In der Schweiz mühen wir uns seit Jahren mit einem neuen Einzahlungsschein ab. Dieser bildet einen kleinen Teilbereich der ISO 20022 ab. Das ist nicht besonders innovativ und schon gar nicht ein disruptiver Sprung zu einer automatisierten Zahlungsabwicklung. Der Nutzen wird wohl eher bei der Abwicklung zwischen den Banken zu finden sein und fällt für KMU voraussichtlich recht bescheiden aus.
In der Zwischenzeit wird in Deutschland mit Bundeshilfe das ZUGFeRD eingespannt. Details dazu sind auf Wikipedia zu finden oder direkt im Forum für elektronische Rechnung Deutschland, FeRD. Denn daher stammt der eingängige Name, nicht etwa aus der Zoologie. Wobei Deutschland etwas kurz gegriffen ist, der Blick geht bereits in andere europäische Länder. ZUGFerD galoppiert parallel auf zwei Bahnen: Die Rechnungen sind für den Menschen lesbar (.pdf), ausdruckbar auf Papier aber auch in strukturierter Form als .xml von der Software erzeugbar und lesbar. Wie die Files ausgetauscht werden, ist sinnigerweise dabei nicht vorgeschrieben, das kann mit einem e-Mail geschehen, über ein Webportal heruntergeladen oder per Diskette von einer Brieftaube überbracht werden – alles ist denkbar.
ZUGFeRD oft schon verfügbar - mit bürokratischen Hürden
Wer eine moderne Business-Software aus Deutschland im Einsatz hat, wird bei irgend einem Update den neuen Menupunkt ZUGFeRD bemerkt haben. Zum Beispiel in abas ERP ab Version 2016r4 oder in myfactory schon eine Weile im Menu unter Einkauf. Aber auch in der Schweiz wird diese Funktion angeboten: Run my Accounts beginnt laut Mitteilung vom 12.10.16, diese Funktion bei seinen Kunden mit deutschen Standorten aufzuschalten. Abacus nutzt das Format bereits, wie in der entsprechenden Medienmitteilung vom Mai 2016 mitgeteilt wird, „mangels eines schweizerischen Standards“.
Also los und diese schöne neue Funktion nutzen, welche da einfach so kostenlos daherkommt! In vielen EU-Länder ist das so. Haben wir uns in der Schweiz aber dagegen noch eine Hürde eingebaut? Elektronisch ausgetauschte Rechnungen sind hierzulande nur legal, wenn sie digital signiert sind. Das beschert den entsprechenden Diensten zwar ein gewisses Einkommen, aber erschwert die Abläufe. Um diese Hürde zu schleifen, wurde im Parlament schon vor über einem Jahr eine Motion eingereicht. Die bundesrätliche Antwort verbietet zwar so etwas wie ZUGFeRD nicht direkt, aber die Beweisführung gegenüber der Steuerverwaltung, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, wäre wohl etwas schwierig. Gibt es dazu schon weitere (Gerichts-)Entscheide, Ausführungen oder dergleichen? Wer etwas weiss, möge sich doch bitte melden – danke, das wäre schön. Bis die Sachlage klar ist, bleibt aber die Kavallerie aus Deutschland noch an der digitalen Landesgrenze stehen.
Der nächste Schritt beim ZUGFeRD wird in Richtung der Bestellabwicklung gehen. Falls für jeden Einkauf eine Bestellung vorliegt, wird die Rechnungskontrolle sehr einfach oder sogar automatisierbar. Dieser Ablauf ist schon heute so möglich, aber mit einem wirklich breit verwendeten Standard noch einfacher.
Schauen wir mal, was die Zukunft so bringt!
Autor:
Dr. Marcel Siegenthaler (†) war Partner der schmid + siegenthaler consulting gmbh und unterstützte Unternehmen als Leiter von topsoft Consulting bei der Evaluation und Einführung von Business Software.