Mit der fortschreitenden Digitalisierung werden Produktinformationen von immer grösserer Bedeutung. Die Anforderungen an den sogenannten «Digital Twin» eines Produktes sind heute nicht mehr nur im Geschäft mit Endkunden zentral. Auch für ein erfolgreiches Geschäft mit Investitionsgütern und für die Durchführung von Serviceleistungen stellen Produktdaten einen wichtigen Erfolgsfaktor dar. Für die Pflege und Verwaltung der Produktdaten und die Zuordnung zu Klassifikationssystemen werden heute PIM- und MAM-Systeme eingesetzt.
PIM- und MAM-Lösungen dienen als medienneutrale Datenbanken, mit denen Produktinformationen einfach gepflegt, importiert und exportiert werden können. Vor Jahren waren PIM-Lösungen vorwiegend für die Bereitstellung von Daten für Printmedien im Einsatz. Heute sind diese Anwendungen speziell bei der Bereitstellung von Produktdaten für e-Commerce Anwendungen von grosser Bedeutung. Aber auch für produzierende Unternehmungen, welche keine e-Commerce Plattformen direkt bedienen, bieten die Funktionalitäten von PIM, MAM und DAM Lösungen wesentliche Vorteile bei der Pflege und Verwaltung von Produktdaten und digitalen Informationen zu Produkten und Marken.
Die wesentlichen Funktionen von PIM, MAM und DAM Lösungen können wie folgt zusammengefasst werden:
- Import von Produktdaten
Für den Import von Produktdaten stehen Schnittstellen und Werkzeuge zur Verfügung, mit welchen der Import von Produktdaten in unterschiedlichsten Formaten und Strukturen einfach realisiert werden kann.
- Mapping von Artikelattributen
Im Rahmen des Produktdatenimports können zusätzliche Attribute hinzugefügt oder durch vordefinierte Mapping-Regeln den geltenden Strukturen zugewiesen werden.
- Zuweisung zu Klassifikationen
Mit den am Markt verfügbaren PIM- und MAM-Lösungen können Produktinformationen einem oder mehreren Klassifikationssystemen zugewiesen werden. Mit Klassifikationssystemen wie z.B. BMECat (www.bme.de) oder eClass ist der Austausch von Artikelinformationen in einem standardisierten Format vereinfacht möglich. Für die Abbildung der Sortimentsstruktur können eigene Klassifikationssysteme mit unterschiedlichen Attributen definiert und die Produkte diesen zugewiesen werden. Auch für die Abbildung unterschiedlicher Sortimentsstrukturen in ERP und e-Commerce Lösungen kommen Klassifikationssysteme zur Verwendung.
- Massen-Updates
Einmal in einer PIM-Lösung erfasste Produktdaten können einfach angepasst und verändert werden. Neue oder zusätzliche Attribute können damit allen Artikel oder einer grossen Gruppe von Artikel zugewiesen werden. Für diese zum Teil sehr umfangreichen Mutationen verfügen PIM-Systeme über Funktionen für den Massenupdate von Produktdaten.
- Export von Artikeldaten
PIM-Lösungen stellen umfangreiche Funktionen für den Export von Produktdaten zur Verfügung. In den Systemen können die zu exportierenden Artikel und Sortimentsgruppe ausgewählt werden. Abhängig vom Empfänger werden die zu exportierenden Informationen und das notwendige Exportformat ausgewählt bzw. konfiguriert.
- Umgang mit digitalen Informationen
Für die Pflege und Verwaltung von Bildern, Filmen, Logos und neueren Dateiformaten für die Abbildung von digitalen Formaten für Augmented Reality wie z.B. USDZ kommen heute MAM- und DAM-Lösungen zum Einsatz.
MAM-Lösungen haben ihren Ursprung in der Erstellung und Bearbeitung von digitalen Audio- und Videobeiträgen. Die bei der Produktion von Audio- und Videobeiträgen entstehenden Daten werden in MAM-Lösungen zur weiteren Verarbeitung oder Speicherung verfügbar gemacht.
In DAM-Lösungen werden die digital verfügbaren Informationen von Produkten und Marken gepflegt, verwaltet und verfügbar gemacht. Der Funktionsumfang von MAM- und DAM-Lösungen ist in grossen Bereichen überschneidend. In DAM Lösungen werden neben digitalen Informationen zum Produkt auch Daten, welche z.B. für die Produktion des Produktes notwendig sind, gepflegt und verfügbar gemacht.
Die zum Teil sehr umfangreichen Inhalte von Bild- und Filmbibliotheken werden mit MAM- und DAM-Lösungen strukturiert und für unterschiedliche Anwendungszwecke zur Verfügung gestellt. Die Anforderungen zur Einhaltung von Bild- und Filmrechten können sowohl mit MAM- wie mit DAM-Systemen erfüllt werden.
Lesetipp: Digitaler Zwilling von Produkten: Hype oder Notwendigkeit?
Anforderungen und Lösungen für produzierende Unternehmungen
Durch die fortschreitende Digitalisierung steigen die Anforderungen an Produktdaten in digitaler Form nicht nur bei Produzenten von Konsumgütern. Auch die Hersteller von Investitionsgütern und Serviceorganisationen können durch eine verbesserte Verfügbarkeit von Produktinformationen ihre Geschäftsmodelle und Dienstleistungen optimieren.
Lesetipp: Daten sind für das Service-Management von zentraler Bedeutung
Hersteller von Konsumgütern
Der Vertrieb von Konsumgütern stellt heute hohe Anforderungen an die Datenqualität der Produkte. Um Produkte erfolgreich verkaufen zu können, müssen neben umfangreichen technischen Daten auch Artikeltexte in verschiedener Ausprägung als Langtext, Kurztext, Werbetext usw. in hoher Qualität verfügbar sein. Zusätzlich müssen digitale Informationen wie Bilder, Filme und Animationen für den Konsumenten bereitgestellt werden.
Diese Informationen müssen für die verschiedenen Verkaufskanäle und Vertriebspartner unterschiedlich aufbereitet und formatiert zur Verfügung gestellt werden können. Kann der Hersteller die Daten nicht liefern, muss der Vertriebspartner entscheiden, ob er auf den Vertrieb des Produktes verzichtet oder ob die für den Verkauf und die Promotionen notwendigen Daten selber beschafft bzw. erstellt werden. Die Kosten für die Erzeugung der Daten werden typischerweise in Form von Preisnachlässen an den Produzenten weitergegeben.
Da die wenigsten Hersteller nur mit einem Kunden Geschäftsbeziehungen pflegen, ist der effizienteste Weg, die Daten an der Quelle, also beim Hersteller, zentral zu erfassen und den Handelspartnern im gewünschten Format und der gewünschten Ausprägung zur Verfügung zu stellen.
Die Bereitstellung der Daten erfolgt auch in diesen Fällen mit PIM/MAM Lösungen, welche entsprechend den Anforderungen des Unternehmens konfiguriert sind.
Hersteller von Investitionsgütern
Die Anforderungen an Produktinformationen und digitale Informationen unterscheidet sich bei Herstellern von Investitionsgütern gegenüber den Herstellern von Konsumgütern dadurch, dass weniger Vertriebskanäle mit Informationen versorgt werden müssen. Dafür ist die Menge der benötigten Informationen grösser und deren Detaillierungsgrad umfangreicher. Die Dokumentationen, Filme und Animationen, welche sich der Endkunde beim Kauf von Konsumgütern gewohnt ist, erwartet heute auch der Käufer von Investitionsgütern mindestens in gleichem Masse. Daher müssen auch für Investitionsgüter hochwertige Produktinformationen, Bilder, Filme und Animationen erstellt und einfach verfügbar gemacht werden.
Neben den Informationen für den Verkauf müssen bei Investitionsgütern auch umfangreiche Dokumentationen für den Betrieb und Unterhalt dieser Güter verfügbar sein. Neben klassischen Bedienungsanleitungen sollten heute auch Serviceanleitungen, Zeichnungen, Stücklisten, Datenblätter und Prüfzertifikate einfach und schnell dem Kunden zur Verfügung gestellt werden.
Augmented Reality beim Service und Unterhalt
Mit dem Einsatz von Augmented Reality können Service- und Unterhaltsarbeiten für den Servicetechniker vereinfacht und damit die Qualität der Serviceleistung verbessert werden. Die für den Einsatz von Augmented Reality Lösungen benötigen Daten müssen für den Servicetechniker einfach verfügbar und nutzbar gemacht werden. Eine zentrale Pflege und Ablage aller Informationen, die zu einem Investitionsgut gehören, ist daher eine grosse Erleichterung und birgt grosses Potenzial für die Vereinfachung von Prozessen und deren Effizienz- und Qualitätsverbesserungen.
Schlussfolgerung
Lange waren PIM Systeme als medienneutrale Datenbanken für die Produktion von papierbasierten Katalogen und Prospekten im Einsatz. Die Anforderungen an Daten und Bilder konnten vom Betreiber der Lösung meist selber definiert werden. Mit der Verwendung digitaler Verkaufskanäle sind die Anforderungen an Produktdaten und Bilder stark gestiegen. Hersteller von Konsumgütern sehen sich mit der Herausforderung konfrontiert, dass sie ihre Produkte in unterschiedlichsten Formaten ihren Wiederverkäufern zur Verfügung stellen müssen. Die Hersteller von Investitionsgütern stehen vor der Herausforderung, dass der Käufer umfassenden Dokumentationen für den Betrieb und Unterhalt benötigt und diese einfach und effizient verfügbar sein müssen. Auch für Unterhalts- und Servicearbeiten, welche mit der Unterstützung von Augmented Reality Systemen ausgeführt werden, müssen die benötigten Daten einfach und schnell verfügbar gemacht werden.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, können PIM und MAM Lösungen sowohl bei Herstellern als auch Produzenten wertvolle Dienste leisten. Damit die bestmögliche Software-Lösung beschafft werden kann, gilt es aber, die aktuellen und künftigen Anforderungen an eine solche Lösung zu klären und damit die richtige Lösung am Markt zu ermitteln.
Die Auswahl und Einführung von PIM, MAM und DAM Lösungen stellen grosse Anforderungen an Unternehmungen. Für die Auswahl der passenden Software müssen sowohl die aktuellen wie auch die künftigen Anforderungen an die Lösung und die geplanten Prozesse erarbeitet und priorisiert werden. Im Anschluss muss im grossen und unübersichtlichen Markt für PIM, MAM und DAM Lösungen die passende Software gefunden und deren Eignung hinterfragt werden. Um Projektrisiken und Kosten zu minimieren empfiehlt sich eine methodische, strukturierte Vorgehensweise, welche von einem externen Berater oder Interim Manager geleitet wird. Der Berater oder Interim Manager unterstützt die Evaluation und Einführung mit wertvollen Erfahrungen aus vergleichbaren Projekten und einer strukturierten Vorgehensweise und hilft, Kosten und Projektrisiken zu minimieren.
Was heisst PIM, MAM und DAM?
PIM (Product Information Management)
In PIM Systemen werden Produktdaten in strukturierter Form gepflegt. Mit dem Einsatz von PIM Lösungen können Produkte mittels Attribute beschrieben und einer oder mehreren Klassifikationen zugewiesen werden.
MAM (Media Asset Management)
In MAM Systemen werden digitale Informationen zu Produkten verwaltet und verfügbar gemacht. Zu digitalen Informationen gehören Bilder, Videos und Audiodaten. Der Fokus der Daten liegt dabei beim Verkauf der Produkte.
DAM (Digital Asset Management)
In DAM Systemen werden unterschiedlichste digitale Informationen zu Produkten verwaltet und verfügbar gemacht. DAM Lösungen stellen eine Erweiterung oder Ergänzung von MAM Lösungen dar, weil damit auch digitale Informationen wie z. B. Maschinendaten oder Pläne verwaltet werden.
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Der Autor
Roger Busch ist Inhaber der busch-consulting GmbH und unterstützt Unternehmungen bei der Auswahl und Einführung von Business Software. Mit seiner langjährigen Berufs- und Projekterfahrung ist er ein kompetenter Ansprechpartner für technische, betriebswirtschaftliche und organisatorische Fragestellungen.