PIM-Experten einig: Qualität der Integration ist wesentlicher Erfolgsfaktor

02.09.2021
5 Min.
Wenn ein namhafter Berater im Bereich Digitalisierung mit einem führenden Anbieter für Product Information Management zusammentrifft, zeigt sich: Auch gänzlich unterschiedliche Perspektiven führen mitunter zu sehr ähnlichen Erkenntnissen. Jürgen Burger (SIMIO) und Hansjörg B. Gutensohn (Goodson) im Doppelinterview über PIM und die Bedeutung des Menschen in der digitalen Welt.
 
GOODSON – SIMIO im Interview mit Martina Pointner
 
 

Als Digitalisierungsberater einerseits und als Anbieter von Digitalisierungslösungen andererseits agieren Sie im selben Markt, jedoch unter anderen Vorzeichen. Was unterscheidet Sie grundsätzlich voneinander?

Burger: Als unabhängiger Analyst und Berater im Kontext Digitalisierung bin ich bestrebt, im Sinne einer objektiven Instanz Transparenz in die Angebotsmärkte zu bringen und Unternehmen bei der Auswahl einer Lösung zu unterstützen, die zu ihren individuellen Anforderungen passt. Ich begleite also – je nach Anforderung und Wunsch des Kunden – den gesamten Prozess der Auswahl, die Umsetzung übernehmen dann andere.
 
Gutensohn: Mein Metier ist die Digitalisierung von Kommunikationsprozessen – insbesondere die medienneutrale Produktkommunikation. Sie begleitet mich schon seit vielen Jahren. Neben der Entwicklung eigener Software im Bereich PIM bietet mein Unternehmen als Implementierungspartner namhafter Softwarehersteller ein breites Portfolio für Produzenten, Händler und Dienstleister. Dabei können wir von der Bedarfsanalyse bis zur Umsetzung alles aus einer Hand gewährleisten.
 
Burger: Weil Sie gerade die Bedarfsanalyse erwähnen: Das ist einer der wenigen Teilbereiche, wo sich unser Leistungsangebot überschneidet. Wenn man so will, sind wir von SIMIO das Bindeglied zwischen dem Nachfragemarkt auf der einen Seite und dem Markt der PIM-Hersteller und -Integratoren wie Goodson auf der anderen Seite. Wir beide kommen uns also nicht in die Quere (lacht). Vielmehr bringt diese Aufgabenverteilung echte Vorteile für Unternehmen, die sich für PIM interessieren.
 
 

Welche Vorteile meinen Sie konkret?

Burger: Der Angebotsmarkt im Bereich PIM ist gross, sehr heterogen und damit auch unübersichtlich. Für Unternehmen ist es nicht einfach und vor allem sehr aufwendig, sich einen Überblick zu verschaffen. Ausserdem sind die Systeme am Markt aus rein funktionaler Sicht zunehmend ähnlich. Deshalb sind viele Unternehmen gar nicht in der Lage, selbständig eine Entscheidung für ein PIM-System zu treffen. Das alles macht die profunde Aussensicht eines unabhängigen Experten wertvoll.
 
Gutensohn: Ja, das sehe ich auch so. Nur mitunter stellt sich schon die Frage, ob der Einsatz eines Beraters immer leistbar ist. Bei kleineren Projekten im Bereich mittelständischer Unternehmen lässt das verfügbare Budget eine aufwendige Analyse und Ausschreibung oft gar nicht zu. Da macht es durchaus Sinn, direkt beim Anbieter anzufragen. Aber im Enterprise-Umfeld, wo es um Projekte in der Grössenordnung von 300'000 Euro und mehr geht, ist es sicher empfehlenswert, unabhängige Beratungsleistungen in Anspruch zu nehmen. Meist ist es auch für uns als Anbieter besser, wenn hier ein externer Experte zugezogen wird.
 
 
 
 
Hansjörg B. Gutensohn, GOODSON
 
Der geschäftsführende Eigentümer von Goodson Softwaresolutions ist schon seit über 20 Jahren im Bereich Produktkommunikation tätig. Sein Unternehmen mit Sitz in Bregenz (Österreich) gehört zu den führenden Anbietern von PIM-Lösungen im deutschsprachigen Raum. Neben der eigenen PIM-Software mediaSolution3 hat sich Goodson als Implementierungspartner hochwertiger PIM-Standardsoftware, zum Beispiel von Contentserv, einen Namen gemacht.
 
 
 
 

Inwiefern?

Gutensohn: Grundsätzlich ist die Angebots-phase für uns als Anbieter sehr zeitintensiv. Wenn aber ein potenzieller Kunde – wie es Herr Burger genannt hat – noch gar nicht reif für eine PIM-Lösung ist, weil die Zielsetzung der Digitalisierung im Unternehmen noch nicht wirklich klar ist, dann wird es umso aufwendiger. Eine eingehende Analyse und Beratung im Vorfeld sind hier sehr hilfreich.Manche Kunden erwarten sich auch diverse Vorleistungen noch vor Auftragsvergabe, wie etwa einen kostenlosen Scoping-Workshop. Das ist für uns als Anbieter mit mehreren grossen Ausschreibungen jährlich nicht zu stemmen. Berater wirken hier oft unterstützend, weil sie wissen, dass dies Leistungen sind, die viel Aufwand verursachen und daher abgegolten gehören.
 
Burger: Ja, hierzu habe ich als Berater eine klare Haltung: Eine Präsentation und eine Richtofferte müssen kostenlos sein. Ein Scoping-Workshop zum Projektauftakt stellt jedoch eine weiterführende, arbeitsintensive Leistung dar und sollte daher auch etwas kosten dürfen. Darauf weise ich meine Kunden hin. Ein guter Ansatz ist, dass die Kosten dafür bei Auftragsvergabe angerechnet werden. Damit können meist alle gut leben.
 
 

Sie beide haben vorhin die «Reife des Kunden» angesprochen. Was meinen Sie damit konkret und woran machen Sie diese «Reife» fest?

Gutensohn: Wenn wir von «Reife eines Kunden» sprechen, soll das nicht als Überheblichkeit missverstanden werden, sondern auf einen Aspekt hinweisen, der wesentlich über Erfolg oder Misserfolg eines Digitalisierungsprojekts entscheidet. Obwohl die Digitalisierung in aller Munde ist, ist sie in vielen Unternehmen und bei vielen Mitarbeitenden noch nicht wirklich angekommen. Gerade PIM hat weit mehr Potenzial, als oft erkannt wird. Aber viele haben noch keine konkrete Strategie, wohin die Reise in der Produktkommunikation überhaupt gehen soll, geschweige denn, welche Prozesse im Unternehmen geändert werden müssen, damit PIM überhaupt funktionieren kann. 
 
Burger: Ja, gerade bei PIM geht es nicht nur um Software, sondern um komplexe Lösungen, in die viele Unternehmensbereiche direkt eingebunden werden müssen, damit sich nachhaltiger Erfolg einstellt. Statt eines rein technischen Fokus geht es um einen umfassenden Blick auf die Dinge. Und damit kommen wir zum wohl wichtigsten Faktor überhaupt: dem Faktor Mensch. Sowohl anbieter als auch kundenseitig sind die beteiligten Menschen der Schlüssel zum Erfolg.
 
 

Das klingt im Zeitalter der Digitalisierung fast schon «retro». Können Sie den Aspekt etwas genauer ausführen?

Burger: Tatsache ist: Heute kommt man im Bereich PIM mit vielen Produkten am Markt ans Ziel. Die Systeme der führenden Hersteller sind – zumindest auf funktionaler Ebene – zunehmend ähnlicher geworden. Das hat zur Folge, dass ein rein funktionaler Vergleich immer weniger Differenzierungspotenziale bietet. Parallel dazu hat sich die Gewichtung bei der Entscheidung für einen Anbieter zunehmend verschoben: Neben den technischen Features hat der Bereich Professional Service – und damit die Mitarbeitenden, die Werte und die Kultur des anbietenden Unternehmens und gegebenenfalls seines Implementierungspartners – massiv an Bedeutung gewonnen.
 
Gutensohn: Ja, wir machen dieselbe Erfahrung – und sind froh darüber. Denn wir haben schon lange den Menschen als Individuum in den Mittelpunkt unserer Unternehmenskultur gestellt. Und zwar aus der Überzeugung heraus, dass es stets der Mensch ist, der den Unterschied macht. Gerade in der Digitalisierung muss es gelingen, ihn mit auf die Reise zu nehmen. Ohne die Bereitschaft, den Change-Prozess mitzutragen, funktioniert es nicht. Bei PIM kommt noch dazu, dass kundenseitig viele unterschiedliche Abteilungen miteingebunden sind. Sie alle müssen mit ins Boot geholt werden. Und natürlich sind auch die Endkunden Menschen, die ernst genommen werden wollen. Denn sie sind es, die entscheiden, wie die Systeme genutzt werden und wie erfolgreich die Produktkommunikation letztlich ist.
 
Burger: Nicht zu vergessen ist, dass auch auf der Anbieterseite der Mensch und seine individuelle Leistung entscheidend sind. Denn die Qualität der Systemintegration und später die laufende Betreuung sind ganz wesentliche Erfolgsfaktoren.
 
 
 
 
Jürgen Burger, SIMIO
 
Der Kontext Digitalisierung und insbesondere das Thema PIM ist schon seit langem sein Betätigungsfeld. Unter anderem hat er in einem deutschen Analystenhaus den Bereich Marktanalyse verantwortet und dadurch einen tiefen Einblick in die Angebotsseite des Marktes erhalten. Heute ist er mit seinem Unternehmen SIMIO als unabhängiger Analyst und Berater mit Fokus auf den DACH-Raum tätig. Im Rahmen der «Quintessenzen» gibt er einen fundierten Überblick über die Marktsituation im Bereich PIM und DAM
 
 
 

Ist die Vorstellung des Menschen als dem entscheidenden Faktor nicht etwas zu romantisch? Machen wir uns angesichts der digitalen Durchdringung aller Lebensbereiche da nicht etwas vor?

Burger: Nein! Denn im Endeffekt geben menschliche Aspekte den Ausschlag für Entscheidungen. Das erfahre ich auch in meinen Beratungen immer wieder. So geht es gerade in einem PIM-Projekt oft darum, wie das Anbieter- und das Kunden-Team den Zugang zueinander finden. Und schon bei der Auftragsvergabe hat der subjektive Eindruck meist einen wesentlichen Einfluss. Das Bauchgefühl des Kunden toppt nicht selten die funktionalen und wirtschaftlichen Komponenten – zumindest bei der Entscheidung zwischen den Anbietern, die es auf die Shortlist geschafft haben.
 
Gutensohn: Ja, das erleben wir ähnlich. Auch für uns ist es wichtig, dass die Chemie zwischen den wesentlichen Akteuren stimmt. Das schafft eine gute Basis. Das beginnt schon bei der Erstpräsentation und bewahrheitet sich meist im Laufe des Projekts, wo es schon mal stressig werden kann. Ein starkes Team auf beiden Seiten, Wertschätzung und Offenheit im gegenseitigen Umgang und eine realistische Einschätzung über vorhandene Ressourcen sorgen für gute Erfolgsaussichten.
 
Burger: Genau aus diesem Grund empfehle ich meinen Kunden, schon bei der Angebots-phase darauf zu bestehen, den Projektleiter und den technischen Umsetzer kennen zu lernen. Den Vertriebsverantwortlichen, der vielleicht kompetent auftritt und sympathisch wirkt, sieht man ja später oft nie wieder. Und auch auf Kundenseite sollten die Hauptbeteiligten am Projekt jedenfalls in die Entscheidungsfindung miteinbezogen werden. Für die Entscheidung, die nach der Vorauswahl meist zwischen wenigen Anbietern auf der Shortlist fällt, empfehle ich meinen Kunden, vor allem auf das Gesamtbild zu achten. Es sind nicht so sehr konkrete Einzelkriterien, die den Ausschlag geben sollten, sondern vielmehr die Summe daraus: Wie interessiert zeigt sich ein Anbieter am Unternehmen? Wie gut ist das Team auf die individuelle Situation vorbereitet? Und vor allem wie ist der Umgang untereinander und gegenüber den Mitarbeitenden des potenziellen Kunden?
 
 

«In der Kundenbetreuung sehe ich den Trend zum Coaching»

Hansjörg B. Gutensohn

 
 

Kurze Zwischenfrage: Sie sprechen stets von den Beteiligten in der männlichen Form, gibt es denn keine Frauen im Bereich PIM?

Gutensohn: Sie haben Recht, das fällt auf. Leider ist der Frauenanteil gerade im technischen Bereich tatsächlich verschwindend klein. Dabei würde eine weibliche Sicht der Dinge den Projekten und den Teams sicherlich sehr guttun. Ich freue mich daher, dass wir bei Goodson gerade unsere erste Projektleiterin einstellen konnten. Und ich hoffe sehr, dass noch weitere folgen.
 
Burger: In punkto Frauenanteil kann ich nur zustimmen, hier sehe ich noch viel Entwicklungspotenzial. Für mich selbst ist der Austausch mit meiner Partnerin, die mich auch bei SIMIO unterstützt, essenziell. Ihre grosse Stärke liegt darin, Menschen auf Veränderungsprozesse vorzubereiten, sie einfühlsam und zielgerichtet zu coachen.
 
 

Zum Schluss noch eine Frage zu den Trends im Bereich Product Information Management. Welche Entwicklungen sehen Sie hier auf uns zukommen?

Gutensohn: Ich bin überzeugt, dass Künstliche Intelligenz auch im Bereich PIM zunehmen wird. Aber nicht, um den Menschen zu ersetzen, sondern um ihn zu unterstützen. Mit KI können viele Prozesse vereinfacht und damit effizienter gestaltet werden, etwa bei der Datenpflege oder im Fremdsprachenmanagement. Im Bereich der Kundenbetreuung sehe ich den Trend zum Coaching: Immer mehr Kunden wollen, dass man ihnen zeigt, wie’s geht. Heutige Standardsoftware – Standard nicht im Sinne von «von der Stange», sondern vielmehr im Sinne von strukturiert, effizient und zukunftstauglich – unterstützt nicht nur ein hohes Mass an Individualisierung, sondern lässt sich auch von gut geschultem Personal selbst erfolgreich bearbeiten. Das spart einerseits Kosten und holt andererseits wichtiges Know-how ins Unternehmen. Wir bauen daher die Goodson-Akademie und den Bereich Business Consulting deutlich aus.
 
Burger: Wir sehen bei uns in der Beratung eine ähnliche Entwicklung. Um kleinere Budgets bestmöglich zu nutzen, werden wir von Kunden zum Teil nur mehr punktuell hinzugezogen, anstatt den gesamten Prozess zu begleiten. Wir sind dann eine Art Coach bzw. Sparrings-Partner für den internen Projektleiter, der dann das operative Tun selbst übernimmt. Damit bieten wir gerade den Unternehmen mit kleineren Budgets eine Möglichkeit, trotz finanzieller Limitierungen auf unabhängige Expertise von aussen zuzugreifen und dadurch intern Kompetenzen aufzubauen. Die Resonanz auf dieses Angebot spiegelt für mich klar das wachsende Bewusstsein wider, dass die Digitalisierung und speziell PIM unternehmensrelevante Themen sind, die es nachhaltig zu stärken gilt.
 
Gutensohn: Das kann ich nur unterstreichen. Auf jeden Fall ist inzwischen bei vielen Unternehmen das Bewusstsein geweckt, dass Produktdaten wesentliche Unternehmenswerte sind – und auch die Erkenntnis, dass die digitale Produktkommunikation ein zentraler, wenn nicht gar der entscheidende Wettbewerbsfaktor ist. 
 
 
Dieser Beitrag wurde ermöglicht durch:
Goodson Softwaresolutions GmbH | AT-6900 Bregenz | www.goodson.at
SIMIO – Jürgen Burger | DE-82418 Murnau am Staffelsee | www.simio-analyse.de
 
 
 

 

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