Kundenbindung durch IT-Systemdienstleistung

23.09.2022
5 Min.
Wie gelingt es einem KMU in einem Markt mit grösstem Verdrängungswettbewerb, Konzerne durch die Erbringung von IT-Systemdienstleistung an sich zu binden? Drei Szenarien zeigen die Beschaffungsprozesse von Gross- und/oder Konzernkunden. Der Fokus liegt dabei auf dem Zusammenspiel zwischen dem ERP des KMU und der Beschaffungsplattform des Gross-/Konzernkunden.
 
Die Kernthemen dieses Beitrags sind aus Beschaffungssicht die weitestgehende Eliminierung von Maverick Buying, die Lieferantenbündelung und dadurch die Senkung der Beschaffungsprozesskosten bzw. günstigere Einkaufspreise durch Mengenbündelung. Aus Verkaufssicht geht es um maximale Kundenbindung und die Verlagerung des Kundenfokus weg vom Einkaufspreis hin zur Senkung der Prozesskosten für den Kunden. Und ganz nebenbei senken sich die Prozesskosten auch für das KMU, je mehr Aufträge kanalneutral, elektronisch ins ERP fliessen.
 
 
 
 

Szenario 1: Beschaffungsmarktplatz Integration

Ein Industrieunternehmen stand vor der Herausforderung, alle Lieferanten in den SAP-Beschaffungsmarktplatz Ariba einzubinden, damit ein medienbruchfreier Prozess von der Katalogaufschaltung über den Bestellabschluss bis zur automatisierten Rechnungsstellung ermöglicht wird. 
 
Der Katalog/Shop des Industrieunternehmens ist mit Ariba über eine Punchout-Schnittstelle verbunden; der Datentransfer erfolgt in Echtzeit. Der Bedarfsträger löst die Bestellung im Shop aus, nimmt den Warenkorb zurück nach Ariba und sendet von dort die Bestellung ans ERP des KMU. 
 
Gleichzeitig wird die Bestellung in Ariba angelegt. Im ERP des KMU werden die Daten kontrolliert und validiert. Sind keine Differenzen festzustellen, läuft die Bestellung automatisiert weiter in den Rüstprozess des KMU und generiert eine Auftragsbestätigung in Ariba. Bei Differenzen in der Bestellübernahme wird der ERP-Anwender aufgefordert, die Daten manuell zu überprüfen. Ist die Ware zur Auslieferung bereit, versendet das ERP den Lieferschein und die Rechnung automatisiert an Ariba. 
 
Mit dieser Lösung kann das KMU die Prozessaufwände optimieren und Ressourcen einsparen. Der Bedarfsträger hat den Vorteil, dass sein gesamter Beschaffungsprozess über Ariba abgewickelt wird. Von der Artikelsuche über die Bestellung bis zur Verrechnung. In beiden Systemen sind der aktuelle Stand und die Historie des Auftrages jederzeit ersichtlich. Sowohl das ERP als auch Ariba benachrichtigen bei Differenzen die definierten Benutzergruppen. Die Anbindung zum Endkunden auf Ariba ist für das KMU nicht nur aus Prozesssicht unterstützend. Damit verbunden ist eine Kundenbindung entstanden, welche mit einer Vertragsverlängerung besiegelt werden konnte. Denn steht die Verbindung zu einer Plattform, laufen die Prozesse einwandfrei und ist der Bedarfsträger zufrieden, möchten alle Beteiligten an dieser Anbindung festhalten und unnötige Aufwände durch einen möglichem Systemwechsel vermeiden. Dadurch entsteht Kundenbindung durch IT-Systemdienstleistung.
 
 

Szenario 2: OCI-Aufrufe und Katalogübergaben

Ein mittleres KMU stand vor der Herausforderung, Prozesskosten zu eliminieren und Lieferanten zu bündeln, um damit verbunden attraktivere Einkaufskonditionen zu erhalten. Durch das im Einsatz befindliche ERP wurden sowohl OCI-Anbindungen realisiert als auch die Übergabe der Katalogdaten in die Kundenplattform organisiert. 
 
Ein Teil der OCI Anbindungen sind mit Konfiguratoren im Bereich Geschäftsausstattungen verknüpft (Visitenkarten, Stempel, Geschäftspapiere). Legt der User zum Beispiel Visitenkarten in den Warenkorb, öffnet sich der Konfigurator der entsprechenden Druckerei. Für den User sind nur die firmeneigenen Vorlagen (nach CI/CD) ersichtlich. Es besteht die Möglichkeit, die Visitenkarte zu gestalten und die Druckfreigabe über eine Vorgesetztenrolle abzusetzen. In diesem Fall nimmt das ERP des KMU die Bestellung entgegen, lässt diese auf einem «Wartestatus» stehen, bis die Freigabe eingetroffen ist. Dann wird die Bestellung zur Druckerei weitergeleitet. Die statischen Kataloge werden mit den vom Kunden definierten Stammdaten aus tosca (Artikelstammdaten, Einheiten, Preise usw.) durch einen automatisierten Batchlauf ins ERP des KMU geschrieben.
 
Der Kunde hat dabei die Möglichkeit, einen Warenkorb zu füllen und die Bestellung via EDI-Anbindung ins ERP zu übermitteln. Die Bestellung, welche als Auftrag eintrifft, wird einem Prüfprozess unterzogen. Mögliche Differenzen werden einer definierten Benutzergruppe als Mitteilung übermittelt. Diese beschreibt kurz die Ursache. Zeigt der Prüfprozess keine Differenzen auf, wird die Bestellung weiterverarbeitet und an den entsprechenden Lieferanten übermittelt, welcher hinter den Artikeln aus der Bestellung verknüpft ist. 
 
Die Lieferantenauftragsbestätigung wird im ERP entgegengenommen und leitet diese im vom KMU vorgegebenen Datenformat via EDI-Schnittstelle zurück ins ERP des KMU. 
 
Auch die Lieferantenrechnungen werden über dieselbe EDI-Schnittstelle ins ERP eingelesen. Für die korrekte Übermittlungen aller Datenfiles (Bestellung / Auftragsbestätigung / Rechnung) wird das KMU von einem Provider unterstützt.
 
Dank dem Einsatz von tosca und der Unterstützung des Providers ist das KMU entlastet, mit dem Wissen, dass die Beschaffungsprozesse einwandfrei laufen und der Support bei möglicherweise auftretenden Differenzen gewährleistet ist.
 
 

Szenario 3: Beschaffungsprozessoptimierung durch Kanban

Ein Kunde aus der Gesundheitsbranche stand vor der Herausforderung, sein Personal von administrativen Aufgaben zu entlasten. Auf der Suche nach einer Lösung entstand die Idee einer Schranklösung, auch bekannt als «Kanbansystem». Das ERP bietet die Lösung, via Scanner die Artikel für das Wiederauffüllen der Schränke zu beschaffen und die damit verbundenen Belege (beispielsweise Auftragsbestätigungen, Lieferscheine, Rechnungen) zu versenden. Jeder Artikel im Schrank bekommt eine Etikette, welche den EAN Code aufzeigt. Im ERP wird dafür eine Artikelliste inkl. der definierten Mindest- und Nachbestellmengen der Artikel angelegt. Aus dieser Artikelliste werden die Artikeletiketten gedruckt. Die User, welche für das Wiederauffüllen des Schrankes zuständig sind, scannen im definierten Rhythmus (oder nach Bedarf) die zu wiederbeschaffenden Artikel. Der Scanner zeigt die Vorschlagsmenge an, welche, je nach Gerät, bei Bedarf auf dem Scanner mutiert werden können. Der Scanner wird via USB an das Kunden ERP angeschlossen, die Bestellung generiert bzw. angepasst und an das KMU ERP übermittelt.
 
Das ERP erkennt dank dem Prüfprozess die beim Artikel eingestellten Mengenrichtigkeiten und kann mögliche Unstimmigkeiten einer definierten Benutzergruppe via Mitteilung zurückmelden. Aus der Bestellung lassen sich die Belege wie Auftragsbestätigung, Lieferschein oder Rechnung über einen Provider im vorgegebenen Datenformat direkt ins ERP des Kunden einlesen.
 
Ein sogenanntes Schrank- oder Kanbansystem kann auch über eine Plattform (z. B. SAP/Ariba) an das ERP-System des KMU angeschlossen werden. In diesem Fall sendet tosca die Belege zurück auf die Plattform und von dort ins ERP des Kunden. Das Personal kann sich heute noch besser um die Patienten kümmern und weiss, dass immer genügend Artikel im entsprechenden Schrank vorhanden sind, welche ohne viel Aufwand bezogen werden können
 
 

Fazit: tosca stärkt die Kundenbindung

Die drei vorgestellten Szenarien sind nur eine kleine Auswahl erfolgreicher Kundenprojekte mit dem ERP-System tosca. Als Fazit lässt sich davon ableiten: 
  • Kunden von tosca können dank der grossen Flexibilität des Systems den Bedürfnissen entsprechend individuelle Lösungen anbieten. Das führt nebst der Kundenzufriedenheit zu einer Kundenbindung, welche oftmals in eine über Jahre wachsende Partnerschaft hinauswächst.
  • Die tosca-Anwender können durch die automatisierten Prozesse die internen Prozesskosten senken und dank der Vereinfachung der Abläufe die Ressourcen anderweitig einsetzen. Dank vorgegebener Beschaffungsprozesse, welche in tosca definiert und gebaut sind, lässt sich Maverick Buying vermeiden. 
  • Die moderne Architektur und extreme Flexibilität von tosca bietet Beschaffungsunternehmen grosse Vorteile, da Beschaffungsprozesse durch die nahtlose Integration von tosca in die Anwendungssystemlandschaft des Unternehmens verschlankt werden können. 
 
 

Begriffserklärungen

 
Maverick-Buying
Mit Maverick-Buying wird die eigenmächtige Beschaffung von Materialien oder Dienstleistungen durch Abteilungen ohne Einbezug standardisierter Beschaffungsprozesse bzw. der Einkaufsabteilung bezeichnet. 
 
OCI Anbindungen
Die Abkürzung OCI steht für Open Catalog Interface als Schnittstelle für den Austausch von Produktdaten zwischen ERP-Systemen und E-Commerce-Plattformen.
 
Punch-out-Schnittstelle
Mittels Punch-out-Schnittstelle kann ein Beschaffungssystem auf den Webshop eines Lieferanten zugreifen und Warenkörbe ins Kundensystem übertragen.
 
Kanban-Methode
Mit der Kanban-Methode werden Produktions- und Beschaffungsprozesse gesteuert. Taktgeber ist der effektive Materialverbrauch, welcher den Nachschub regelt.
 
 

Das Autorenteam

Knut Mertens, Geschäftsführer dynasoft GmbH und verantwortlich für den Marketing- und Vertriebsbereich der dynasoft Gruppe. Seit mehr als 20 Jahren unterwegs im IT-Lösungsvertrieb. Begonnen mit dem Aufbau einer E-Commerce Plattform in einem Grosshandelsunternehmen und seit 12 Jahren mit Begeisterung dabei, tosca in der DACH Region zu etablieren. 
 

Regula Graf, Projektleiterin tosca, begeisterte tosca-Anwenderin und Power User mit einem Faible für totale Kundenfokussierung. Bei dynasoft unterwegs zum Thema Kundenschulung sowie Prozessaufnahmen und -evaluierungen. Informelle Schnittstelle zwischen den Kunden und der Programmentwicklung.
 
Dieser Beitrag wurde ermöglicht durch dynasoft AG mit Hauptsitz in Solothurn, dem Anbieter des modular aufgebauten ERP-Systems tosca.
 
 
 

Dieser Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 22-2

 

 

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