Dass der eigene Online-Auftritt in den letzten Jahren nicht mehr einfach nur «nice to have», sondern zu einem unverzichtbaren Vertriebsweg geworden ist, ist unbestritten. So wundert es auch nicht, dass mittlerweile der grösste Teil der Hersteller oder Händler eine entsprechende Onlinepräsenz hat und in der Regel auch einen eigenen Webshop betreibt.
«Schlussendlich nutzt der Kunde den Kanal, der für ihn am besten passt. Das ist wahre Kundenzentrierung.»
Das Einkaufsverhalten der Kundinnen und Kunden, ganz gleich, ob B2C oder B2B, hat sich in den vergangenen 10 Jahren drastisch verändert. Die Erwartungshaltung und Ansprüche der Konsumentinnen und Konsumenten an die Händler im Netz sind hoch und die Vergleichbarkeit zwischen ihnen ist transparent. Wer sich hier nicht mit einem USP abheben kann, für den wird es zunehmend härter.
Der erste Schritt lautet Customer Centricity
Natürlich sind Sortiment, Preis und Verfügbarkeiten nach wie vor wichtige Aspekte und werden es auch bleiben. Kundinnen und Kunden erwarten heutzutage allerdings mehr als nur den besten Preis und die schnellste Lieferung. Produkte und Dienstleistungen müssen vor allem auffindbar und mit wertvollen Daten und Informationen ergänzt sein. Verlässliche, strukturierte und ausführliche Daten stellen bekanntlich den Rohstoff des 21. Jahrhunderts dar, der für viele Bereiche von grundlegender Bedeutung ist. Professionelle Onlinehändler sind sich dessen bewusst und profitieren dadurch von einem besseren SEO-Ranking und einer höheren Conversion Rate.
Ein wichtiger Punkt im Bereich der Kundenzentrierung, dem Kunden informativen und ansprechenden Content zur Verfügung zu stellen, wird damit abgedeckt. Im nächsten Schritt werden massgeschneiderte Angebote integriert und über personalisierte Marketing-Kampagnen wird die Kundenorientierung weiter vorangetrieben. Durch eine 360°-Betrachtung werden sämtliche Aspekte berücksichtigt, die den Kunden betreffen. Es ist jedoch wichtig, nicht zu vergessen, dass die Welt jenseits des hauseigenen Onlineshops deutlich umfangreicher ist.
Die Welt ist grösser als der eigene Onlineshop
Customer Centricity bedeutet weitaus mehr als seine Kundinnen und Kunden im eigenen Ökosystem ins Zentrum zu stellen. Den eigenen Auftritt zu perfektionieren ist erstrebenswert, was aber, wenn die Kundschaft die benötigten Produkte und Dienstleistungen über andere Kanäle beschaffen will oder, im Fall von B2B, beschaffen muss?
Auch in der Schweiz haben sich mittlerweile die grossen Marktplätze, wie Digitec Galaxus, Amazon etc. derart etabliert, dass sie bei den Endkunden oftmals Anlaufstelle Nummer 1 sind. Häufig wird auf die Produktrecherche verzichtet und stattdessen automatisch der bevorzugte Marktplatz aufgesucht, um dort gezielt nach dem gewünschten Produkt zu suchen. Aus diesem Grund setzen immer mehr Unternehmen, egal ob B2B oder B2C, auf Marktplätze als zusätzlichen Vertriebsweg.
Eine virtuelle Plattform, die Transaktionen zwischen Käufern und Verkäufern ermöglicht, wird als Online-Marktplatz bezeichnet. Im Gegensatz zum eigenen Onlineshop konkurrieren auf einem Online-Marktplatz mehrere Verkäufer, die ihre Produkte anbieten. Dies gibt Käufern Zugang zu einem breiten Sortiment verschiedener Hersteller.
Die Betreiber der Plattformen können entweder generalistisch oder auf einen spezifischen Bereich oder eine Branche spezialisiert sein. Für die Auswahl des passenden Marktplatzes spielen Zielgruppe, Sortiment, Preise und Gebühren eine entscheidende Rolle.
Im B2B-Umfeld sind grosse Handelsplattformen wie Ariba, Coupa, mercato etc. schon seit Jahren fester Bestandteil vieler Einkaufsprozesse. Für Unternehmen sind solche Plattformen teilweise sogar die einzig zulässigen Beschaffungsmöglichkeit.
Daneben gibt es auch die vertikalen, branchenspezifischen Beschaffungsplattformen, die sich auf eine bestimmte Industrie spezialisieren und als digitale Schnittstelle zwischen Käufern und Lieferanten dienen, über welche Produktdaten normiert ausgetauscht werden.
Sind Markplätze und Beschaffungsplattformen der ultimative Erfolgsgarant?
Die Bewirtschaftung von Online-Marktplätzen, Beschaffungsplattformen, Social Commerce etc. bietet Unternehmen sowohl Vor- als auch Nachteile. Durch die Teilnahme erhalten Unternehmen Zugang zu einer grösseren Kundengruppe und können neue Zielgruppen erschliessen.
Die Sichtbarkeit der eigenen Produkte wird verbessert, was im besten Fall zu einer Umsatzsteigerung führt. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass durch die Verwendung bereits bestehender Datenstrukturen des eigenen Webshops Synergieeffekte genutzt werden können.
Händler und Hersteller, welche solche Plattformen nebst dem eigenen Onlineshop nicht ebenfalls mit bewirtschaften, bleiben hier aussen vor und nehmen Umsatzabstriche in Kauf.
Natürlich haben Marktplätze und B2B-Beschaffungsplattformen auch Nachteile und müssen sorgfältig in das ganzheitliche Vertriebskonzept eingearbeitet werden. Sich ihnen aber gänzlich zu verschliessen, nach dem Motto «brauchen wir nicht», kann gefährlich sein.
Ein möglicher Nachteil besteht z.B. darin, dass Hersteller üblicherweise mit niedrigeren Gewinnmargen rechnen müssen und es schwierig finden, eine starke Kundenbindung aufzubauen, wie es bei herkömmlichen Vertriebskanälen der Fall wäre.
Durch den Onlineshop kann die eigene Marke zielgerichteter positioniert werden und Produktpräsentationen und Marketing-Strategien können individuell auf die spezifischen Zielgruppen abgestimmt werden, was bestenfalls zu höheren Verkaufszahlen und zu einer engeren Kundenbindung führt.
Abschliessend lässt sich sagen, dass der eigene Onlineshop sowie die Präsenz auf einem Marktplatz gleichermassen wichtig sind und gemeinsam genutzt werden sollten, um ein ausgewogenes Vertriebsportfolio zu schaffen.
Unabhängig davon, ob es sich um den eigenen Onlineshop, einen B2B-Marktplatz oder um weitere zu bespielende Kanäle handelt, ist ein zentrales System erforderlich, welches alle relevanten Produktdaten wie Preise, Beschreibungen, Bilder und Verfügbarkeiten beinhaltet.
Obwohl E-Commerce-Plattformen allgegenwärtig sind, gibt es immer noch erhebliche Qualitäts-Unterschiede. Um den Online-Verkaufskanal erfolgreich zu nutzen, ist eine professionelle Herangehensweise erforderlich.
Der Autor
Roger Meier ist CEO der Polynorm Software AG und verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen E-Business und Point of Sale.
Dieser Beitrag wurde ermöglicht durch die Polynorm Software AG mit Sitz in Glattbrugg. Der Anbieter betreut seit 1984 Schweizer KMU in den Bereichen ERP, E-Business, POS-Kassensysteme, Business Intelligence, Dokumenten-Management, Daten-Management, Apps & mobile Datenerfassung sowie in der System-Integration. www.polynorm.ch
Der Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 23-2
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