Ökologischer und wirtschaftlicher Mehrwert durch industrielle Smart Services

24.09.2024
5 Min.

Die Nutzung von Daten für neuartige Services hat für produzierende Unternehmen grosse strategische Bedeutung. Ohne den Wert ihrer Daten zu kennen, ist es für Unternehmen aber schwierig, den Entscheid für die potenziell hohen Investitionen in deren Erhebung und Verarbeitung zu treffen. In diesem Artikel diskutieren wir daher Methoden zur Bestimmung des Wertes von Daten.

 

Symbolbild von KI erstellt

 

In einer Ära, in der die Bedeutung von Nachhaltigkeit und Effizienz stetig zunimmt, erweisen sich industrielle Smart Services als Schlüsselkomponenten für die Erreichung ökologischer und ökonomischer Vorteile. Diese intelligenten Dienstleistungen bieten Unternehmen die Möglichkeit, ihren Kunden, Partnern und sich selbst signifikanten wirtschaftlichen Mehrwert zu bieten. 
 
Neben dem finanziellen Aspekt tragen sie auch zum Umweltschutz bei, indem sie zum Beispiel den Betrieb optimieren und die Wartung von Produkten effizienter gestalten. Ein kritischer Faktor für den Erfolg solcher Services ist die gleichzeitige und systematische Verfolgung ökonomischer und ökologischer Ziele bei der Entwicklung.
 

Förderung der Kreislaufwirtschaft

Smart Services spielen eine entscheidende Rolle bei der Förderung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, indem sie Energie- und Servicekosten senken, Ineffizienzen minimieren und die Lebensdauer von Anlagen verlängern. Im Kunden-Lebenszyklusmodell, das aus den Phasen «Initiate», «Expand», «Stabilize» und «Terminate» besteht, schaffen Smart Services sowohl ökonomischen als auch ökologischen Wert, indem sie den Output verbessern, Risiken reduzieren und zu einer effizienteren Nutzung von Ressourcen beitragen.
 
Für Unternehmen resultiert aus dem Einsatz von Smart Services ein nachweisbarer wirtschaftlicher Mehrwert durch neue Umsatzquellen, Marktdifferenzierung, höhere Margen, wiederkehrende Cashflows und eine stärkere Kundenbindung. Diese Vorteile werden durch eine tiefere Einsicht in Kundenbedürfnisse und effektivere Innovationsprozesse ergänzt. Aus ökologischer Sicht fördern output-orientierte Services eine bessere Energie- und Materialnutzung, da die Anbieter dazu angehalten werden, Ressourcen effizient einzusetzen.
 
Zirkuläre Wertschöpfung lässt sich anhand von sogenannten R-Prinzipien beschreiben. Hierbei können Smart Services zum Beispiel eingesetzt werden, um den Nutzungsgrad von industriellen Produkten zu steigern (R-Prinzip: Rethink) oder den Betrieb ressourceneffizienter zu gestalten (R-Prinzip: Reduce). Des Weiteren kann durch Smart Services die Lebensdauer von Produkten erhöht (R-Prinzip: Repair) oder auch die Wiederverwendung von Maschinenkomponenten gesteigert werden (R-Prinzip: Remanufacture). Zuletzt können die bei Smart Services gesammelten Produktdaten auch dazu eingesetzt werden, dass Recycling ausrangierter Produkte zu verbessern (R-Prinzip: Recycle).
 

 

Phase

Ökonomischer Nutzen

Ökologischer Nutzen

Initiate

Gezielte Angebote durch Vorwissen über Kundenbedürfnisse führen zu erhöhten Verkaufschancen und geringeren Akquisitionskosten.

Vermeidung unnötiger Reisen und anderer Logistikaufwände durch gezieltere Kundenakquise.

Expand

Höhere Leistung durch gezieltes Training für die Kunden auf Basis von Daten, steilere Lernkurve.

Weniger Materialverlust und Ausschussteile dank steilerer Lernkurve.

Stabilize

Verbesserung der Produktleistung für die Kunden durch Smart Services (z. B. zustandsabhängige oder vorausschauende Wartung).

Weniger Materialverlust und Ausschussteile dank optimierter Wartung. Weniger Reisen zu den Kunden.

Terminate

Upgrading / Lifetime-Erweiterung / Kundenbindung auf Basis von Informationen über das Benutzungsverhalten.

Erhöhung der Langlebigkeit des Materials, 3 R-Strategien (reduce, reuse, recycle).

 

Ökonomischer und ökologischer Nutzen

Diese Tabelle bietet eine übersichtliche Darstellung des ökonomischen und ökologischen Nutzens von Smart Services in den verschiedenen Phasen des Kunden-Lebenszyklus. Sie zeigt auf, wie durch gezielte Angebote und Trainings, verbesserte Produktleistung durch intelligente Wartung und die Verlängerung der Lebensdauer von Produkten sowohl Kosten gesenkt als auch die Umweltauswirkungen minimiert werden können.
 
Fernwartung, als ein Beispiel, illustriert das ökologische Potenzial von Smart Services bei kontrollierbaren Kosten. Durch die Vernetzung des Produkts mit dem Anbieter über das Internet der Dinge (IoT) können Wartungsaufgaben aus der Ferne durchgeführt und manuelle Eingriffe vor Ort, wenn nötig, durch Fachpersonal per Videocall angeleitet werden. Dies reduziert die Notwendigkeit für Reisen, senkt die Kosten und minimiert ökologische Belastungen.
 
Die Diskussion betont, dass Smart Services eine synergetische Verbindung zwischen ökonomischem Gewinn und ökologischem Nutzen ermöglichen. Allerdings erfordern die Entwicklung und der Betrieb der notwendigen Dateninfrastruktur eine sorgfältige Bewertung der damit verbundenen Kosten. Eine zielgerichtete Gestaltung von Smart Services, die sowohl ökonomische als auch ökologische und soziale Ziele unterstützt, ist daher essenziell und verlangt nach einem methodischen Ansatz.
 
Die Autoren des Artikels, Jürg Meierhofer und Jochen Wulf, sind Experten auf dem Gebiet der Smart Services und bieten durch ihre Forschung und Lehrtätigkeit wertvolle Einblicke in die Schnittstelle zwischen Data Science und Service Engineering. Ihre Arbeit unterstreicht die Bedeutung einer integrierten Betrachtung von wirtschaftlichen und ökologischen Aspekten bei der Entwicklung nachhaltiger Services.

 

 

Die Autoren

Dr. Jürg Meierhofer unterrichtet und forscht an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), ist Koordinator der ZHAW Plattform Industrie 4.0, Vorstandsmitglied des Schweizer Service Verbands (SKDV) und Leiter der Gruppe «Smart Services» der data innovation alliance. 
Die Optimierung und Gestaltung von Smart Services bilden den roten Faden durch seine Tätigkeiten in diversen Branchen. www.zhaw.ch

 

Dr. Jochen Wulf ist an der ZHAW School of Engineering tätig und konzentriert sich auf AI Service Engineering und Operations Management. Er leitet Projekte wie «BePro-CEND», das produzierende Unternehmen bei der Umsetzung von Circular Economy durch Nutzung von Daten unterstützt, und entwickelt im Projekt «Learning Copilot» LLM-basierte Lernsysteme.

 

Der Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 24-2

 

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