Ob Mobilität, Wohnen oder Konsum, alles wird auf Nachhaltigkeit getrimmt. Doch in einem Feld fehlt noch etwas das Bewusstsein dafür: In der Welt der IT und hier insbesondere bei der Software. Dabei schlummert hier ein besonders grosses Potenzial, das sich auch in barer Münze auszahlt.
Nachhaltige Software ist sorgfältig und schlank programmiert. (Bild zVg von Löwenfels)
Heutzutage ist Nachhaltigkeit schon fast ein Muss: Wir achten zum Beispiel bei den Lebensmitteln auf lokale Erzeugnisse, recyclen PET und kaufen langlebige Produkte statt Billigware.
Auch in der IT gibt es Bestrebungen, diese nachhaltiger zu gestalten. Dabei wird oft auf Ökostrom gesetzt, energieeffiziente Geräte beschafft, Cloud-Lösungen statt eigener Server gewählt oder auf recycelte Materialien für die Hardware geachtet.
Wenn es aber um Business-Software geht, da greifen viele Unternehmen zu einem traditionellen Produkt, ohne sich über dessen Nachhaltigkeit Gedanken zu machen. Dabei wirkt sich die nachhaltige Wahl bei der Software positiv aus – nicht nur im Portemonnaie, sondern auch für Umwelt und Gesellschaft.
IT verursacht Emissionen
Allerdings geht es bei nachhaltiger Software gar nicht primär um den Umweltschutz, sondern um Effizienz und Langlebigkeit. Aber die Umwelt spielt natürlich auch eine Rolle.
Denn auch wenn eine Software allein noch kein CO2 produziert, die Nutzung der Lösung durchaus. So verbraucht jede Datei, jedes Dokument und jedes Bild Speicherplatz, egal ob auf dem Computer, dem eigenen Server oder in der Cloud.
Deshalb ist es wichtig, sich jeweils zu fragen: Brauche ich dieses Dokument wirklich? Reicht die neuste Version oder muss ich alle zehn Versionen der Datei behalten? Muss das Bild so gross abgespeichert werden oder tut es auch ein Bild mit geringerer Auflösung?
Das Reduzieren von Dateien hilft also bereits, etwas nachhaltiger zu sein. Oder anders gesagt: «Löschen ist grün».
Wie viel CO2 eine einzelne Datei tatsächlich verbraucht, ist allerdings umstritten. Doch bei jeder Arbeit am Computer entsteht indirekt Kohlendioxid. Wir wissen zum Beispiel, dass eine simple Google-Suche zwischen 0,2 und 10 Gramm CO2 produziert, je nachdem, wie man den Stromverbrauch der Server, Netzwerke und Endgeräte berücksichtigt. Das ist nicht wenig.
Dazu kommt: Moderne Anwendungen werden heute fast immer über die Cloud bereitgestellt. Das exponentielle Wachstum von cloudbasierten Diensten hat zu immer mehr stromintensiven Rechenzentren geführt. Diese verbrauchen heute etwa 2 Prozent des weltweiten Stroms; bis 2030 wird mit einem Verbrauch von bis zu 8 Prozent gerechnet.
Deshalb kommt auch hier der nachhaltigen Software eine immer wichtigere Rolle zu.
Was aber ist nachhaltige Software?
Prinzipiell ist nachhaltige Software kein «nice to have» mehr. Seit Anfang 2023 werden vom Bund für die Beschaffung von Software in den Ausschreibungen gar neue Standards bei der Nachhaltigkeit eingefordert.
Um nachhaltig zu sein, muss eine Software sorgfältig und schlank programmiert werden. Einfach gesagt: Je komplizierter der Code ist, umso langsamer laufen die Prozesse. Mit der Zeit nimmt die Effizienz einer schlecht programmierten Lösung tendenziell ab, was sich auch wieder bei den Kosten zeigt.
Und nicht nur das: Bei allfällig benötigten Anpassungen ist die Arbeit aufwendiger und damit ebenfalls wieder teurer. So ist zum Beispiel das Programmieren einer benötigten Schnittstelle zu einem Umsystem schnell mit grossem Aufwand und Kosten verbunden.
Dazu kommt, dass herkömmliche Software nach einigen Jahren oft komplett durch eine neue Lösung ersetzt werden muss, weil sie schwerfällig und unflexibel geworden ist.
Effiziente und dauerhafte IT-Lösungen
Die nachhaltige Softwareentwicklung ist die Kunst, einen ressourcenschonenden Code zu entwickeln, der anpassungsfähig ist, einfach gewartet werden kann und effizient arbeitet. Wichtig ist zudem, dass die Software über passende Schnittstellen zu allen benötigten Umsystemen verfügt.
Folgende Prinzipien stehen bei der nachhaltigen Softwareentwicklung im Vordergrund:
- Anpassung des Bedarfs: Die Software ist so zu skalieren, dass sie sich an den Bedarf des Unternehmens anpasst und damit nicht wertvolle Ressourcen verschwendet. Unnötige Funktionen werden weggelassen.
- Optimierung: Die Software wird kontinuierlich getestet, aktualisiert und verbessert, um allfällige Fehler zu erkennen und zu beheben sowie die Leistung zu steigern.
- Netzwerkeffizienz: Daten für die Übertragung über das Netzwerk werden so weit reduziert und komprimiert, dass Bandbreite und Energie gespart werden.
- Stromverbrauch: Der Stromverbrauch der Software wird so gut es geht mittels energiesparender Algorithmen optimiert.
An den beiden letzten Punkten wird zurzeit besonders intensiv gearbeitet, stellen diese doch eine Herausforderung dar.
Fazit ist: Von Anfang an optimal programmiert, funktionieren qualitativ hochwertige Codes über eine lange Zeit und die Software kann so viel länger im Einsatz bleiben.
Dabei ist nachhaltig programmierte Software in der Anschaffung nicht etwa teurer als traditionelle IT-Lösungen. Aber sie ist auf lange Sicht die bessere Investition für ein Unternehmen und bietet auch einen grösseren Return on Investment (ROI).
Unkomplizierte Wartung als A und O
Um besagte Effizienz von nachhaltiger Software hoch zu halten, ist eine regelmässige Wartung massgebend. So können Fehler ausgemerzt und die Zuverlässigkeit weiter erhöht werden.
Die drei wichtigsten Punkte bei der Wartung von nachhaltiger Software sind:
- Refactoring: Dabei werden Strukturverbesserung an Quelltexten vorgenommen, ohne dass sich das Verhalten des Systems verändern. Ziel ist es, den Code so schlank und effizient wie möglich zu gestalten. Altlasten dürfen gar nicht erst entstehen, dies ist deshalb ein laufender Prozess.
- Hoher Testautomatisierungsgrad: Testaktivitäten werden im Bereich der Software-Qualitätssicherung weitgehend automatisiert durchgeführt, so dass Fehler rasch erkannt werden können.
- Agilität: Hier geht es darum, flexibel und rasch auf Probleme in der Software zu reagieren. Diese Lösungen werden regelmässig mit der Kundschaft abgestimmt.
Durch diese Massnahmen kann die Software über viele Jahre zuverlässig laufen, ohne dass sie ersetzt werden muss.
Zahlreiche Vorteile nachhaltiger Software
Der Einsatz einer nachhaltigen Software kann verschiedene Vorteile für das Unternehmen haben, wie beispielsweise:
- Kosteneinsparung: Eine nachhaltige Software verbraucht weniger Speicherplatz und damit auch weniger Strom, was die Betriebskosten senkt. Ausserdem kann eine nachhaltige Software viel länger genutzt werden. Dies reduziert die Investitionskosten und erhöht den ROI.
- Wettbewerbsfähigkeit: Eine nachhaltige Software kann die Kundenzufriedenheit erhöhen, indem sie schneller, zuverlässiger und benutzerfreundlicher ist. Dies erhöht auch die Arbeitszufriedenheit und senkt so die Fluktuationsrate bei den Mitarbeitenden.
- Innovation: Eine nachhaltige Software erfordert eine kreative und flexible Herangehensweise an die Softwareentwicklung. Dies kann als Nebeneffekt auch neue Lösungen und Möglichkeiten für andere Bereiche hervorbringen, zum Beispiel bei Mobilität, Bildung oder Gesundheit.
Je nach Art und Einsatz der Software sind noch weitere Vorteile zu erwarten.
Nachhaltige Software für Sie?
Wenn Sie planen, in Zukunft ebenfalls auf nachhaltige Software zu setzen, hier zwei wichtige Tipps:
- Starten Sie mit einem Minimal Viable Product. Schrittweise werden dann genau die Funktionen erstellt, welche den grössten Nutzen bringen und auch wirklich benötigt werden.
- Kommunizieren Sie klar, welche Werte der Nachhaltigkeit für Sie wichtig sind. So können Ihre individuellen Bedürfnisse optimal berücksichtigt werden.
Auf diese Weise kommen Sie und der gewählte IT-Partner ins Gespräch und diskutieren nicht nur über Funktionalitäten, sondern auch über die Langlebigkeit der Software und ihre Auswirkungen auf die Umwelt.
Klar ist: Man muss manchmal Kompromisse finden zwischen Umwelt- und Geschäftszielen, die aber individuell herausgearbeitet werden können. Aber der erste Schritt ist gemacht, damit auch Ihr Unternehmen dank nachhaltiger Software in eine effizientere Zukunft starten kann.
Der Autor
Frank Buchli ist CBO der
Löwenfels Partner AG. Als Chief Business Officer zeichnet er für das operative Geschäft der Löwenfels verantwortlich und leitet den Verkauf und das Marketing. Sein Studium der Informatik und der Betriebswirtschaftslehre hat er an der Universität Bern abgeschlossen.
In seiner IT-Karriere hat Frank Buchli vielfältige verantwortungsvolle Aufgaben übernommen, die von Programmierung und Architektur über Projektleitung bis hin zu verschiedenen Managementfunktionen reichen.
Dieser Beitrag wurde ermöglicht durch Löwenfels Partner AG. Das Luzerner Unternehmen entwickelt massgeschneiderte Software-Lösungen für Schweizer Behörden und KMU, um deren Arbeitsabläufe zu vereinfachen und die Effizienz in komplexen regulatorischen Umgebungen zu steigern. www.loewenfels.ch
Der Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 23-3
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