Nachhaltiger Onlinehandel: 3 Empfehlungen und wo der SAC steht

12.04.2021
6 Min.
Die Hochschule Luzern führte 2020 zum dritten Mal eine Onlinehändlerbefragung im Auftrag der Schweizerischen Post durch. Erstmals tat sie dies mit dem Schwerpunktthema Nachhaltigkeit und untersuchte dabei Aspekte von der Auswahl des Sortiments bis zum Versand. Aus den Studienergebnissen formulierten die Autoren drei konkrete Handlungsempfehlungen für den Onlinehandel. Andreas Mathyer erläutert zudem, wie grün dieser beim Schweizer Alpen-Club ist.
 
(Bild: apichon_tee / Adobe Stock)
 
2020 war ein boomendes Jahr für den Onlinehandel, die Umsätze wuchsen rasant. Damit einher gehen ein viel höheres Zustellvolumen durch die Post, ein Mehrverbrauch von Verpackungsmaterial, Rücksendungen und natürlich die Produktion der Artikel für den Onlinehandel selbst. 
 
Aus der Onlinehändlerbefragung der Hochschule Luzern resultieren wertvolle Erkenntnisse in Bezug auf die Nachhaltigkeit und drei konkrete Handlungsempfehlungen. 
 
 

1. Nachhaltige Produkte einfach auffindbar machen

Gemäss Befragung stammt mindestens die Hälfte der von den Onlineshops angebotenen Produkte aus einer ressourcenschonenden Produktion. Auch faire Arbeitsbedingungen sind für viele der befragten Onlineshops ein wichtiges Kriterium: Gut drei Viertel ihres Sortimentes werden nach eigenen Angaben fair produziert. Das ist erfreulich, wird bloss zu wenig offensiv kommuniziert. Zwar findet man in den Produktbeschrieben Hinweise zur Nachhaltigkeit. Es klafft aber eine eklatante Lücke, wenn es um die spezifische Kennzeichnung und den entsprechenden Auswahlfilter für nachhaltige Produkte geht. 
 
Unsere Empfehlung: Kommen Sie den Bedürfnissen der Kundschaft entgegen. Machen Sie besonders nachhaltige Produkte einfach auffindbar, zum Beispiel durch entsprechende Produktfilter oder Labels bei den Produkten selbst. 
 
 

Die Highlights der Onlinehändlerbefragung 2020

  • Mindestens 50 Prozent der online angebotenen Produkte stammen aus nachhaltiger Produktion.
  • Die Mehrheit der Befragten verpackt mit Recycling-Material, für die Füllung sind es knapp die Hälfte. Ein Drittel arbeitet komplett ohne Plastik.
  • Komplexer umsetzbare Massnahmen wie langsamerer Versand oder lokal angepasste Logistiklösungen sind wenig verbreitet.
  • Alle Resultate der Onlinehändlerbefragung 2020 finden Sie unter: www.post.ch/digital-commerce-studien

 

Onlinehändlerbefragung 2021 – jetzt teilnehmen

 
 

2. Die Verpackung ist Teil der Customer Experience 

Ist die Bestellung erfolgt, geht das Paket auf seine Reise. Oberstes Ziel: Es soll unversehrt beim Empfänger ankommen und beim Auspacken ein positives Erlebnis kreieren. Welche Verpackung bietet sich also an? Verwendet man grössenoptimierte Verpackungen, hat das einen positiven Einfluss auf die Transportkapazitäten und die Abfallproduktion. Rund die Hälfte der befragten Shops praktiziert dies bereits.
 
Aber nicht nur das: Auch am vorerst letzten Touchpoint der Reise, nämlich beim Kunden selbst, hinterlässt sie eine Wirkung. Kundinnen und Kunden möchten sich nicht mit unendlich viel Verpackungs- und Füllmaterial herumschlagen. Trotzdem verzichtet erst knapp ein Drittel der befragten Onlineshops auf Stopfmaterial oder zumindest auf Plastik. 62% der Onlineshops gehen einen Schritt weiter und verwenden recyclebares Verpackungsmaterial. Mehrwegverpackungen bilden einen verschwindend kleinen Anteil. Doch das könnte ein perfekter Ansatz sein. 
 
Wir empfehlen: Denken Sie über die blosse Funktion der Verpackung hinaus. Beziehen Sie mit ein, welche Customer Experience in Kombination mit der Nachhaltigkeit damit verbunden ist.
 
 

3. Im Austausch nachhaltige Zustellungsmöglichkeiten finden

Die Mehrheit der Umfrageteilnehmenden ist offen für nachhaltige Logistiklösungen. Bei der konkreten Umsetzung resp. im Angebot von nachhaltigen Versandoptionen besteht jedoch Handlungsbedarf. Die wenigsten Onlineshops bieten einen langsameren oder einen klimaneutralen Versand an. Auch Velolieferdienste in Kombination mit Zug oder E-Cargo-Bikes sind noch so gut wie keine Option. Gleichzeitig geht die Mehrheit der Onlineshops aber davon aus, dass Kunden innerhalb der nächsten zwei Jahre vermehrt nachhaltige Versandoptionen wünschen. 
 
Unsere Empfehlung: Miteinander reden hilft. Packen Betreibende von Onlineshops und Logistikdienstleister diese Herausforderung gemeinsam an, kommt man effizienter zu nachhaltigen Versandoptionen. 
 
 
 
Interview von Michael M. Nussbaumer mit Andreas Mathyer, Verlagsleiter SAC

Schweizer Alpen-Club SAC: grüner Onlinehandel? 

Mit dem Thema Nachhaltigkeit im Onlinehandel befasste sich auch Andreas Mathyer, Verlagsleiter des SAC. Im Rahmen seiner Seminararbeit im CAS Online Shop and Sales Management ergründete er das Thema für den viertgrössten Sportverband der Schweiz mit 160‘000 Mitgliedern. Im Onlineshop des SAC sind über 700 Artikel bestellbar – von Büchern, Swisstopo-Landeskarten, Clubshop-Artikeln bis hin zu Abonnements für das Online-Tourenportal.
 
Andreas Mathyer ist Verlagsleiter Buch beim Schweizer Alpen-Club SAC mit Sitz in Bern. Er leitet den Verkauf sämtlicher Verlagsprodukte.
 
 

Michael M. Nussbaumer: Wie grün ist der Onlinehandel beim SAC? 

Andreas Mathyer: Die Seminararbeit zeigt auf, dass sich der SAC-Buchverlag mit seinem Onlineshop als wichtigstem Vertriebskanal grundsätzlich als umweltverträglich einstufen lässt. Man verpackt Bücher grössenoptimiert und verwendet kein Füllmaterial. Die Auslieferung erfolgt mit der Schweizerischen Post. Deren Fahrzeugflotte ist zu einem grossen Teil elektrifiziert und soll bis 2030 emissionsfrei zustellen. Der Betrieb des SAC-Onlineshops verbraucht aufgrund seiner Grösse relativ wenig Strom. Die Bücher stellen wir mit FSC-Mix-Papier her.
 

Das klingt soweit vorbildlich. Wo setzt ihr an, um euch weiter zu verbessern? 

Obwohl die SAC-Bücher auf FSC-zertifiziertem Papier gedruckt werden, verursacht die Herstellung dieses Rohstoffs einen hohen CO2-Ausstoss. Somit sollte ein Fokus auf der CO2-Kompensation liegen. Auch in kleineren Bereichen möchten wir Optimierungen anstossen, um der klaren Ausrichtung auf ein ressourcenschonendes Handeln gerecht zu werden – zum Beispiel, indem wir für das Einschweissen der Bücher künftig auf Plastik verzichten.
 

Wie sieht es beim Onlineshop selber aus? 

Auch wenn der Shop relativ wenig Strom verbraucht: Um den Betrieb des Onlineshops nachhaltiger zu gestalten, sollte das Hosting des gesamten SAC-Webauftritts auf Servern laufen, die mit einem ökologischen Strommix betrieben werden.
 

Gerade bei technischen Aspekten wie beim Hosting ist es für die Kundinnen und Kunden schwierig zu erkennen, wie schwer die Umwelt tatsächlich belastet wird. 

Das sehe ich genauso. Aus diesem Grund ist die Sensibilisierung eine zentrale Aufgabe. Selbst der Onlinekauf eines SAC-Wanderführers hat einen gewissen Einfluss auf die Umwelt. Begleiten wir Kundinnen und Kunden also in Zukunft kommunikativ auf ihrer Shoppingreise und geben wir ihnen beim Check-out noch die Möglichkeit, den CO2-Ausstoss ihres Kaufs zu kompensieren. So zeigt der SAC auf, dass ihm das Thema wichtig ist. Daraus kann eine positive User
Experience und eine engere Kundenbindung entstehen. Denn auch für SAC-Mitglieder, dem grössten Kundensegment im hauseignen Onlineshop, ist die Konkurrenz nur diesen einen berüchtigten Klick entfernt. Differenzierung ist also auch bei uns wichtig.
 

Diese Vorteile der Kundschaft zu kommunizieren, ist zentral. Mich erstaunt es immer wieder, wie zögerlich Unternehmen und Organisationen ihre Anstrengungen zu Gunsten der Nachhaltigkeit kommunizieren. Wie sieht das beim Schweizer Alpen-Club aus?

Dass sich der SAC-Gesamtverband stark für den Klimaschutz engagiert, kommunizieren wir bereits auf vielfältige Art und Weise. Es ist sicher auch sinnvoll, die Kommunikation von Nachhaltigkeitsaspekten entlang des E-Commerce-Kaufprozesses zu intensivieren – so nimmt unsere Kundschaft die getroffenen Massnahmen besser wahr. Auf der Landingpage des Shops, in den Product Views, im Checkout und in den Transaktionsmails sollten die entsprechenden Angaben platziert werden – beispielsweise in Form von Nachhaltigkeitslabels.
 

Zum Schluss: Inwiefern hat dich der CAS Online Shop and Sales Management der Hochschule Luzern dabei unterstützt, euren Onlineshop weiterzuentwickeln?

Dank der Themenbreite und dem ausgeprägten Praxisbezug habe ich einen guten Überblick erhalten, wie ich unseren Onlineshop einstufen kann. Das Optimierungspotenzial lässt sich realistisch einschätzen und man erkennt, wo und wie man ansetzen sollte. Als wertvoll empfand ich auch die verschiedenen Frameworks und Vorlagen. Sie helfen nämlich, ein Optimierungskonzept aufzugleisen. Und nicht zuletzt habe ich interessante Menschen aus unterschiedlichsten Branchen und Firmen kennengelernt. Für Onlineshop- und E-Commerce-Verantwortliche gibt es also viele gute Gründe, sich diese Weiterbildung genauer anzusehen.
 
 
 

Das Autorenteam

  
Dr. Thomas Wozniak (l.) ist Forschungskoordinator und Dozent am Institut für Kommunikation und Marketing IKM der Hochschule Luzern – Wirtschaft.
Forschungsprojekte am IKM: www.hslu.ch/ikm-forschung
Michael M. Nussbaumer (r.) ist Dozent und Leiter des CAS Online Shop and Sales Management an der Hochschule Luzern. Er ist zudem Gründer der E-Commerce-Agentur M8 GmbH. Weiterbildung CAS Online Shop and Sales Management: www.hslu.ch/osm
 
 

 

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