Das Interview der topsoft Redaktion mit Brigitte Ilsanker, Expertin für Digital Workplaces, Softwarearchitektin und CEO der effimag Information Management AG. Als Software-Beratungspartner unterstützt effimag Unternehmen in folgenden Bereichen: Intranet, Mitarbeiter- und Unternehmensportale, Collaboration und verteilte Teamarbeit, Customer und Lead Management, mobile Apps, Personalprozesse, Qualitätsmanagement, Social Business, Marketingautomatisierung und Software-Evaluation.
Welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen Smart Working und Digitalisierung?
Brigitte Ilsanker: Je besser die digitale Unterstützung, desto eher kann man smart arbeiten. Erst die Digitalisierung macht Smart Working möglich, denn sie befreit von Ort und Zeit der Tätigkeiten, liefert die notwendigen Informationen und verbindet die Beteiligten über verschiedene Kanäle. Gegenseitiger Austausch oder Prozessfreigaben sollen nicht warten müssen, bis alle Zeit für eine Sitzung haben. Mit zunehmender Digitalisierung erschliessen sich Automatisierungsmöglichkeiten quer durch das Unternehmen über Abteilungen hinweg, aber auch bei Arbeitsabläufen mit Kunden, Interessenten und Lieferanten. Smart Working und Digitalisierung gehen Hand in Hand – das spart Zeit und Geld.
Worin besteht der Anreiz für Unternehmen, sich mit Themen wie Collaboration, Social lntranets oder Prozessautomatisierung zu beschäftigen?
Ohne Zusammenarbeit geht gar nichts. Keine Arbeit ist heute so isoliert, dass sie ohne Input anderer machbar wäre. Arbeitsflüsse gehen in jedem Unternehmen durch viele Hände, Informationsflüsse durch viele Hirne. Die meisten Mitarbeitenden wollen gerne smart arbeiten. Junge Leute tummeln sich mit dem Smart Phone in den digitalen Medien. Wenn sie dann im Unternehmen sind, müssen sie auf eine Art und Weise arbeiten, die sie als vorsintflutlich empfinden. Warum stellen wir ihnen die Tools nicht so zur Verfügung, dass sie gerne arbeiten? Social Intranets oder Digital Workplaces sind ideale Lösungen, um Fragen im Team zu klären oder gemeinsam Ideen zu diskutieren.
Ist Smart Working nicht eher ein Thema für grössere Unternehmen?
Grosse Unternehmen investieren oft viel Geld in Themen, die gerade aktuell sind. Hohe Ausgaben für IT-Projekten wird auch als Innovationsfreude verkauft. Smarte Unternehmen organisieren die Arbeitsabläufe so, dass sie wirtschaftlicher arbeiten und gleichzeitig zufriedenere Mitarbeiter haben. Da sehe ich kleinere Firmen aufgrund ihrer Agilität sogar im Vorteil. Es braucht keine riesigen Budgets, um den Betrieb smarter zu machen. Manchmal kann die teuerste Software nicht viel mehr als ein paar Komponenten, die als Open Source kostenlos verfügbar sind. Schlussendlich geht es darum zu erkennen, wo Arbeitsflüsse stocken oder Wachstum gebremst wird, unabhängig von der Unternehmensgrösse.
Wie viel IT braucht es, um smart zu arbeiten?
Nicht viel IT, sondern die richtige IT braucht es. Im Moment beobachte ich Unternehmen, die damit beschäftigt sind, die vorhandenen Systeme am Laufen zu halten. Oft fehlt die Zeit, sich mit der Zukunft und der bestmöglichen Unterstützung der Arbeitsprozesse zu beschäftigen. Software und Daten sind häufig redundant vorhanden. Dies bringt viel Aufwand für Wartung und Pflege mit sich, ohne dass daraus ein Mehrwert resultiert. Dazu ein Beispiel: Mitarbeitende beklagen sich über die Mailflut, und Systemadministratoren jammern über den damit verbundenen Speicher- und Verwaltungsaufwand. Anstatt nun noch eine Anwendung für das Komprimieren der Mailboxen einzuführen, wäre es nachhaltiger, mittels digitalem Workplace für eine effiziente Informationsverteilung zu sorgen.
Welche Rolle spielt der Faktor Mensch beim Thema Smart bzw. Digital Working?
Wenn jemand sein Wissen grundsätzlich nicht gerne mit den Kollegen teilt, wird er es auch im Digital Workplace nicht gerne tun. Jemand, der sich nicht für seine Arbeit interessiert, wird auch mit noch so viel digitaler Unterstützung nicht zum Genie. Herrschen in der Firma Strukturen, welche die Zusammenarbeit nicht fördert, dann bleibt jedes Collaboration Tool reine Makulatur. Stress durch Digitalisierung entsteht nur dann, wenn man die Kontrolle verliert. Erreichbar sein zu müssen, ohne etwas erreichen zu können, ist frustrierend. Wenn ich aber wichtige Informationen schnell bekomme und gleich wieder nutzbringend an andere Empfänger weitergeben kann, gewinne ich Zeit und Handlungsspielraum.
Wo sehen Sie die Erfolgsfaktoren und Stolpersteine auf dem Weg zu Smart Working?
Ein häufiger Fehler ist die Annahme, dank eines digitalen Tools auch besser zu arbeiten. Für Smart Working müssen organisatorische Weichen gestellt werden. Eine klassische Silo-Hierarchie ist dabei hinderlich. Es ist leichter, ohne Tools eine smarte Arbeitsorganisation aufzubauen, als mit teurer IT in alten Strukturen voranzukommen. Oft verliert man bei einer rein technischen Betrachtungsweise das eigentliche Ziel aus den Augen. Erfolg hat, wem es gelingt, die betrieblichen Ziele mit den passenden Tools umzusetzen. Dafür braucht es oft einen „Übersetzer“, d.h. jemanden, der die IT-Sprache versteht und sich mit der Thematik auskennt. So entsteht eine smarte Brücke zwischen Business und Technologie. Das Gleiche gilt, wenn man sich nur auf die Unternehmensprozesse konzentriert und diese quasi zementiert. Prozesse ändern sich ständig, weil die Welt um uns nicht stehen bleibt. Wer alte Prozesse mit Tools unterstützt, vergoldet den Hammer anstatt den Akkuschrauber zu verwenden.