachlässigt, gehört mitunter jedoch zu den wichtigsten Tätigkeiten im ganzen Meetingprozess.
- Die für das Protokoll verantwortliche Person stellt das Protokoll fertig. Da vieles bereits während dem Meeting mitgeschrieben wurde, ist diese Aufgabe relativ schnell erledigt.
- Die Beschlussliste – im Idealfall zusätzlich zum Protokoll separat geführt und toolunterstützt – ist mit allen neuen Beschlüssen zu ergänzen. Sie reduzieren damit die Situationen, wo in den Meetings dasselbe Thema regelmässig wieder hochkommt.
- Sie prüfen die Aufgabenliste auf Vollständigkeit und sind dafür besorgt, dass jeder Task ein Fälligkeitsdatum hat und jemand dafür die Verantwortung übernimmt.
- Bei regelmässigen Meetings stellen Sie eine leere Themenliste für das kommende Meeting direkt wieder zur gemeinsamen Bearbeitung zur Verfügung.
Meetings sind (und bleiben) ein wichtiges Instrument der Unternehmensführung und mit den richtigen Mitteln können diese durchaus effizient, zielführend und produktiv sein.
Der Autor setzt für Meetings auf folgende Werkzeuge
- Hat sich ein Unternehmen grundsätzlich für die Arbeit mit Microsoft365™ entschieden, empfehle ich das Addon «Decisions» der Firma MeetingDecisions. Dieses unterstützt den gesamten Prozess von der Meetingvorbereitung über die Durchführung bis zur Nachbearbeitung, komplett integriert im Microsoft Ökosystem. Weitere Informationen
- Unternehmen, welche Alternativen zu Microsoft bevorzugen, sind mit dem Atlassian Ökosystem gut bedient. Dazu empfiehlt sich speziell das preisgekrönte Addon «Meetical» des gleichnamigen Schweizer Unternehmens: www.atlassian.com, www.meetical.io
Quellen:
Verwaltungsratssitzungen, Grundlegung und Sitzungstechnik, 2. Auflage 2012, Rolf Dubs, ISBN 978-3-258-07785-7
Der Autor
Thomas Uhlmann vermittelt seine Leidenschaft für gute Sitzungsführung in Beratungsprojekten in unterschiedlichen Organisationen. Er ist ausgebildeter Informatiker (Business Prozesse/Software) und aktiver Verwaltungsrat, wo er als digitaler VR Sekretär amtet.
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