Das ERP ist das Herzstück der Unternehmens-IT und versorgt die Umsysteme mit allen relevanten Informationen. Doch vielerorts wird das Potenzial des ERP-Systems bei weitem nicht ausgeschöpft, es wird – etwas plakativ gesagt – als bessere Schreibmaschine benutzt. Wie sieht das bei den Nutzerinnen und Nutzern der Plattform topsoft.ch mit ihrem ERP aus? Was läuft gut, was könnte besser sein? Wir haben eine kleine Umfrage gestartet und spannende Antworten erhalten.
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Eigentlich ist es seltsam: Da verfügt ein Unternehmen mit dem ERP-System über ein mächtiges (und kostspieliges) IT-Instrument und nutzt das Potenzial nicht vollständig. Ist das möglich? Ja, definitiv. Aus unserer Erfahrung in zahlreichen Beratungs-Projekten wissen wir, dass es in sehr vielen KMU der Schweiz genauso aussieht: Das teure ERP dient oft bloss als bessere Schreibmaschine.
Deshalb wollten wir es etwas genauer wissen und haben eine kleine Umfrage gestartet. Klein im wahrsten Sinne des Wortes, sie bestand nur aus acht Fragen und teilgenommen haben auch gerade mal 86 Personen.
Doch die Resultate sind interessant, denn wir haben diese absolut nicht repräsentative Umfrage ausgewertet:
Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer aktuellen ERP-Lösung?
Hier zeigen sich knapp 28% extrem zufrieden, 53,5% sind noch immer zufrieden oder gar sehr zufrieden. Nur gerade 18,5 % der Antwortenden sind nicht happy mit ihrer ERP-Lösung. Dies sind gute Noten für die Anbieter, aber auch für das ERP-Wissen der Befragten.
Wie ist der Betrieb Ihrer ERP-Software organisiert?
Die Frage war, ob die User die Leistungen des ERP aus der Cloud beziehen oder ob im Keller noch Server summen. Tatsächlich geben 53,4% an, über eine Cloud-Lösung zu verfügen, on-premise laufen nur 32,5%, eine hybride Lösung haben knapp 7% gewählt. Aus Sicht der topsoft Consultants ist das definitiv kein repräsentatives Resultat, die On-Premise-Installationen stellen nach wie vor die Mehrheit
Unterstützt die aktuelle ERP- Software aus Ihrer Sicht alle wichtigen Geschäftsprozesse?
Hier sind wir sehr erstaunt über die Resultate, klingt es doch im Beratungsalltag ganz anders. Denn auf die Frage geben in der Umfrage 37,2% an, das ERP-System unterstütze 100% der Prozesse, 44,2% der Antworten geben «nicht ganz, aber 75%» als Antwort an. Knapp 14 % geben die Antwort «ungefähr 50% der Prozesse» und bei fast 4,5% unterstützt das ERP weniger als 50% der Prozesse im Unternehmen.
Haben Sie im Homeoffice oder von unterwegs Zugriff auf Ihre ERP-Anwendungen?
Eine spannende Frage, auf die erfreulicherweise 86% mit «Absolut, 100%» geantwortet haben. Etwas mehr als 9% haben nur Zugriff auf die wichtigsten Module und bei vier der befragten (4,65%) ist eine Arbeit ausserhalb des Büros gar nicht möglich. Da hat die Pandemie den Prozess klar beschleunigt, vor drei Jahren hätte die Antwort noch ganz anders ausgesehen.
Gibt es zum ERP ein Benutzerhandbuch oder Wiki?
Bei der Umfrage gaben 16,3% an, dass das Handbuch super verständlich und hilfreich sei, und 37,2% finden es noch immer ganz okay. 26% der Befragten haben zwar ein Handbuch, finden es aber nicht hilfreich und knapp 21% haben kein Handbuch oder Wiki zur Verfügung.
Die Kunst des Benutzerhandbuches liegt darin, darzustellen, wie die Prozesse im ERP abgebildet sind. Hierzu wird in modernen ERP-Lösungen die Dokumentation direkt im System integriert, so dass bei Problemen sofort auf die relevanten Kapitel zugegriffen werden kann.
Kosten-Nutzen-Verhältnis: Wie schätzen Sie den ROI für Ihr ERP ein?
Eine schwierige Frage, lässt sich doch der Wert eines ERP nur schwer gegen die Kosten aufwiegen. Aber die Antworten stimmen positiv: Fast 40% nennen «sehr gut» als Antwort, genau gleich viele sagen «ganz okay» und nur 19% finden den ROI eher ungenügend.
Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Ihren aktuellen ERP-Anbieter bei einer allfälligen Neuevaluation wieder berücksichtigen würden?
Eine spannende Frage, die Antworten dürften insbesondere ERP-Anbieter interessieren. Tatsächlich würden 32,56% «extrem wahrscheinlich» wieder zu einem Angebot des aktuellen Anbieters greifen, weitere 30,23% würden wahrscheinlich ebenfalls bleiben. Unentschlossen sind 16,28%, eher ablehnend geantwortet haben 8,3%, während 11,63% der Befragten auf keinen Fall wieder den gleichen IT-Anbieter wählen würden.
Diese Zahlen sprechen für die ERP-Anbieter, dafür, wie sie Projekte bei den Kunden umsetzen und für die Supportleistungen, die sie anbieten.
Was vermissen Sie an der aktuellen ERP-Lösung am meisten?
Hier kamen diverse interessante Antworten rein. Auffallend oft wird dabei die fehlende Usability und damit auch die schlechte Übersichtlichkeit genannt. Aber auch der After-Sales wird mehrmals als «schlecht» oder gar «Katastrophe» aufgeführt. Mangelnde Flexibilität und schlechte Personalisierung sind ebenfalls ein Thema, insbesondere, dass gewisse gewünschte Funktionalitäten nur in riesigen Modulen enthalten sind, welche dann unnötigen (und teuren) Ballast mit sich bringen. Zudem werden fehlende Apps und schlechte Integration in Umsysteme wie Marketing- und Sales-Automation moniert.
Die Integration mit «best of breed» Applikationen wird je länger, je wichtiger. Noch lange nicht alle aktuellen ERP-Lösungen können diese Anforderung erfüllen. Das ERP als Insel zu betreiben, wird eher früher als später zum Problem werden.
Mit unserem Beratungshintergrund sind wir doch ziemlich erstaunt, wie positiv die ERP-Systeme bewertet werden. Im Alltag erfahren wir das ganz anders. Allerdings könnte dies auch daran liegen, dass wir natürlich nur mit den Fällen konfrontiert werden, in denen eben eine ERP-Lösung abgelöst werden muss, weil sie eben nicht mehr zufriedenstellend ist.
Es zeigt sich jedoch auch aus dieser nicht repräsentativen Umfrage, dass noch Vieles im Argen liegt, insbesondere bei der Benutzerfreundlichkeit und dem Support. Hier sehen wir insbesondere die ERP-Anbieter in der Pflicht: Nehmen sie die Inputs der Kundschaft ernst? Kümmern sie sich auch nach dem Kauf um deren Anliegen?
Aber auch die Kundschaft ist gefordert. Wird das Wissen intern weitergegeben? Werden Prozessanpassungen konsequent auch im ERP umgesetzt? Hat der Implementierungspartner alle notwendigen Informationen, damit er gute Leistungen erbringen kann?
Denn wenn die Zusammenarbeit zwischen IT-Anbieter und Kundschaft funktioniert, kommt dieser Anbieter für die Ablösung der Business Software wieder in Betracht. Stimmt die Chemie nicht, ist die Wahrscheinlich nach unserer Erfahrung doch gross, dass nach einer anderen Lösung gesucht wird.
Es lohnt sich also, die Potenziale des ERP a) bekannt zu machen und b) zu nutzen. Und so das Beste aus der ERP-Lösung herauszuholen – die Zeit der besseren Schreibmaschinen ist vorbei.
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Der Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 23-1
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