Suchen Sie noch oder finden Sie schon?

04.04.2024
5 Min.

Wissen in Form von wichtigen Dokumenten und Informationen innert kürzester Zeit zu finden, stellt viele KMUs vor Herausforderungen. In einem Dialog zwischen einem Experten für Wissensmanagement und einer Jungunternehmerin erkunden wir, wie strukturiert verwaltetes Wissen nicht nur die Effizienz steigert, sondern auch als bedeutender Wettbewerbsvorteil fungiert.

 

Beat Troller: Wo sind schon wieder die Webdesign-Konzepte abgelegt?

Lea Hilfiker: Deine Frage, Beat, verdeutlicht eine alltägliche Herausforderung vieler Unternehmen. Die Suche nach notwendigen Unterlagen betont die Relevanz des Wissensmanagements, selbst für Kleinunternehmen wie unseres, HILFIKER PR. Die steigende Nachfrage nach unseren Dienstleistungen erforderte eine Erweiterung unseres Teams.

Dabei erkannten wir, dass der Stand unseres Wissensmanagements möglicherweise nicht ausreicht, um vorhandenes Wissen optimal zu nutzen. Während meines Studiums zur Wirtschaftsinformatikerin HF an der KV Luzern Berufsakademie verfasste ich eine Diplomarbeit, in der ich intensiv untersuchte, ob sich Wissensmanagement für Kleinunternehmen wie unseres lohnt. 

 

Lea Hilfiker: Worauf sollten KMUs bei der Einführung von Wissensmanagement achten?

Beat Troller: Beim Aufbau eines effektiven Wissensmanagementsystems ist es entscheidend, vom Ziel her zu denken und eine klare Vision zu entwickeln. Vom Ziel her denken bedeutet, sich frühzeitig über vorhandenes Wissen, dessen Nutzung und die damit verbundenen Ziele klar zu werden. Es geht darum, die Endziele des Wissensmanagements vor Augen zu haben und alle Massnahmen darauf auszurichten, diese Ziele zu erreichen.

Indem wir vom Ziel her denken, können wir sicherstellen, dass das Wissensmanagementsystem auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Organisation zugeschnitten ist. Wir definieren klare Prozesse und Strukturen, um das Wissen effektiv zu erfassen, zu speichern, zu teilen und zu nutzen.

Vom Ziel her denken beim Aufbau eines Wissensmanagementsystems erfordert eine ganzheitliche Betrachtung, enge Zusammenarbeit und klare Ausrichtung auf die strategischen Ziele der Organisation. Es ist ein mächtiges Werkzeug, um das vorhandene Wissen effektiv zu nutzen und die Leistungsfähigkeit der Organisation nachhaltig zu steigern.

 

Beat Troller: Hast du bei der Planung der Diplomarbeit und der Entwicklung deiner Lösung(en) auch vom Ziel her gedacht?

Lea Hilfiker: Ja. Meine Arbeit zeigt, dass es von Bedeutung ist, Lösungen an die individuellen Bedürfnisse und die Ausgangslage jedes Unternehmens anzupassen. Eine einheitliche Lösung für alle KMUs gibt es daher nicht.

Die Grafik zeigt die Ergebnisse meiner Diplomarbeit: differenzierte Lösungen – Gold, Silber und Bronze – mit klarem Blick auf das Endziel. Die Treppe gibt die ideale Reihenfolge vor, in der Wissensobjekte in unserem KMU eingeführt werden sollen.

Die fünf Phasen, welche die Treppe umkreisen, verdeutlichen den kontinuierlichen Implementierungsprozess neuer Wissensmanagement-Elemente. 

 

Lea Hilfiker: Kannst du uns mehr zur Implementierung von Wissensmanagement erzählen?

Beat Troller: Auch hier ein kurzer theoretischer Zugang zu einem Modell – unter der Berücksichtigung, dass die alten Changemanagement-Modelle von Levin, Kotter, Krüger und anderen zwar noch gelten, jedoch in unserer nicht linearen Zeit nicht mehr funktionieren. In einer komplexen Welt benötigt Change- management einen Zugang über Co-Creation. Dazu bildet das ADKAR-Modell dank seiner ganzheitlichen und praxisorientierten Herangehensweise eine wertvolle Basis. In der Grafik ist es als Rahmen für die Lösungen dargestellt.

ADKAR ist eine strukturierte Herangehensweise, bestehend aus fünf Phasen – Awareness (Bewusstsein), Desire (Wunsch), Knowledge (Wissen), Ability (Fähigkeit) und Reinforcement (Verstärkung) –, die sicherstellen, dass die Veränderung erfolgreich umgesetzt wird.

Dabei liegt der Fokus auf der individuellen Ebene der Mitarbeitenden. Die individuellen Aspekte des Wandels und die Bedürfnisse, Einstellungen und Fähigkeiten der Mitarbeitenden werden berücksichtigt. Dies ist besonders wichtig in komplexen Umgebungen, in denen verschiedene Interessen und Wider- stände vorhanden sein können. Dank der Flexibilität des Modells, kann es an die spezifischen Anforderungen und Herausforderungen einer Organisation angepasst werden.

ADKAR ermöglicht massgeschneiderte Lösungen und bietet klare Messkriterien für den Erfolg. Unternehmen lassen sich nicht verändern – nur die Menschen darin. Und über die Menschen die Unternehmen. Deshalb legt ADKAR einen Schwerpunkt auf die Verstärkung neuer Verhaltensweisen und Gewohnheiten, um sicherzustellen, dass die Veränderung langfristig erfolgreich ist. Dies ist besonders relevant in komplexen Umgebungen, in denen kontinuierliche Anpassungen erforderlich sind. 

 

Beat Troller: Ich gehe davon aus, dass deine Partnerin sowohl in Bezug auf die Aufmerksamkeit als auch das Bedürfnis nach Change bereit ist – und wie sieht es mit dem Wissen aus?

Lea Hilfiker: Inzwischen haben wir erfolgreich die Bronze-Lösung bei uns eingeführt. Der Aufbau eines effektiven Wissensmanagements ist ein kontinuierlicher Prozess, der Zeit und Anpassung erfordert. Durch diese Diplomarbeit wurde uns bewusst, dass sich Wissensmanagement für unser KMU auszahlt. Deshalb habe ich mich u. a. dazu entschieden, mein Studium an der KV Luzern Berufsakademie durch einen MAS in Business Process Management zu ergänzen. Entsprechend ist unsere Organisation nun vollständig an unseren Prozessen ausgerichtet, was den Geschäftsalltag erheblich erleichtert! 

 

Lea Hilfiker: Du bist Experte mit jahrelanger Erfahrung auf diesem Gebiet. Kannst du zusammenfassen, welche Schlüssel für erfolgreiches Wissensmanagement entscheidend sind?

Beat Troller: Dafür orientiere ich mich gerne am TOM-Modell, das Technik, Organisation und Menschen für den Erfolg berücksichtigt. Gerne gehe ich dabei vom Menschen aus – Wissen an sich lässt sich nicht managen. Wissensmanagement ist ein Ultra-Marathon, kein Sprint. Hier sind meine fünf kritischen Erfolgsfaktoren:

  1. Eine klare Führung und Unterstützung seitens des Top-Managements schafft Bewusstsein für die Bedeutung von Wissensmanagement im Unternehmen und stellt die benötigten Ressourcen zur Verfügung.
  2. Eine offene und kooperative Unternehmenskultur, die den Austausch von Wissen fördert, ist wesentlich für den Erfolg von Wissensmanagement. Die Organisation muss über geeignete Strukturen und Prozesse verfügen, um den Wissensaustausch zu erleichtern.
  3. Die Auswahl der richtigen Technologien und Tools zur Unterstützung des Wissensmanagements ist massgeblich. Eine geeignete IT-Infrastruktur ermöglicht den einfachen Zugriff auf Informationen und fördert die Zusammenarbeit.
  4. Die aktive Beteiligung der Mitarbeitenden am Wissensaustausch und -management ist meiner Meinung nach der entscheidendste Erfolgsfaktor. Schulungen (lebenslanges Lernen), Anreize und Anerkennung können dazu beitragen, das Engagement der Mitarbeitenden zu steigern und deren Denkweise hin zu einem Growth-Mindset zu entwickeln.
  5. Und schliesslich sorgt ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess auf dem Gebiet des Wissensmanagements dafür, dass das Unternehmen auf Veränderungen im Innenbereich oder in der Umwelt reagieren kann. Regelmässige Evaluierungen und Anpassungen sind notwendig, um sicherzustellen, dass das Wissensmanagement effektiv bleibt. 

Insofern seid ihr dank der Verankerung der Notwendigkeit und dem Wunsch nach einer Verbesserung ausgezeichnet aufgestellt. Mein grosses Kompliment!

 

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Das Autorenteam

Lea Hilfiker ist Co-Founderin der HILFIKER PR. Sie hat 2023 an der KV Berufsakademie Luzern ihr Diplom als Wirtschaftsinformatikerin HF abgeschlossen. Ihre Diplomarbeit, welche in diesem Artikel thematisiert wird, wurde mit der Bestnote ihres Lehrgangs ausgezeichnet.

www.hilfiker-pr.ch

 

Beat Troller ist Inhaber der UNME GmbH, sowie Wissens- und Changemanagement-Experte. Er begleitet Unternehmen und unterrichtet an verschiedenen Bildungsinstituten. Sein Fokus liegt auf dem vorbehaltlosen Engagement für Authentizität und dem wertschätzenden Akzeptieren unterschiedlicher Perspektiven, was seine Arbeit zu einem Ausdruck von ENABLING macht.

www.unme.ch

 

 

Publikation in Zusammenarbeit mit: VIW – Wirtschaftsinformatik Schweiz | www.viw.ch

 

Der Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 24-1

 

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