Selbst in den erfolgreichsten Teams können verdeckte Schwachstellen die Zusammenarbeit erschweren. Ein Collaboration Assessment macht sie sichtbar: Fünf Schlüsselbereiche zeigen, wie gut Teams zusammenarbeiten und welche Prozesse sie verbessern können.

Symbolbild zVg von Lucid Software
Zusammenarbeit gilt in Organisationen als zentrale Fähigkeit – und dennoch besteht fast überall Optimierungspotenzial. Besonders im hybriden Arbeiten zeigt sich das deutlich: Wenn virtuelle und physisch anwesende Personen nicht gleichermassen wahrgenommen und einbezogen werden, bleibt wertvolles Fachwissen ungehört und Einflussmöglichkeiten können unbeabsichtigt geschwächt werden. Das ist kein “Soft Issue”, sondern ein echter Business Blocker, der selbst in gut funktionierenden Teams entsteht, wenn Zusammenarbeit nicht bewusst gestaltet wird.
Hybride Arbeitsmodellen sind in Schweizer Unternehmen inzwischen fest etabliert. Laut der FlexWork Trendstudie der Fachhochschule FHNW überwiegen für die meisten die Vorteile des mobilen Arbeitens, bis zu drei von zehn Befragten bemängeln aber auch einen schlechteren Wissensaustausch, eingeschränkte Vernetzung und die erschwerte Integration neuer Teammitglieder.
Dabei liegt die Herausforderung selten an der Technologie, denn Kollaborationstools, etwa für Videokonferenzen und Team Messenger, sind längst Standard. Vielmehr geht es um die bewusste Gestaltung der Zusammenarbeit und der gemeinsamen Abstimmungsprozesse, die gerade im hybriden Kontext bestimmen, wie Teams miteinander arbeiten.
Um dem zu begegnen, braucht es ein klares Verständnis darüber, wie Teams heute zusammenarbeiten und wo die eigentlichen Blockaden liegen. Ein Collaboration Assessment schafft hier Abhilfe: Es führt Teams durch einen strukturierten Reflexionsprozess, der Stärken sichtbar macht, Lücken aufzeigt und die Grundlage für gezielte Verbesserungen schafft.
Zusammenarbeit systematisch bewerten, veranschaulichen und verbessern
Den meisten Unternehmen ist bewusst, dass gute Zusammenarbeit zu besseren Ergebnissen führt – doch was „gut“ konkret bedeutet, bleibt oft unbestimmt. Genau hier setzt ein Collaboration Assessment an: Es bietet einen strukturierten Rahmen, um die Zusammenarbeit systematisch zu reflektieren. Die visualisierten Ergebnisse machen sichtbar, wo die tatsächlichen Blockaden liegen und – vor allem – welche Bereiche priorisiert werden sollten.
Fünf Dimensionen erfolgreicher Zusammenarbeit
Im Mittelpunkt des Evaluierungsprozesses stehen fünf Schlüsselbereiche: Klarheit, Wirkung, Umfeld, Konflikte und Autonomie. Zusammen bilden sie einen Nordstern für Kollaboration: Alle fünf wirken gleichberechtigt zusammen und schaffen einen Orientierungsrahmen für wirksame und gute Zusammenarbeit.
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Klarheit (Clarity)
Erfolgreiche Zusammenarbeit benötigt ein klares Warum. Mitarbeitende sollten ihre Rollen, die damit verbundenen Erwartungen und den Unternehmenszweck möglichst genau kennen. Reibungsverluste entstehen häufig durch unklare Rollenverteilung. Auch eindeutige Kommunikationswege und leicht auffindbare Informationen fallen unter diese Kategorie. Es hilft, Informationen zu zentralisieren und Dokumentation an einem Ort für alle zugänglich zu machen (Single Source of Truth).
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Wirkung (Impact)
Hier verbindet sich das Warum mit der individuellen Ebene: Je sichtbarer die Wirkung der eigenen Aufgaben, desto motivierter und engagierter sind die Mitarbeitenden. Sie müssen erkennen können, wie bestimmte Tätigkeiten oder Meetings zu übergeordneten Zielen beitragen. Voraussetzung ist eine gemeinsame, von allen verstandene Definition von Erfolg – ergänzt um klare Kriterien und Messgrössen.
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Umfeld (Environment)
In einem angenehmen und effizienten Umfeld können Mitarbeitende Vertrauen zueinander aufbauen, voneinander lernen und Verbundenheit spüren. Es gilt, individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen, damit alle gleichberechtigt zusammenarbeiten können. Insbesondere in verteilten oder hybriden Teams braucht es Vereinbarungen zur asynchronen Zusammenarbeit und Kommunikation.
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Konflikte (Conflicts)
Zu guter Zusammenarbeit gehört offene Kommunikation – insbesondere bei unterschiedlichen Meinungen. Konstruktive Konflikte führen zu verbesserten Ergebnissen, weil sie ein sicheres Umfeld für Diskussion und Dissens ermöglichen, eine grosse Bandbreite an Ideen aufdecken und psychologische Sicherheit im Team fördern. Andernfalls schweigen Mitarbeitende aus Sorge vor negativen Konsequenzen, wertvolle Perspektiven bleiben ungehört und Fehler unentdeckt.
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Autonomie (Autonomy)
Autonomie befähigt Mitarbeitende, ihre individuellen Stärken zu nutzen. Je eigenständiger sie agieren können, desto engagierter sind sie bei alltäglichen Aufgaben oder unternehmensweiten Projekten. In Meetings erhalten oft die lautesten oder ranghöchsten Stimmen den meisten Raum, doch gleichberechtigte Teilhabe ist ein zentraler Aspekt von Autonomie. Visuelle Formen der Zusammenarbeit können es allen Beteiligten ermöglichen, Fragen, Ideen und Rückmeldungen einzubringen.
Kontinuierlicher Verbesserungsprozess fördert Entwicklung und Innovationskraft
Bevor Unternehmen mit der Analyse starten, sollten sie sich bewusst machen: Nur ein ausgewogenes Zusammenspiel aller Bereiche führt zu gesunder Zusammenarbeit. Deshalb sollten Teams unbedingt konkrete Massnahmen vereinbaren, um ins Handeln zu kommen. Besonders wirkungsvoll ist es, wenn Teams in einer Brainstorming-Session die nächsten Schritte identifizieren, solange die Informationen noch präsent sind.
Langfristig kann das Assessment helfen, Verbesserungen organisationsweit zu skalieren, etwa bei Initiativen zu Prozessoptimierung, Agilität oder digitaler Transformation. Ein Collaboration Assessment ist jedoch kein Tool zur schnellen Optimierung, sondern der Ausgangspunkt eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses mit mehreren Feedback-Schleifen. Im Kern geht es nicht um perfektes Zusammenarbeiten – sondern darum, kontinuierlich die besten Voraussetzungen für erfolgreiche Teams zu schaffen.
Strukturierter Fragenkatalog für Ihr Collaboration Assessment
Um diese Einschätzung strukturiert und nachvollziehbar zu gestalten, empfiehlt sich ein klar definierter Fragenkatalog. Das folgende Template unterstützt Sie dabei, ein Collaboration Assessment durchzuführen:
Fragen zur Bewertung von Klarheit:
- Was sind die Ziele und der Zweck des Teams?
- Wissen alle Teammitglieder, warum das Unternehmen in das Team investiert hat und welchen Beitrag es im Gegenzug leisten soll?
- Verstehen alle ihre Rollen und Verantwortlichkeiten in der Zusammenarbeit?
- Sind Ressourcen und Ergebnisse leicht zugänglich?
Fragen zur Bewertung von Wirkung:
- Verstehen Menschen unternehmensweite Ziele und Teamziele und können sie ihre individuellen Beiträge mit diesen grösseren Zielen verbinden?
- Wird die Wirkung von Meetings regelmässig evaluiert? Werden sie eingestellt, falls sie nicht mehr nützlich sind?
- Wie wird Erfolg gemessen? Sind alle mit den entsprechenden Kennzahlen vertraut?
- Gibt es klare Zuständigkeiten, wer für welche Ergebnisse verantwortlich zeichnet?
Fragen zur Bewertung des Umfelds:
- Arbeiten die Teammitglieder in einer Umgebung, die sie als angenehm und effektiv empfinden?
- Verfügen sie über geeignete Tools, um gute Zusammenarbeit zu ermöglichen und die Zeit vor, während und nach Kollaborationsphasen sinnvoll zu nutzen?
- Ist festgelegt, wann und wie häufig Teammitglieder in Echtzeit kommunizieren oder asynchron zusammenarbeiten?
Fragen zur Bewertung von Konflikt:
- Fühlen sich Menschen wohl dabei, wenn sie nicht mit anderen Teammitgliedern übereinstimmen? Wie wird das in der Zusammenarbeit gefördert?
- Achten Führungskräfte und erfahrene Teammitglieder verstärkt darauf, Meinungsverschiedenheiten nicht unabsichtlich zu unterdrücken?
- Können Teams schwierige und sensible Themen ansprechen, ohne sich gegenseitig persönlich zu verletzen oder sich angegriffen zu fühlen?
- Kommt das Team nach getroffenen Entscheidungen zusammen, um konkrete nächste Schritte festzulegen?
Fragen zur Bewertung von Autonomie:
- Fühlen sich Mitarbeitende bestärkt, bei Bedarf von der vorgegebenen Richtung abzuweichen und während einer Diskussion relevante Herausforderungen und Chancen zu erörtern?
- Ist die Struktur der Zusammenarbeit flexibel genug, um auf neue Möglichkeiten und Herausforderungen reagieren zu können?
- Erhalten Mitarbeitende die Gelegenheit, ihre individuellen Stärken gezielt einzusetzen?
- Haben alle die gleiche Möglichkeit, ihre Ideen einzubringen?
Der Autor

Bryan Stallings ist Chief Evangelist bei Lucid Software und spezialisiert sich auf die menschlichen Aspekte der Führung fortschrittlicher Teams und Unternehmen. Mit über 25 Jahren Erfahrung in Funktionen im Management Consulting, der Informationstechnologie, Finanzdienstleistungen und Produktion gestaltet er heute adaptive und menschenzentrierte Unternehmen, die komplexe technische und menschliche Herausforderungen meistern können. Durch die Zusammenarbeit mit anerkannten Meinungsführern teilt er Erkenntnisse in den Bereichen Agilität, Zusammenarbeit, Moderation, Teamarbeit und Arbeitskultur.