Die Personalisierung im Marketing und Vertrieb wird heute so laut proklamiert, dass man meinen könnte, dies wäre etwas komplett Neues und hätte in der Vergangenheit überhaupt nicht stattgefunden. Dabei ist der Grundgedanke der Personalisierung nun nicht wirklich neu.
Keine Frage, um im harten Wettbewerb zu bestehen, ist heute Personalisierung im Marketing & Vertrieb (ob nun B2C oder B2B) unabdingbar. Doch das gab es auch schon vor dem digitalen Zeitalter. Schwelgen wir einen Moment in Nostalgie und denken an den früheren, zu 100 % traditionellen, persönlich ausgeprägten ICT-Vertrieb, welcher beim Kunden morgens um 10.00 Uhr bei Kaffee und Gipfeli die Unternehmens-Broschüren und Offerten präsentiert und mit ihm persönliche Gespräche vor Ort geführt hat. Vielleicht sogar noch gefolgt von einem anschliessenden Lunch inklusive eines guten Weins.
Mit dem Einsatz von digitalen Technologien, Tools und Plattformen hat sich aber einiges verändert und im Vertriebsprozess resp. bei der Akquisition und Kommunikation können viele Schritte automatisiert werden (Webseite, Chatbots, E-Mailings etc.). Damit ist der persönliche Vertrieb resp. seine Rolle, wie wir ihn von früher kennen, in die Jahre gekommen. Oder sagen wir, zumindest teilweise.
Digitale Tools lösen den traditionellen Vertrieb mehr und mehr ab
Die Rolle des persönlichen Vertriebs hat sich mit der Digitalisierung in den letzten Jahren stark gewandelt. Für Marketing & Vertrieb wird es immer schwieriger, mit dem Kunden in klassischer Form und persönlich zu interagieren. Ein Verkaufsgespräch vor Ort zu vereinbaren, ist in dieser heutigen Zeit nicht gerade ein Ding der Unmöglichkeit, aber doch nicht mehr so einfach wie früher.
Bevor ein Unternehmen zum Sales Lead und Kunden wird, informieren sich Beschaffer z. B. vorab bevorzugt über soziale Kanäle, dem Internet und auf den entsprechenden Anbieter-Webseiten über das Leistungsportfolio möglicher Anbieter und treffen hier schon eine erste Vorab-Entscheidung. Nebst einer Vielzahl von Tools spielt deshalb gerade die Unternehmenswebseite eine zentrale Rolle. Umso wichtiger ist es, eine ansprechende, strukturierte und zielgruppengerichtete Webseite zu haben (z. B. nach Thema, Unternehmensgrösse, Entscheidungsträger), denn diese ist für viele (potenzielle) Kunden der Startpunkt zur Kontaktaufnahme mit einem Anbieter.
Beim Aufbau einer Unternehmens-Webseite sollte es also nur eine Perspektive geben: nämlich die des Kunden/Nutzers und seiner Bedürfnisse, so dass er sich angesprochen fühlt.
Der Vertrieb wandelt sich mit der Digitalisierung
Für die personalisierte, individuelle Ansprache im digitalen Kommunikationsprozess gibt es über alle Kanäle hinweg eine Vielzahl an verfügbaren technologischen Hilfsmitteln und Tools. Doch wo findet hier der persönliche Vertrieb des ICT-Dienstleisters noch seinen Platz? Wird er künftig tatsächlich überflüssig und zunehmend durch den Einsatz von Tools und Plattformen in der Kundenbetreuung (z. B. Chatbots, personalisierte und automatisierte Infokanäle) ersetzt werden?
Wir haben genau diese These kürzlich 44 ICT-Verantwortlichen im Rahmen unseres Business Reports «Service Excellence – Erfolgsfaktoren für ICT-Dienstleister» unterbreitet. Nur gerade 3 % stimmen voll und ganz zu, 12 % stimmen zu und die Mehrheit der Befragten stehen dieser These sehr skeptisch gegenüber (41 % haben gar nicht zugestimmt, 44 % stimmen nur bedingt zu). Ob das nun Verdrängung der digitalen Zukunft oder eine gewisse digitale Müdigkeit ist, die dem Wunsch zurück nach mehr persönlichem Kontakt Ausdruck verleiht, kann hier nur spekuliert werden.
Mit der «Generation Z» (geboren ab 1995) jedenfalls ist eine technologieaffine Generation herangewachsen, welche sich hauptsächlich digital im Business bewegt. Mit diesen veränderten digitalen Gegebenheiten muss neu definiert werden, wo im ganzen Prozess der Vertrieb noch eingreifen soll und wo er mit seinem Wissen einen Mehrwert bieten kann. Auch künftig wird es noch traditionelle, persönliche Gespräche in der Kundenbetreuung geben, aber nicht mehr «verkaufen» steht im Fokus, sondern dem Kunden begleitend und beratend im Entscheidungsprozess zur Seite stehen. Der Vertrieb wird also nicht überflüssig, aber er muss seine neue Rolle finden und definieren.
Die Autorin
Der Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 22-3
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