Perfekt, aber es menschelt nicht: Warum KI-Texte uns oft kalt lassen

04.08.2025
3 Min.

Sie sind immer makellos, stets fehlerfrei und extrem gut konstruiert – und trotzdem will man sie oft nicht lesen: KI-Texte hinterlassen keinen Eindruck, ausser der leisen Ahnung, dass Sprache offenbar doch mehr ist als von Algorithmen berechnete Wirkung. Eine persönliche Betrachtung darüber, warum KI-Texten oft das Menschliche fehlt.

 

Symbolbild Copilot

 

Die Euphorie in vielen Unternehmen ist angesichts der generativen KI gross: Wozu noch eine Agentur beauftragen, eine Texterin beschäftigen, überhaupt Zeit und Geld in Content investieren? KI schreibt Texte schliesslich schneller, billiger, fehlerfrei. Da knallen die Korken in der Chefetage und auch die Buchhaltung freut sich.

Aber was passiert, wenn das Ergebnis der KI-Texterei seelenlos daherkommt, perfekt, aber etwas zu poliert, tadellos, aber ohne Geist? Zwischen ausgelutschten Buzzwords und tausendmal gehörten Floskeln entsteht ein neuer Typ Content: Formal perfekt, absolut fehlerfrei, inhaltlich jedoch generisch, oft auch irrelevant. Und deshalb werden diese Texte auch meist gar nicht gelesen.

Fehlschluss: Output, nicht die Wirkung zählt

Textschaffende sind eine gefährdete Spezies in einem System, das den Output misst, aber nicht die Wirkung desselben. Denn: Wer einen Text wirklich liest, sucht nicht den perfekten Satz, sondern die ehrliche Haltung dahinter. Wer auch gerne zwischen den Zeilen liest, vermisst bei KI-Texten die freudige Erwartung vor dem ersten Absatz, das leichte Zögern beim letzten Punkt. Und oft auch eine Erkenntnis.

Denn ein guter Text ist nicht nur ein Produkt, er ist auch immer ein Wagnis. Jemand öffnet beim Schreiben nämlich nicht nur die Schatulle des Wissens, sondern auch die Türe zur eigenen Persönlichkeit. Denn in jedem guten Text steckt auch immer etwas Menschliches: Erfahrungen, Ideen, Träume, Enttäuschungen – er besteht nicht nur aus aneinandergereihten Buchstaben, Worten und Satzzeichen. Sondern eben auch immer aus Mensch.

Doch genau das fehlt vielen KI-Texten. Ja, sie wurden mit Texten von Menschen trainiert – doch das, was dort herauskommt, ist perfekt. Etwas zu perfekt. Es menschelt nicht. Kein bisschen. Nicht, dass es Fehler braucht, um authentisch zu wirken, überhaupt nicht. Aber es braucht einen eigenen Stil, einen Geist, der den meisten KI-Texten fehlt.

Klar, es gibt mittlerweile auch KI-Programme, die KI-Texte vermenschlichen. Eigentlich verrückt, aber das zeigt einfach nur, dass eben genau dieses menschliche den meisten von LLM erstellten Texten fehlt.

Wenn nun ein Text zu perfekt ist, zu kühl, zu berechnend – wird er dann noch gelesen? Merkt ein Mensch, wenn ein Text von einer KI erstellt worden ist? Hat dieser Text die gleiche Wirkung?

KI vs. Mensch – was sagen die Vergleiche?

Natürlich wurde schon öfter untersucht, was menschliche und KI-Texte voneinander unterscheidet. Und die Resultate lassen sich auf drei Punkte eindampfen:

  • Perplexity & Burstiness: Menschliche Texte sind oft weniger vorhersehbar (Perplexity) und variieren stärker in Satzlänge und Rhythmus (Burstiness).
  • Emotionalität & Stil: KI-Texte wirken meist glatt und generisch, während menschliche Texte durch persönliche Erfahrungen, Emotionen und Stilnuancen glänzen.
  • Erkennbarkeit: Viele Lesende merken intuitiv, wenn ein Text «zu perfekt» klingt – das kann ein Hinweis auf KI sein. Aber aufgepasst: KI-Texte werden immer besser darin, sich als menschlich zu tarnen.

Kleines Experiment: Zwei Antworten auf eine Frage

Wagen wir ein kleines, absolut nicht wissenschaftliches Experiment. Der eine Text stammt von einem Menschen. Der andere von einer KI. Beide versuchen, die gleiche Frage zu beantworten: Was bedeutet eigentlich «klug formuliert»?

Doch wer hat welchen Text geschrieben? Lesen Sie beide und entscheiden Sie selbst. Und überlegen Sie: Woran erkennt man eigentlich Menschlichkeit in der Sprache?

Was bedeutet eigentlich  «klug formuliert»?

  1. Kluge Formulierungen zeichnen sich durch Präzision, Klarheit und Wirkung aus. Sie transportieren Inhalte effizient, ohne sprachliche Überladung, und erzeugen dabei ein hohes Mass an Verständlichkeit. Wenn ein Text strukturiert, logisch und sprachlich einwandfrei ist, gilt er gemeinhin als klug formuliert – besonders, wenn er in der Zielgruppe gut ankommt.

  2. Wenn jemand etwas klug formuliert, dann so, dass das Publikum ihm folgen kann. Er braucht also keine unnötigen Fachbegriffe, verschachtelt auch keine Sätze und kommt rasch auf den Punkt. Man hört ihm deshalb auch gerne zu bzw. liest gerne ihre Texte und hat danach etwas Neues gelernt.

Na, haben Sie sich schon Ihre Meinung gebildet?

Auflösung: Text 1 stammt von einer KI, nämlich Microsofts Copilot. Text 2 ist dafür von mir, also einem Menschen.

Und wenn Sie nun sagen: «War doch klar!» – dann fragen Sie sich vielleicht auch gleich, warum das klar war.

War es der Ton? Die Wortwahl? Eine kleine Irritation in der Formulierung? Vielleicht ist «klug formuliert» nicht das, was am meisten poliert ist und hübsch glänzt – sondern das, was nach dem Lesen auch tatsächlich hängen bleibt. Denn am Ende zählt nicht, wie perfekt ein Satz gebaut ist. Sondern ob er etwas bewirkt, also sozusagen einen kleinen Nachhall im Kopf hinterlässt.

Und zum Schluss die alles entscheidende Frage: Wenn ein Text berührt, ist es dann eigentlich wichtig, wer ihn geschrieben hat? Oder zählt nur, dass er berührt?

Eine Frage, die ebenfalls oft kontrovers diskutiert wird, insbesondere wenn es darum geht, KI-Texte als solche zu markieren. Was zählt hier mehr – Transparenz oder Wirkung? Was meinen Sie?

 

Der Autor

Alain Zanolari ist Redaktor und Content Manager bei topsoft