Zeitnot ist ein Dauerproblem. Wir haben zunehmend Mühe, Zeiträume zu schaffen, um das Notwendige zu erledigen. Als Sohn eines Turmuhrenbauers und Hersteller von Zeitwirtschaftssystemen habe ich mich bereits vor 20 Jahren daran gestört, dass wir zwar immer präzisere Uhren und bessere Software bauen, die Zeitprobleme aber nicht lösen.

Immer mehr Menschen beklagen, nicht mehr Herr oder Frau ihrer eigenen Zeit zu sein. Internet und Mobiltelefone scheinen unseren Lebensrhythmus zu diktieren. Ist es tatsächlich die dauernde Erreichbarkeit, die uns in Atem hält? Sind es die neuen Medien und Kommunikationsmittel, die uns in einen endlosen Dauerlauf drängen? Oder gibt es andere Ursachen für die allgemein beklagte Rastlosigkeit und Zeitarmut? Tatsache ist: Sich zu erholen, wird immer schwieriger. Viele Menschen begeben sich deshalb heute auf die Suche nach der verlorenen Zeit. Sicher haben auch Sie sich schon die eine oder andere Frage gestellt:

  • Was ist eigentlich Zeit?
  • Ist Zeit Geld? Und wenn ja, warum?
  • Worin besteht der Unterschied zwischen der Zeit und der Uhr?
  • Warum erscheint es uns so schwierig, der zunehmenden Zeitarmut wirkungsvoll zu begegnen?
  • Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Massenphänomen Burnout und der Zeit?
  • Können wir gemeinsam aus dem Hamsterrad aussteigen – und wenn ja wie?

Es gibt drei Arten von Zeit – unsere Zeitprobleme sind lösbar

Die gute Nachricht zuerst: Die tieferen Ursachen der zunehmenden Beschleunigung und Zeitarmut, die viele von uns beklagen, sind von uns Menschen selber gemacht. Die Treibermechanik für das Hamsterrad, in dem wir mitrennen, kann man eindeutig identifizieren. Diese entsteht aus der Art, wie wir unsere Wirtschaft organisieren. Weil alle Gesetze der Wirtschaft von uns Menschen erfunden und in unseren Staatsverfassungen, Handelsgesetzen, Zivilgesetzbüchern und im Obligationenrecht festgelegt sind, können wir das Hamsterrad gemeinsam stoppen – wenn wir dies wollen. Eine bisher von der Politik, der Wirtschaft und der Wissenschaft nicht beachtete Ursache für die Verstärkung der Zeitprobleme liegt darin, dass es drei Arten von Zeit gibt, die wir miteinander verwechseln:

  1. Die Zeit der Uhren – die Zeit der Planetenbewegungen
  2. Die Zeit des Lebens – die Lebensenergie von Menschen, Tieren und Pflanzen
  3. Die Zeit der Wirtschaft – «Zeit ist Geld»

Kennen wir den Unterschied zwischen der Zeit und der Uhr – und wissen wir, warum Zeit Geld ist – dann finden wir zurück zum Leben. So einfach ist es. Lesen Sie, staunen Sie und vor allem: Denken Sie selbst. Denn eine Gesellschaft, die keine Zeit hat, lebt nicht. Es ist also höchste Zeit für neue Erkenntnisse für einen besseren Umgang mit der Zeit.

Wir verwechseln die Zeit mit der Uhr

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit lohnt es sich, zunächst die erste Art von Zeit, die Zeit der Uhren zu erforschen. Was ist eigentlich die Uhrzeit und was genau zeigen uns die Zeiger auf den Zifferblättern der Armbanduhren, Stempeluhren und Kirchturmuhren? Die Antwort ist einfach: Die Uhren zeigen uns nichts anderes an, als den Sonnenstand. Ursprünglich entspricht die Uhrenzeit nichts anderem als der Bewegung der Planeten im Raum. Zunächst lässt sich beobachten, dass die Erde um die eigene Achse rotiert. Eine vollständige Umdrehung der Erde entspricht einem Kalendertag oder 24 Stunden. Der Mond kreist um die Erde. Daraus leiten wir den Monat als Zeiteinheit ab. Die Erde umrundet die Sonne von Januar bis Dezember oder von Frühjahr bis Winter. Diese Bewegung der Erde definiert für uns das Kalenderjahr. Sekunde, Minute, Stunde, Tag, Monat und Jahr stellen also ursprünglich nichts anderes dar als eine Art Metermass, mit dem die Bewegung der Planeten im Raum gemessen und verglichen wird. Mit Uhren und Kalendern bilden wir diese Planetenbewegung symbolisch ab. Die Zeit der Planetenbewegungen – die Uhrenzeit – verschmilzt also mit dem Kalender zu jener Masseinheit, mit der wir vermeintlich die Zeit messen. Was wir jedoch mit Uhren und Kalendern messen, ist die Bewegung der Planeten – also Bewegung im Raum – und nicht die Zeit. Über die Jahrhunderte wurde für uns die Anwendung von Uhren und Kalendern aber so selbstverständlich, dass wir heute gleichsam die Uhrenzeit mit der Zeit des Lebens verwechseln. Intuitiv sind wir uns indessen bewusst, dass die Masseinheit, mit der wir die Zeit messen, nicht die Zeit selbst ist. So wie das Metermass dazu dient, den Raum auszumessen, jedoch nicht der Raum selbst ist, müssen wir unterscheiden zwischen der Uhrenzeit und der Zeit des Lebens, die wir mit der Uhrenzeit zu erfassen und zu messen versuchen.

Was aber ist die Zeit des Lebens und was unterscheidet die Lebenszeit von der Zeit der Uhren? Mit dieser Frage beschäftigen wir uns demnächst. Fortsetzung folgt.

Gastautor Ivo Muri

Ivo_Muri_ZeitAG

Ivo Muri ist Gründer des Zeitwirtschaftssystem-Anbieters ZEIT AG und Zeitforscher in Sursee.
An der Zeitakademie, die seinem Unternehmen angegliedert ist, hält er Vorträge und berät Unternehmen,Verbände und Institutionen für einen lebensnahen Umgang mit der Zeit. Als Gastautor stellt Ivo Muri im topsoft Magazin einige Erkenntnisse aus seiner Zeitforschung vor.
Weitere Informationen:
www.zeitmensch.ch
www.zeitag.ch
ivo.muri@zeitag.ch