Pascal Sieber: "Es ist an der Zeit, sich mit den Kernprozessen zu befassen."

06.01.2025
4 Min.

Decken sich die Bedürfnisse Schweizer KMU in Sachen IT mit den Plänen der IT-Anbieter für das Jahr 2025? Und was meinen ausgewiesene Fachpersonen zu den Trends? Der topsoft Trendkompass 2025 geht diesen Fragen auf den Grund. Hier lesen Sie die Antworten von Transformations-Spezialist Pascal Sieber.

 

Pascal Sieber ist Verwaltungsratspräsident der Dr. Pascal Sieber & Partners AG

Dr. Pascal Sieber ist Transformation Consultant und VRP der Dr. Pascal Sieber & Partners AG. Er hält ein Doktorat in Wirtschaftsinformatik, ist in verschiedenen Verwaltungsräten vertreten und Studiengangsleiter an der Universität Bern. Zudem verfügt er über langjährige Erfahrung in der Strategieentwicklung, digitalen Transformation und Unternehmensführung.

 

Welche IT-Trends sehen Sie als entscheidend für den Erfolg von Schweizer KMU im Jahr 2025?

Anhaltend ist der Trend, sich mit der generativen, künstlichen Intelligenz (KI) zu befassen. Die Plattformanbieter integrieren entsprechende Dienste, so dass KMU sie nicht ganz, aber quasi “ab der Stange” nutzen können. Als zweites beobachten wir eine Erneuerungswelle im ERP-Umfeld. Zu den Challenges zählen das integrierte Datenmanagement, die Integration von KI, die Adaption der Front-Ends. Zudem sind grössere Versionsupdates nötig. Für viele KMU ist dies mit einer Reorganisation des IT-Managements, des Sourcing und des Alignments mit dem Business verbunden.

 

Mit welchen konkreten Themen, Entwicklungen oder Innovationen beschäftigt sich Ihr Unternehmen im 2025?

Mit Blick auf unsere Kunden, sind wir mit der Agilisierung, Steigerung der Produktivität, bessere Sicherstellung der Qualität befasst. Dazu haben wir die Zertifizierung nach ISO 25010 aufgebaut, die jetzt für alle zugänglich ist. Zudem sind Datenstrategien, Cloudstrategien, Analytics und darauf aufsetzend der Einsatz von KI in der Geschäftsprozessoptimierung unsere wichtigsten Themen.

 

Alle reden von KI. Was fragen Ihre Kunden konkret in diesem Bereich nach?

Einerseits geht es um das Bewusstsein für die Chancen, aber auch die Risken. Dazu fragen die Kunden nach Workshops und Webinaren. Andererseits geht es um die Vorbereitung der Transformation. Dazu Fragen unsere Kunden nach der Entwicklung von Anwendungsfällen, und daraus erarbeiten wir die Geschäftsfälle, damit Investitionsentscheide getroffen werden können.

 

Digitalisierung, Transformation, Automatisierung: Die Schlagworte überfordern viele. Was ist Ihre Empfehlung, wie oder wo sollte ein KMU damit starten?

Wir sehen diese Schlagworte als Hinweise auf Suchfelder für die Verbesserung der Produktivität, das kontinuierliche Qualitätsmanagement, die Entwicklung von Wettbewerbsvorteilen. Ein KMU sollte also aus der geschäftlichen Sicht starten und sich fragen, welchen Wert versprechen wir unseren Kunden und wie “liefern” wir diesen Wert heute und morgen. Unserer Erfahrung nach, ist die Überforderung oft nicht persönlich, sondern systemisch. Erfolgreiche Unternehmen haben immer auch eine Reihe von organisatorischen und technischen Altlasten zu bewältigen. Darauf basiert der Erfolg von früher und heute. Diese Altlasten rechtzeitig, aber nicht zu früh abzubauen, um die Organisation für den Erfolg der Zukunft zu ebnen, ist oft recht komplex. Wie immer in solchen Situationen: Wichtig sind eine genügend gute Idee dafür, wo die Reise hingehen soll, viel Elan und Unabhängigkeit in der Haltung zur Umsetzung.

 

Carte Blanche

Wir stehen an der Schwelle zur vorläufigen Enttäuschung über die Nutzbarkeit der künstlichen Intelligenz. In dieser Phase ist es wichtig, trotzdem weiterzumachen, und die eher stille Zeit zu nutzen, um die Basis für die Skalierung der Geschäftsfälle zu schaffen. Dazu gehören die Entwicklung der Datenstrategie ebenso wie die Bereinigung technischer Altlasten, insbesondere in den Kernprozessen. Die digitale Transformation hat (auch wegen Corona) vor allem in den Support- und Managementprozessen stattgefunden. Jetzt ist es Zeit, sich mit den Kernprozessen zu befassen und eine kognitive Unternehmensarchitektur zu gestalten; mit kognitiv meinen wir, dass in allen Elementen ein Mass an selbstlernender Optimierung möglich gemacht wird.