Seit dem Aufkommen von ChatGPT im November 2022 kämpfen viele Unternehmen mit der effektiven KI-Implementierung. Oft fehlen klare Strategien, ein offenes Mindset und das nötige Know-how, was zu ungenutztem Potenzial führt. Die schnelle Entwicklung erschwert zudem den Wissensaufbau. Freelancer können mit ihrer Expertise und frischen Ideen entscheidend helfen. Doch wie genau können sie unterstützen und wie nutzen Unternehmen ihr Potenzial optimal?
Symbolbild von KI erstellt
«Viele Unternehmen versuchen, die fehlenden KI-Kompetenzen zu rekrutieren, da der Markt für solche Talente hart umkämpft ist», beobachtet Sean Neary, Head of Switzerland beim Freelancer Marktplatz Malt. «Freelancer mit KI-Fachwissen sind sehr gefragt, nicht nur wegen ihrer technischen Kompetenzen für eine bestimmte Initiative, sondern auch, um die KI-Anpassung des Unternehmens zu beschleunigen.» Ein ganzheitlicher Ansatz, der über Programmierkenntnisse hinausgeht, ist nötig.
Welche Skills sind unverzichtbar?
Malt hat die gefragtesten KI-Fähigkeiten der letzten Jahre ermittelt, nach denen Unternehmen für ihre KI-Implementierung suchen:
KI-spezifische Hard Skills
- Natural Language Processing (NLP): Verarbeitung und Analyse von Sprache, z. B. durch GPTs.
- Cloud Computing und Multi-Cloud-Plattformen: Arbeit mit Cloud-Diensten wie AWS, GCP, Azure und Plattformen wie Kubernetes.
- Computer Vision: Verarbeitung und Analyse von Bildern in Echtzeit.
- GenAI / Retrieval-Augmented Generation (RAG): Kombination von Informationssuche und Textgenerierung für präzisere Antworten.
Allgemeine Hard Skills
- Strategieentwicklung: KI-Einsatz planen.
- Technisches Interesse: Schnelles Verständnis neuer Technologien und ständige Weiterbildung.
- Prozesskenntnis: Überblick über Unternehmensprozesse und KI-Auswirkungen.
- Business-Case-Entwicklung: Nutzen von KI-Projekten *verdeutlichen.
- Projektmanagement: Durchführung und Überwachung von KI-Projekten, inkl. Budgetkontrolle.
- Juristisches Wissen: Einhaltung rechtlicher Vorgaben bei KI-Nutzung.
- Change Management: Veränderungsprozesse begleiten.
- Beratung und Schulung: Unternehmen durch KI-Implementierung führen und Teams schulen.
Martin Reckel, Interim Manager für HR & IT und Freelancer bei Malt, betont die Wichtigkeit einer Kombination von Hard- und Soft-Skills. «Man muss nicht nur verstehen, wie KI funktioniert, sondern auch, wie sie in die Unternehmensstruktur passt und welche Auswirkungen sie auf das Unternehmen, die Mitarbeitenden und die Kunden hat.» Empathie hilft, die Bedürfnisse von Mitarbeitenden und Führungskräften zu verstehen, während Kreativität und Kommunikationsfähigkeiten entscheidend sind, um innovative Lösungen zu finden und diese klar zu vermitteln. Anpassungsfähigkeit und Lernbereitschaft sind unerlässlich, um mit der schnellen Entwicklung Schritt zu halten. Ein holistisches Denken verbindet also technische, strategische und psychologische Aspekte.
Anwendungsfälle – Was KI-Experten in Ihrem Unternehmen bewirken können
Um die richtigen KI-Skills zu bestimmen, ist es wichtig, ihre Einsatzmöglichkeiten zu verstehen. Die Bandbreite an Use-Cases ist riesig und wächst ständig – von der Automatisierung des Kundenservices bis zur Erkennung von Krebsläsionen.
In Martin Reckels Berufspraxis kann ein Best-Practice-Beispiel so aussehen:
«Für mich als Interim Manager ist es wichtig einen Überblick über die Technik zu geben, Strategien zu entwickeln und diese durchzusetzen.»
Ein Unternehmen plante beispielsweise, die Employee Experience in der Personalabteilung zu verbessern. Die Herausforderung bestand darin, dass Mitarbeitende oft lange im Intranet nach Formularen und Antworten suchen mussten. Reckel schlug vor, einen firmenspezifischen Chatbot zu implementieren, der diese Prozesse vereinfachen sollte. Der Chatbot sollte Anfragen wie Urlaubsanträge, Krankmeldungen, Bildungsurlaub, Gehaltsabrechnungen und Zeitmanagement bearbeiten können.
Der Projektaufsatz begann mit der Definition der Projektaufgabe und -ziele. Reckel entwickelte verschiedene Zielszenarien, bewertete deren Vor- und Nachteile, Kosten und Implementierungsschritte. Nach der Analysephase folgte die Lösungsentwicklung, Präsentation der Optionen und letztlich das Rollout und die Vertiefung der gewählten Lösung.
Er arbeitete End-to-End, von der Strategieentwicklung über die Verhandlung und Auswahl der Partner bis hin zur Implementierung und Stabilisierung des Systems in der Hypercare-Phase. Das Projekt umfasste zudem eine Phase 2, um zusätzliche Länder und Module zu integrieren, die in der ersten Phase nicht abgedeckt wurden.
«Bei einer KI-Programmierung zählen nicht nur Bits und Bytes. Es soll immer dem Menschen dienen – ob dem Kunden, Mitarbeiter, CEO, Financer oder ITler.»
Tipp: Sie haben noch nicht ganz genau definiert, was das Ziel, der Plan und die Auswirkungen für Ihre KI-Implementierung sind, dann holen Sie sich zuerst einen Experten an Bord, der mit Ihnen eine KI-Strategie entwickelt. Das kann zum Beispiel ein AI Strategy Consultant, AI Governance Consultant, oder AI Readiness Consultant sein.
Drei Wege KI-Skills in Ihr Unternehmen zu holen
In einem hart umkämpften Markt stehen Unternehmen vor der Herausforderung, KI-Kompetenzen schnell und effizient zu integrieren. Hier sind drei effektive Optionen:
Buy: Neue Mitarbeiter mit passenden Qualifikationen einstellen kann zeitaufwendig und teuer sein, besonders in einem hart umkämpften Markt. Es ist oft schwierig, zu entscheiden, welche Position langfristig besetzt werden sollte und welche Fähigkeiten nur kurzfristig gebraucht werden.
Build: Bestehende Mitarbeiter durch gezielte Schulungen weiterzuentwickeln, bietet langfristige Vorteile. Doch wer ist dafür geeignet, hat die Kapazitäten, und welche Weiterbildung lohnt sich, wenn das Wissen sich ständig verändert?
Borrow: Obwohl die Stelle nicht langfristig besetzt wird, sind Freelancer eine flexible, kurzfristige Lösung. Sie erfüllen Projektanforderungen schnell, bringen wertvolle Hard- und Softskills sowie Erfahrungen aus verschiedenen Branchen mit.
Freelancer als Wissenslieferant und Mindset-Opener für KI
Freelancer mit KI-Fachwissen sind sehr gefragt, denn sie schliessen den Skill-Gap in Unternehmen auf verschiedene Weisen. Neben der technischen Implementierung vermitteln sie wertvolles Wissen an Mitarbeiter und inspirieren Führungskräfte, wie die interne Qualifikation gestärkt werden kann. Martin Reckel betont: «Das KI-Lehrbuch ist noch nicht geschrieben. Man muss sich über Foren, Communities und Konferenzen weiterbilden. Auch ich lerne täglich dazu.»
Er empfiehlt, Mitarbeitenden 5 bis 10% ihrer Arbeitszeit für Lernprozesse mit speziellem Lernauftrag freizugeben, um sich spielerisch mit neuen Technologien vertraut zu machen.
Freelancer können zudem helfen, Mindset-Blockaden im Unternehmen zu lösen – sei es bei Führungskräften, Mitarbeitenden oder dem Betriebsrat. Denn während einige KI als Chance sehen, empfinden andere sie als Bedrohung oder sind von den Möglichkeiten überwältigt. Um diese Kluft zu schliessen, ist es wichtig den Mitarbeitenden die Ängste zu nehmen, indem man positive Use Cases der KI als Werkzeug aufgezeigt. Ein spielerischer Umgang mit neuer Technologie und die Bereitschaft, Fehler zuzulassen, sind dabei entscheidend.
«Wir lernen am besten, wenn wir lachen. Wenn es Freude macht, ist die Motivation am grössten, etwas Neues zu lernen.»
Malt ist ein Marktplatz, auf dem rund 700’000 freiberufliche Beratende ihre Fähigkeiten und Kenntnisse insbesondere für grosse Organisationen zur Verfügung stellen, die externe Talente suchen – und so ihre Projekte, auch im KI Bereich, beschleunigen. Malt ist seit 2023 mit einem eigenen Sitz in Zürich in der Schweiz aktiv und betreut von dort ein lokales Netzwerk aus Unternehmen und hochqualifizierten Freelancern. www.malt.ch
Der Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 24-3
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