Patrick Büchler: "Der KI-Hype ist vorbei, jetzt geht es darum, praxisnahe Anwendungen zu schaffen"

12.11.2025
4 Min.

Decken sich die Bedürfnisse Schweizer KMU in Sachen IT mit den Plänen der IT-Anbieter für das Jahr 2026? Und was meinen ausgewiesene Fachpersonen zu den Trends? Der topsoft Trendkompass 2026 geht diesen Fragen auf den Grund. Hier lesen Sie die Antworten des Transformationsexperten Patrick Büchler.

 

Patrick Büchler ist Mitgründer und CEO der soxes AG mit langjähriger Erfahrung in digitalen Transformationsprojekten und der Entwicklung massgeschneiderter Softwarelösungen.

 

Welche IT-Entwicklungen prägen 2026 den Erfolg von KMU?

Im Jahr 2026 bleibt die durchgängige Prozessdigitalisierung bleibt entscheidend. D.h. Medienbrüche vermeiden, Abläufe vernetzen und mit digitalen Zusatzdiensten echten Mehrwert schaffen. Künstliche Intelligenz spielt dabei eine Rolle, wo sie sinnvoll eingesetzt wird. Nämlich dort, wo Unternehmen über die passenden Daten verfügen und dadurch spürbare Effizienz gewinnen.

 

Welche IT-Themen und Innovationen stehen 2026 bei Ihnen im Fokus?

Wir wollen 2026 weniger reden und mehr umsetzen. Deshalb investieren wir intern in unsere Entwicklungsplattform, damit wir Projekte stabiler und effizienter umsetzen können. Ausserdem nutzen wir KI dort, wo sie uns und unseren Kunden bei Automatisierung, Code-Qualität und smarten Prozessen unterstützt. So entstehen digitale Services, die echten Nutzen im Tagesgeschäft bringen.

 

Welche KI-Fragen bewegen Ihre Kunden im Jahr 2026?

Viele KMU fragen sich: Wie kann ich KI konkret einsetzen? Wo entsteht für mich und meine Kunden echter Mehrwert? Habe ich die Daten, um damit zu arbeiten? Wenn nicht, wie baue ich sie auf? Der Hype ist vorbei, jetzt geht es darum, praxisnahe Anwendungen zu schaffen, die Prozesse wirklich verbessern statt nur faszinieren.

 

Digitalisierung, Transformation, Automatisierung: Was hat sich seit 2025 verändert – und wo stehen KMU heute?

Die letzten Jahre haben zwei klare Entwicklungen gebracht: Einerseits ist KI stark in den Fokus gerückt. Andererseits steigt der Druck zur Digitalisierung weiter. Nach der Pandemie blieb der grosse Aufschwung aus, viele KMU kämpfen mit alternden Systemen und müssen nun handeln. Parallel bietet KI neue Chancen, wenn sie als Unterstützung und nicht als Ersatz verstanden wird. Erfolgreiche Anwendungen entstehen dort, wo Prozesse klar definiert, Daten solide und Ziele realistisch sind. Wer hingegen glaubt, Menschen ersetzen zu können, scheitert meist an der Komplexität. KI ist ein Werkzeug und kein Wundermittel. Entscheidend bleibt, sie sinnvoll in gut dokumentierte, strukturierte Abläufe zu integrieren und so echte Entlastung und Mehrwert zu schaffen.

 

Was sollten KMU 2026 nicht tun, wenn sie digital erfolgreich sein wollen?

Das grösste Risiko ist, 2026 Geld in KI-Projekte zu stecken, ohne zu wissen, was sie leisten können und was nicht. Viele Anbieter versprechen, Prozesse mit KI-Prototypen schnell zu lösen. Doch oft fehlen Grundlagen und Projekte werden teuer, bevor sie Nutzen bringen. Das endet oft ergebnislos. Mein Rat: Erst die Basis modernisieren, Datenqualität sichern, Strategien schärfen. Dann über KI sprechen. Ob Machine Learning oder LLM spielt erst danach eine Rolle. KI ist nicht gleich KI: Entscheidend ist der passende Einsatz, abgestützt auf Daten, Verständnis und klare Ziele. Nur so entstehen nachhaltige, wertvolle Lösungen statt kurzfristiger Experimente.

 

Welcher einzelne Trend oder welche Entwicklung wird 2026 Ihrer Meinung nach am meisten überschätzt – und welcher wird unterschätzt?

Absurderweise ist meine Antwort für beides KI. Sie wird massiv überschätzt, wenn man glaubt, sie könne jedes Problem lösen. Doch sie wird unterschätzt, wenn sie gezielt eingesetzt wird. Weg von «allwissenden Bots» wie ChatGPT und Sora, hin zu praktischen datengetriebenen Anwendungen, die Menschen entlasten und Entscheidungen besser machen.

 

Carte Blanche

2026 bleibt die Modernisierung bestehender Systeme zentral, gerade für KMU mit gewachsenen Applikationen. Wer digital erfolgreich sein will, sollte über Value Added Services, integrierte Plattformen und eine stärkere Verbindung zwischen physischer Produktion und digitalen Lösungen nachdenken. Das hat nichts mit kurzfristigen Trends zu tun, sondern mit nachhaltiger Wettbewerbsfähigkeit. Besonders in der Schweiz ist es entscheidend, Prozesse modern und innovativ zu halten, um die eigene technologische Führungsposition langfristig zu sichern.