Urs Prantl: "Erfolgreiche KMU kombinieren Technologie, Kultur und Verantwortung"

13.11.2025
4 Min.

Decken sich die Bedürfnisse Schweizer KMU in Sachen IT mit den Plänen der IT-Anbieter für das Jahr 2026? Und was meinen ausgewiesene Fachpersonen zu den Trends? Der topsoft Trendkompass 2026 geht diesen Fragen auf den Grund. Hier lesen Sie die Antworten von IT-Unternehmensberater Urs Prantl.

 

 

Urs Prantl kreiert mit seinem Unternehmen KMU Mentor GmbH zukunftssichere und gesund wachsende IT-Unternehmen und begleitet ihre Unternehmerinnen und Unternehmer bei der Unternehmensnachfolge und beim Firmenverkauf. Gleichzeitig ist er Host des Podcasts Prantls 5A, in welchem er die Einzigartigkeit erfolgreicher IT-Unternehmen direkt mit ihren Inhaberinnen und Inhabern diskutiert.

 

Welche IT-Entwicklungen prägen 2026 den Erfolg von KMU?

Fünf IT-Trends prägen 2026 den Erfolg von KMU: KI-Integration in die Wertschöpfung, datenbasierte Führungssysteme, Aufbau von digitalen Ökosystemen und Plattformstrategien, agile Strategie- und Innovationsprozesse statt starrer Jahresplanung und digitale Nachhaltigkeit als Vertrauens- und Differenzierungsfaktor. Erfolgreiche KMU kombinieren Technologie, Kultur und Verantwortung strategisch.

 

Welche IT-Themen und Innovationen stehen 2026 bei Ihnen im Fokus?

Zunehmend die überlebenswichtige Frage, welche strategischen Auswirkungen alle Formen von KI auf das Business und die Geschäftsmodelle von KMU haben (könnten). Und damit verbunden die “Kunst”, der extrem hohen Transformationsgeschwindigkeit mit Hilfe agiler Methoden Herr zu werden.

 

Welche KI-Fragen bewegen Ihre Kunden im Jahr 2026?

Meine Kunden sind Schweizer IT/Software-KMU. Für sie stehen 2026 zwei zentrale KI-Fragen im Fokus. Erstens - wie können wir KI nutzenstiftend in unsere Lösungen und Produkte einbauen? Und zweitens - welche Folgen hat die KI-Revolution auf unser eigenes Business und unser Geschäftsmodell, Stichwort KI-Agents statt menschliche User?

 

Digitalisierung, Transformation, Automatisierung: Was hat sich seit 2025 verändert – und wo stehen KMU heute?

Die digitale Realität der Schweizer KMU hat sich weiter verdichtet. Digitalisierung ist kein Projekt mehr, sondern Teil der täglichen Unternehmensführung. Viele haben Prozesse automatisiert, Cloudlösungen eingeführt und erste KI-Anwendungen integriert. Transformation bedeutet jedoch weniger Technologieeinführung als vielmehr kulturellen Wandel: agile Teams, datenbasierte Entscheidungen und vernetzte Zusammenarbeit prägen die neue Normalität.

Gleichzeitig bleibt der Fortschritt ungleich verteilt – während Vorreiter KI und Datenplattformen strategisch nutzen, kämpfen andere mit veralteten Systemen. Automatisierung hat vor allem im Backoffice und in der Produktion Effizienzgewinne gebracht, doch der Mangel an digitaler Führungskompetenz bremst das Potenzial. Die Schweiz ist  damit in einer Übergangsphase: Die digitale Infrastruktur steht, doch der entscheidende Erfolgsfaktor ist die Fähigkeit, Technologie mit strategischem Denken, Innovationskultur und Kundenorientierung zu verbinden.

 

Was sollten KMU 2026 nicht tun, wenn sie digital erfolgreich sein wollen?

Schweizer KMU sollten nicht (mehr) glauben, dass Digitalisierung primär ein IT-Projekt ist. Wer Technologie ohne klare Strategie oder kulturellen Wandel einführt, digitalisiert bloss die Vergangenheit. Ebenso fatal ist es, Daten ungenutzt zu lassen oder KI-Systeme ohne Verständnis und ethische Leitplanken einzusetzen. Unternehmen, die weiter in Silos denken, Entscheidungen hierarchisch blockieren und Mitarbeitende nicht einbeziehen, verlieren Tempo und Innovationskraft.

Auch blinder Aktionismus – etwa durch Investitionen in Tools ohne messbaren Nutzen – führt ins Leere. Erfolgreiche Digitalisierung verlangt Fokus auf Wertschöpfung, Kundennutzen und strategische Resilienz statt auf kurzfristige Effizienz. KMU sollten also nicht kopieren, was Konzerne tun, sondern ihre eigenen digitalen Stärken konsequent ausbauen und Technologie als strategisches Führungsinstrument begreifen – nicht als Selbstzweck.

 

Welcher einzelne Trend oder welche Entwicklung wird 2026 Ihrer Meinung nach am meisten überschätzt – und welcher wird unterschätzt?

Überschätzt wird eindeutig der Glaube, generative KI könne quasi automatisch Innovation, Effizienz und Wachstum erzeugen. Viele KMU unterschätzen den Aufwand, der nötig ist, um Datenqualität, Prozessintegration und verantwortungsvolle Nutzung sicherzustellen. Der Hype überdeckt oft, dass KI ohne strategischen Rahmen und menschliche Urteilskraft im besten Fall wirkungslos bleibt, im schlechtesten Fall sogar die Existenz bedroht.

Unterschätzt wird hingegen die digitale Mündigkeit der Mitarbeitenden – also die Fähigkeit, Technologie kritisch, kreativ und verantwortungsvoll einzusetzen. Nicht Algorithmen, sondern Menschen verstehen die Daten uns ziehen daraus die richtigen Schlüsse., Tools sinnvoll nutzen und KI-Ergebnisse hinterfragen, werden den entscheidenden Wettbewerbsvorteil schaffen. Die Zukunft gehört KMU, die in Lernkultur und digitale Entscheidungsfähigkeit investieren – nicht bloss in Software.

 

Carte Blanche

Für Schweizer IT-KMU heisst das richtige strategische Verhalten 2026: stabilisieren und erneuern zugleich. Erfolgreiche Firmen sichern ihr Kerngeschäft durch Prozessdigitalisierung, Automatisierung und datenbasierte Steuerung – und investieren gleichzeitig in neue, KI-getriebene Wertangebote und die Innovation ihrer Geschäftsmodelle. Entscheidend ist eine “beidhändige” Haltung: Effizienz und Innovation werden als duale Strategie gleichermassen vorangebracht. Der Fokus liegt dabei auf Lernkultur, schnellen Experimenten und klarer Priorisierung der KI-Felder mit Kundennutzen. Kooperationen ersetzen Alleingänge. Führung wird zur Orchestrierung von Wissen, Daten und Verantwortung. Wer Technologie nicht als IT-Projekt, sondern als strategisches Führungsinstrument versteht, bewältigt Transformation nachhaltig und kreiert Wettbewerbsvorteile.