E-Commerce erfordert mehr als nur die im Titel genannten Basic-Funktionen, sondern besonders Marktbeobachtung, Daten-Analysen, Innovationen und schnelle Reaktionen auf Kundenwünsche. Eine besondere Herausforderung entsteht, wenn ein traditionelles Unternehmen einen neuen und bereits sehr erfolgreichen Online Shop wie Beneva Black akquiriert. Petra Rohner von SWONET interessiert im Interview mit der neuen CEO von Beneva Black, Fabienne Bolliger, deshalb besonders, wo sie persönlich die grösste Herausforderung erlebt und aktuell auch sieht.
Fabienne Bolliger, vor wenigen Monaten haben Sie als CEO die Verantwortung für Beneva Black übernommen, nachdem das Unternehmen durch die GIDOR SA übernommen worden war. Worauf legten Sie den grössten Fokus?
Ich durfte zuerst Beneva Black analysieren und dann möglichst schnell herausfinden, wie man einerseits die ganze Übernahme planen soll und andererseits wie die Synergien optimal genutzt werden können. Es wäre sicher ein Einfaches gewesen, bei einem so erfolgreich aufgebauten Online Shop wie Beneva Black, den Fokus weiterhin auf die Verkaufssteigerung zu legen. Da aber traditionelle Strukturen mit einer schnellen, modernen Arbeitsweise verbunden werden sollten, war es mir wichtig, zuerst die bestehenden Kundengruppen aufgrund ihrer Bedürfnisse und Anliegen kennen zu lernen. Diese werden auch in allen zukünftigen Handlungen im Fokus stehen. Wir wollen noch schneller noch innovativere Produkte auf den Markt bringen, welche Schönheits-Bedürfnisse befriedigen.
Fabienne Bolliger hat ihr Studium an der HSG absolviert und während dieser Zeit erste Arbeitserfahrungen im In- und Ausland gesammelt. Danach war sie mehrere Jahre bei L'Oréal im Marketing tätig. Es folgten Stationen im Einkauf für einen Luxus-Retailer, Aufbau eines Start-Ups für Red Bull und ihre erste Führungsposition im eCommerce für einen online Beauty Shop. Seit Januar 2020 ist sie als CEO bei Beneva Black engagiert.
Haben Sie ein Beispiel für diesen Wandel?
Ja, Beneva Black hatte beim Start der Produktlinie auf die Grundlage «Aktivkohle» gesetzt, zu diesem Zeitpunkt war ein richtiger Hype um das Grundprodukt entstanden. Beneva Black hatte den Vorteil, durch den Neustart, die Linie und die Kommunikation auf die Grundlage auszurichten, was im Nachhinein ein Glücksfall war. Zum richtigen Zeitpunkt das richtige Produkt und gleichzeitig genau die richtige Kommunikationsstrategie anzuwenden, ist nicht selbstverständlich. Doch es erleichterte nur den Start, denn die Aktivkohle hat heute nicht mehr den gleichen Stellenwert. Das bedeutet bei einem Onlineshop muss man ständige Bereitschaft für Veränderung zeigen. Neue Produkte zu finden, die den Qualitätsanforderungen von Beneva Black genügen und auch eine Marktinnovation darstellen, war nach den ersten Jahren die grösste Herausforderung.
Wo sehen Sie aktuell das grösste Potenzial für Umsatzsteigerung, können Sie Ihre Erfahrungen mit den Lesenden teilen?
Ich beobachte und analysiere aktuell mit meinem Team die Hebelwirkung jeder Verkaufsaktion. Man kann viel Geld in das Onlinemarketing investieren, dabei bringt die Analyse, warum ein Kunde auf der eigenen Webseite immer an der gleichen Stelle abspringt, viel schneller Mehrumsatz als eingekaufte Werbeaktionen. Auch wenn sich die Produktpalette erweitert und sich dadurch die Struktur des Onlineshops verändert, kann dies Auswirkungen auf das Bestellverhalten haben. Deshalb arbeiten wir gleichzeitig an der Akquise von Neukunden und an der Beobachtung unserer bestehenden Kunden. Die Auswertungen von welchen Kommunikationskanälen die Kunden zu uns kommen, sei es durch technische Analysen oder Kundenbefragen, ist sicher zeitintensiv, gibt aber raschen Aufschluss, wo noch mehr Zeit und Geld investiert werden sollte oder was im Moment gestoppt werden kann.
Haben Sie auch hier ein praktisches Beispiel?
Ja, hier habe ich einen direkten Vergleich der Valentinsaktionen 2019/2020. Wir hatten am 14.02.2020 eine Umsatzsteigerung von 80% gegenüber dem Vorjahr und am darauffolgenden Tag sogar 175%. Und danach keine Umsatzeinbusse verzeichnet. Diese Zahlen basieren nicht auf schlechten Umsatzzahlen von 2019, sondern zeigen das Resultat einer anderen Herangehensweise. Im Vorfeld haben wir analysiert was am besten funktioniert. Und so haben wir es gewagt, unseren Kunden ein Geschenk zu machen, anstatt sie aufzufordern, ihren Liebsten ein Geschenk zu machen. Hat in diesem Fall funktioniert und sich dank effizienten Marketing-Massnahmen als sehr rentabel herausgestellt. Die Zahlen zeigen gleichzeitig, dass sich die Absprungrate der Webseite Besucher elementar verringert hat, so dass wir einen direkten Bezug herstellen können.
Wo sehen Sie die grösste Herausforderung, Tradition und virtuelle Zukunft zu verbinden?
Aktuell sehe ich die grössten Herausforderungen in der Kommunikation und im Informationsaustausch. Es sind Unternehmungen vorhanden, die sich sprichwörtlich bereits in einer anderen Galaxie befinden. Und traditionelle KMU, die sich täglich über Papierstau im Drucker ärgern. Ich stelle fest, dass es keinen Austausch gibt zwischen diesen zwei Welten und dies zu Misstrauen und Unverständnis führt. Früher habe ich diese Diskrepanz nicht so stark wahrgenommen, aber dies wird sich zukünftig noch viel deutlicher zeigen.
Das Interview führte
Petra Rohner, Präsidentin der
Stiftung SWONET – SWISS WOMEN NETWORK
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