Vom digitalen Sammelfieber zum echten Wettbewerbsvorteil

Daten, Daten und nochmals Daten. Die Menge an gesammelten Daten innerhalb von Unternehmen hat neue Dimensionen erreicht. Gigabyte – Terabyte – Petabyte: Ob finanzielle Kennzahlen, Lagerumschlag, Informationen aus der Dokumentenverwaltung, dem E-Mail-Verkehr oder dem Customer Relationship Management (CRM) – das digitale Sammelfieber grassiert unablässig. Eines geht dabei allzu oft vergessen: Daten sammeln ist das Eine, Erkenntnisse daraus gewinnen das Andere.

Akkurate, aktuelle Umsatz-, Margen- oder Cashflow-Auswertungen bilden das Fundament für eine sichere, erfolgreiche Unternehmenssteuerung. In der Realität bekunden viele Unternehmen bereits in dieser Basisdisziplin einiges an Mühe. Kennzahlen müssen mühsam aus verschiedenen Datensilos zusammengetragen und manuell aufbereitet werden. Träge Schnittstellen verhindern tagesaktuelle Auswertungen. Ein «single point of truth» (SPOT) wird in redundanten Systemen vergeblich gesucht. Echte Business Intelligence bedingt deshalb zuallererst eines stringenten Datenhaltungs- und Auswertungskonzeptes und der darauf abgestimmten technologischen Basis. Ansonsten mutiert die vermeintliche Datenautobahn schnell zum Datenfriedhof.

Potenzialanalyse statt Ursachenforschung

Traditionell stützt sich die Unternehmensführung auf wenige meist finanzielle Kennzahlen, die in der Regel direkt aus dem Enterprise Ressource Planning (ERP) System gewonnen werden können. Weicht eine dieser Kennzahlen vom Sollwert ab, startet die punktuelle Ursachenforschung und es werden punktuelle Optimierungs- und Korrekturmassnahmen eingeleitet. Im herrschenden Wettbewerb greift diese traditionelle, vergangenheitsorientierte Taktik zu wenig weit. Vielmehr ist es im dynamischen Marktumfeld von heute unabdingbar, sowohl Chancen als auch Risiken und den daraus abgeleiteten Handlungs- und Entscheidungsbedarf frühzeitig zu erkennen. Agieren statt Reagieren ist die Devise.

Moderne ERP-Systeme bieten meist ein umfassendes transaktionales Reporting, mit dem Unmengen an Daten detailliert in fix vordefinierten Listen und Berichten ausgegeben werden können. Wenn es nun aber darum geht, Informationen schnell, flexibel und zuverlässig auf einen Blick darzustellen und diese miteinander in Verbindung zu bringen, stösst das klassische ERP-Reporting schnell an seine Grenzen. Business Intelligence (BI) fokussiert sich deshalb auf das analytische Reporting, bei dem eine freie Kombination von verschiedenen Datenebenen und ein schneller Wechsel zwischen verschiedenen Dimensionen (Datum, Artikel, Lager etc.) über unterschiedliche Aggregationsebenen (Drill-Down) möglich ist.

Wie aus Daten Wissen wird

Als primäre Datenquelle dienen dabei auch im analytischen Reporting meist klassische Finanz-, Lager- und Auftragsabwicklungsdaten aus der ERP-Lösung. Angereichert werden diese Daten durch kunden- und segmentierungsspezifische Informationen aus dem Customer Relationship Management (CRM) des Unternehmens. So kann für eine Analyse beispielsweise auch relevant sein, ob sich der Umsatz in einer spezifischen Kundengruppe anders entwickelt – beispielsweise von Kunden einer bestimmten Unternehmensgrösse oder jenen, welche in den letzten Monaten den Support kontaktiert oder einen Garantiefall angemeldet haben. Ergänzt werden diese Daten zudem immer mehr auch mit unstrukturierten Daten von Social Media-Plattformen, Wetterstationen oder dem Internet of Things (IoT). Dieses Vorgehen erlaubt es Unternehmen, ihre Kunden und deren Kaufverhalten besser zu verstehen und nachhaltig für den eigenen Geschäftserfolg positiv zu beeinflussen.

Als Beispiel sei eine einfache Umschlagszahl eines Lagers erwähnt. Der Lagerumschlag als eine Zahl ist nicht sehr aussagekräftig. Wird diese jedoch mit unterschiedlichen Dimensionen wie Umsatz, Warengruppenzugehörigkeit, Artikelmerkmalen, Margen ergänzt und strukturiert, so wird sie mit Leben gefüllt und nachhaltig aussagekräftiger. Werden Veränderungen dieser Werte darüber hinaus auf der Zeitachse an Saisonalitäten oder – wo geschäftlich relevant – an Wetterinformationen oder andere externe Faktoren geknüpft, entstehen echte Prognosen und Handlungsempfehlungen für zukünftige Geschäftsentscheidungen und Innovationen.

Das Resultat sehen wir nicht zuletzt bei jedem Einkauf beim Grossverteiler: Stehen die Zeichen auf Sonne, wird die Grilltheke sicher üppiger ausfallen. Droht im Frühling ein kurzes Winter-Comeback, so sind mit Sicherheit Fondue und Raclette in Aktion. Was uns beim Grossverteiler logisch und sinnvoll erscheint, wird in vielen anderen Branchen allzu oft vernachlässigt.

Business Intelligence muss nicht teuer sein

Innerhalb einer Business Intelligence Lösung werden alle relevanten Daten aus verschiedensten Geschäftssystemen zusammengefasst, aufbereitet und in einer für den End-User einfachen und besser verständlichen Art präsentiert. Die vereinfachte Datenstruktur ermöglicht eine schnelle 360-Grad-Sicht auf die relevanten Daten. Soweit die Theorie.

Doch nicht jedes BI-Tool ist für jedes Unternehmen geeignet. Und nicht immer muss für aussagekräftige Analysen auf teure Business Intelligence Anwendungen zurückgegriffen werden. Die Evaluation des richtigen BI-Tools ist deshalb von zentraler Bedeutung. Firmen verdienen keinen Franken mit der Software, sondern nur mit den Ergebnissen, die sie liefert. Betriebe, müssen also vorab genau festlegen, wofür sie BI einsetzen und aus welchen Daten sie Informationen für welche Fragestellungen und Anwendungsfälle ziehen wollen.

Wie eingangs erwähnt, ist deshalb ein fundiertes Datenhaltungs- und Auswertungskonzept zentraler Ausgangspunkt für jede BI-Initiative. Moderne CRM-Lösungen bieten heute bereits umfassende und äusserst flexible Auswertungs- und Analysewerkzeuge, die richtig konzipiert und angewandt, viele Bedürfnisse von kleinen und mittleren Unternehmen erfüllen können. Auch ein gut strukturiertes und betreutes Set an Excel-Pivot-Tabellen kann gute Dienste leisten, so dann die Datenbasis zuverlässig zur Verfügung steht. Oftmals hilft der Einstieg «im Kleinen» zunächst die effektiven Anforderungen zu validieren und einer unnötigen Bedürfnisinflation entgegenzuwirken. Erst wenn der Nutzen von Business Intelligence für das eigene Unternehmen definiert und in den Abteilungen verstanden wird, sollte der Ausbauschritt auf eine professionelle Business Intelligence Anwendung angegangen werden.

Dabei punkten professionelle Business Intelligence Tools insbesondere durch ihre flexiblen Möglichkeiten mit denen verschiedenste Einzeldaten miteinander verknüpft, nach verschiedenen Ansichten dargestellt und verdichtet, komplizierte Berechnungen «ad-hoc» erstellt und Zusammenhänge und Korrelationen erkannt werden können. Die Flexibilität ermöglicht es denn auch, die individuellen Auswertungs- und Darstellungsbedürfnisse verschiedener Benutzer resp. Benutzergruppen zu erfüllen.

Die Darstellung der Daten kann dabei in unterschiedlichen Varianten erfolgen: Dashboards bieten mit der optimalen Visualisierung eine schnelle Übersicht. Dynamische Listendarstellungen erlauben eine schnelle Navigation zu den gesuchten Informationen. Und Power Pivot Auswertungen in Microsoft Excel erlauben es den Benutzern, ihre Daten für weitere Analysen schliesslich auch wieder in einer gewohnten Arbeitsumgebung zu bearbeiten.

Die Balance zwischen Zentralisierung und Individualität finden

Einen Balanceakt bei jeder Einführung von Business Intelligence Ansätzen stellt die Abstimmung der Anforderungen von Management, Fachabteilungen und Mitarbeitenden dar. Viele BI-Projekte scheitern, weil die implementierten Lösungen nicht zum Unternehmen und dessen Anforderungen passen oder weil die Anwender die Tools und deren Nutzen nicht genügend verstehen, um sie richtig einzusetzen. Auch sehen die Fachabteilungen der Einführung von BI-Werkzeugen nicht immer nur positiv entgegen. Zum Teil verkennen sie die elementare Bedeutung eines einheitlichen Berichtswesens, zum anderen Teil fürchten sie um ihre Eigenständigkeit, drängen auf individuelle Reportings oder wollen die eigenen Kennzahlen nicht unternehmensweit preisgeben. Die Einbindung von Führungskräften und Mitarbeitenden in den Konzeptions- und Entscheidungsprozess ist daher zentral. Und wie bei allen Software-Projekten kommt auch hier der Mitarbeiterkommunikation und -schulung eine projektkritische Relevanz zu. Nur so kann die Akzeptanz der Lösung, deren effektiven Nutzen im Arbeitsalltag und damit der Projekterfolg sichergestellt werden. Gelingt dieser Prozess, helfen BI-Lösungen die vorhandene Diskrepanz zwischen den Anforderungen der Software nach Homogenität und Zentralisierung und den Bedürfnissen der Anwender nach Flexibilität und Individualität auszugleichen und besser auszubalancieren.

Meine Tipps für ein erfolgreiches BI-Projekt

Tipp # 1

Nutzen Sie das BI-Projekt für ihre kontinuierliche Datenpflege!

Ein sehr attraktiver Zusatznutzen bei der Einführung eines BI-Tools ist die massive Steigerung der Datenqualität. Durch das Aggregieren der Daten werden fehlende und inkonsistente Daten im ERP und den integrierten Umsystemen unmittelbar sichtbar und können laufend bereinigt respektive auf einem qualitativ hohen Niveau gehalten werden.

 

Tipp # 2

Vermeiden Sie eine Bedürfnisinflation!

Erfahrungen haben gezeigt, dass ein BI-Projekt nie komplett abgeschlossen ist: Haben die Mitarbeitenden erstmals die Mächtigkeit der flexiblen Datenanalyse entdeckt, tauchen immer wieder neue Anforderungen auf. Nicht jedes Problem lässt sich sofort lösen, ansonsten entwickelt sich das BI-Projekt schnell zum Fass ohne Boden. Vielmehr empfiehlt sich deshalb die Entwicklung eines Fahrplanes und eine schrittweise Umsetzung der Business Intelligence Anforderungen.

 

 

Autorin:

 

Tanja Regli ist Mitinhaberin der passion4IT GmbH, einem Beratungsunternehmen für Digitale Strategien und Projekte. passion4IT begleitet Schweizer KMU in der erfolgreichen Umsetzung ihrer digitalen Vorhaben. Tanja Regli verfügt über langjährige Erfahrung im Schweizer IT-Markt und hat sich in verschiedenen Projekten erfolgreich als Digitalexpertin etabliert.

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