Dokumentenmanagement-Systeme (DMS) sind in Schweizer Unternehmen heutzutage kaum mehr wegzudenken. Vermehrt nutzen moderne DMS-Lösungen dabei fortschrittliche Technologien, wie beispielsweise künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen oder Workflow-Engines. Die Effizienz und Sicherheit des Dokumentenmanagements verbessert sich fortlaufend und passt sich den wachsenden Anforderungen in allen Branchen an. Hand aufs Herz: Können Sie wirklich noch darauf verzichten?
Ein DMS kann in allen Branchen und Organisationen von Nutzen sein, egal, wie gross das Unternehmen ist. Wichtig ist, dass die Bedürfnisse und Ziele bekannt sind. Dafür sind die sorgfältige Analyse und die Bewertung der aktuellen Arbeitsabläufe sowie der gewünschten Verbesserungen im Dokumentenmanagement unabdingbar. Weiter hilft dies auch, um festzustellen, wo und in welcher Ausprägung ein DMS geeignet ist oder nicht.
Wer profitiert von einem DMS?
Dokumentenmanagement-Systeme eignen sich insbesondere für Unternehmen, die viele Dokumente erzeugen und verwalten. Mit einem DMS werden Unterlagen effizient organisiert, gespeichert, gefunden und geteilt. Auch wenn die Zusammenarbeit über Abteilungen, unterschiedliche Standorte oder gar über globale Teams hinweg verläuft, bringt ein DMS grosse Vorteile.
Ein DMS ermöglicht eine nahtlose Zusammenarbeit sowie die gleichzeitige, ortsunabhängige Bearbeitung und den Austausch von Dokumenten.
Durch die Automatisierung von Arbeitsabläufen, die schnelle Suche nach Informationen und die Reduzierung von manuellen Arbeitsschritten können Mitarbeitende ihre Zeit effektiver nutzen. Und wer sich endlich vom physischen Archiv, dem unnötigen Platz- und Papierverbrauch lösen möchte, freut sich ebenfalls über ein DMS.
Ein weiterer, oft sehr wichtiger Punkt, sind die Compliance-Anforderungen, welchen Rechnung getragen werden muss. Der Einsatz eines Dokumentenmanagement-Systems erleichtert die Einhaltung von Aufbewahrungsfristen, die Verwaltung von Zugriffsrechten, die Nachverfolgung von Änderungen sowie die Erstellung von Audit-Trails.
Braucht ein KMU überhaupt ein DMS, es gibt doch Microsoft 365 oder Google Workspace?
Eine berechtigte Frage. Dabei ist zu beachten, dass die Unterschiede zwischen Microsoft 365, Google Workspace und einem DMS in Bezug auf Funktionalität, Integration und Preisgestaltung doch gross sind.
Funktionalität
Ein DMS ist darauf spezialisiert, Dokumente zu verwalten, zu speichern, zu organisieren und zu sichern. Der gesamte Lebenszyklus der Dokumente wird abgedeckt: von der Erzeugung bis zur Vernichtung. Zusätzlich können Dokumente – je nach Anbieter – in einem DMS-Archiv (lokal oder in der Cloud) rechtskonform nach schweizerischen und internationalen Vorschriften bzw. Gesetzen zur Archivierung aufbewahrt werden. Ein DMS bietet Funktionen wie Versionierung, Metadatenverwaltung, Workflow-Management, Volltextsuche, Verwaltung von Aufbewahrungsfristen, Verschlüsselung und Zugriffskontrolle.
Bei Microsoft 365 geht die umfassende Produktivitätssuite über Anwendungen wie Word, Excel und PowerPoint hinaus. Es umfasst auch Funktionen für die Zusammenarbeit wie E-Mail, Kalender, Cloud-Speicher (OneDrive), Messaging (Teams) und mehr. Das Dokumentenmanagement ist ein Teil von Microsoft 365, insbesondere durch die Komponenten SharePoint Online und OneDrive for Business.
Google Workspace bietet Anwendungen wie Google Docs, Sheets und Slides für die Erstellung und Bearbeitung von Dokumenten sowie Google Drive als zentrale Speicher- und Dokumentenmanagement-Plattform. Dazu gehören auch E-Mail, Kalender, Instant Messaging (Hangouts) und Videokonferenzen (Meet).
Integration
Wenn wir einen Blick auf die Integration werfen, lassen sich folgende Unterschiede feststellen: Während sich ein eigenständiges DMS leicht und variabel in andere Systeme wie beispielsweise Office out-of-the-box integrieren lässt, bietet Microsoft 365 eine umfangreiche Integration mit anderen Microsoft-Produkten und Diensten und Google Workspace eine enge Integration zwischen Google Docs, Sheets, Slides und Google Drive. Microsoft 365 und Google Workspace werden oft auch als «stärker in sich geschlossene Gesamtlösungen» bezeichnet.
Preisgestaltung
Die Kosten für ein DMS variieren je nach Anbieter und den Anforderungen des Unternehmens. Es gibt unterschiedliche Modelle, wie zum Beispiel einmalige Lizenzen oder Abonnementgebühren. Microsoft und Google bieten verschiedene Pläne und Preismodelle für Unternehmen an, je nach Grösse und Anforderungen. Die monatlichen Kosten richten sich nach der Anzahl der Nutzenden sowie den enthaltenen Funktionen. Die Preise variieren auch je nach den ausgewählten Funktionen sowie dem Supportlevel.
Jede Lösung hat ihre Stärken und Schwächen. Die Wahl hängt somit von verschiedenen Faktoren ab, wie den Funktionalitäten, den bevorzugten Anwendungen, der Integration (flexible Umsetzungsmodelle), dem Budget, dem Support oder auch der Benutzerakzeptanz. Es gilt, eine sorgfältige Analyse und Bewertung der unterschiedlichen Lösungen vorzunehmen, um die für das Unternehmen am besten geeignete Option auszuwählen.
Erfolgreich ein Dokumentenmanagement-System einführen
Wer sich für die Einführung eines DMS im Unternehmen entscheidet, sollte schon zu Beginn einige Punkte beachten:
1. Mitarbeitende und Management miteinbeziehen
Der erste Schritt ist, dass alle Verantwortlichen aus verschiedenen Abteilungen sowie das Management an einen Tisch sitzen. Es soll aufgezeigt werden, welche Verbesserungen das Arbeiten mit einem DMS mit sich bringen wird. Beispielsweise wird durch die Automatisierung Arbeitszeit eingespart, welche die Mitarbeitenden für ihre Kernaufgaben nutzen können. Dieser Austausch zeigt dann die wesentlichen Punkte für die unterschiedlichen Fachabteilungen auf. Die Akzeptanz eines DMS kann so gefördert werden, etwaige Ängste und Einwände können ebenfalls früh erkannt und gleich beseitigt werden.
2. Erfassen der Arbeitsschritte
Die Arbeitsschritte in Prozessen sollen detailliert festgehalten werden. Daraus kann abgeleitet werden, an welchen Stellen angesetzt werden muss, um zukünftig einen möglichst hohen Automatisierungsgrad innerhalb der Dokumentenflüsse erreichen zu können. Das Hinterfragen der aktuellen Arbeitsschritte kann sehr hilfreich sein – denn nur weil «man es immer so gemacht hat», muss es nicht zwingend optimal sein.
Wichtige Kennzahlen hierfür sind zum Beispiel die Zeitaufwände für:
- Postempfang / Triage / Verteilung
- Datenerfassung
- Klassifizierung / Ablage
- Genehmigungsschritte (Anträge, Spesen, Rechnungen, Ferien etc.)
- Dokumenten- und Informationssuche
3. Struktur, Zugriffsberechtigungen, Aufbewahrungsfristen
Struktur
Nachdem klar ist, wie viel Zeit für das Dokumentenmanagement aufgewendet wird und welche Wege die Dokumente im Betrieb gehen, muss die Struktur des zukünftigen DMS evaluiert und definiert werden. In welcher einheitlichen Struktur wurden die Dokumente abgelegt, mit welchen Metadaten wurden diese angereichert? Existiert bereits eine einheitliche Struktur oder muss diese erst erarbeitet werden? Anhand dieser Analyse zeigt sich, bei welchen Dokumenttypen hinsichtlich Automation auch Potenzial vorhanden ist. Ebenfalls wird ersichtlich, wo gewisse Dokumente zu sogenannten Dossiers gebündelt werden können. Oftmals spricht man in diesem Schritt von einem Dokumentenplan mit den für das jeweilige Unternehmen benötigten Dokumenttypen.
Zugriffsberechtigungen
Je nach Dokumenttyp/Dossier ist es möglich, dass nicht alle Informationen von allen Mitarbeitenden eingesehen oder gar bearbeitet werden können. Mit einem DMS kann dies flexibel über sogenannte Benutzergruppen gesteuert werden. Beispiele heikler Dokumente sind:
- Medizinische Unterlagen in einem Personaldossier
- Strategische Dokumente der Geschäftsleitung
- Verträge in einem Kundendossier
Aufbewahrungsfristen
Je nach Dokumenttyp müssen diese gemäss den rechtlichen Vorgaben über einen gewissen Zeitraum aufbewahrt werden, bevor sie gelöscht werden. Mit einem DMS und einer einheitlichen Dokumentenablage unterliegen die Aufbewahrungsfristen einer steten Kontrolle und bewegen sich so innerhalb der rechtlichen Anforderungen.
4. Bestehende IT-Systeme prüfen
Ein DMS wird generell an bereits bestehende Kern-Systeme angebunden. Über Schnittstellen werden bspw. Stammdaten ausgetauscht oder das Kern-System fragt Informationen aus dem DMS ab. Hier ein paar Beispiele für mögliche anzubindende Fachapplikationen:
- Enterprise Resource Planning (ERP)
- Personalverwaltungssystem (HRM)
- Kundenverwaltungssystem (CRM)
- Buchhaltungssoftware
- Tool für digitale Unterschriften
- Active Directory
5. Veränderung durch Inklusion ermöglichen
Für eine erfolgreiche DMS-Einführung sollten die obgenannten Punkte beherzigt werden. Die Personen aus den jeweiligen Fachabteilungen können dabei wertvolle Inputs hinsichtlich Struktur von Dossiers, Häufigkeit und Art der Zugriffe und der Dokumentenflüsse geben. Mitarbeitende müssen aktiv mit ins Projekt einbezogen und der Mehrwert aufgezeigt werden. Dadurch wird das Vertrauen für die bevorstehende Veränderung gefördert.
Archiv ist wichtiger Bestandteil des DMS
Die Archiv-Funktion eines DMS dient der langfristigen, sicheren Aufbewahrung und Verwaltung von Dokumenten, die nicht mehr aktiv bearbeitet oder benötigt werden, jedoch aus rechtlichen, regulatorischen oder geschäftlichen Gründen aufbewahrt werden müssen.
Unternehmen müssen bei der Archivierung die rechtlichen Anforderungen in Bezug auf die Aufbewahrung von Dokumenten in verschiedenen Rechtsgebieten (z. B. Steuerrecht, Datenschutzgesetze) berücksichtigen. Entsprechend den festgelegten Vorgaben werden die Dokumente im Archiv organisiert und verwaltet, wobei integrierte Funktionen für das Lifecycle-Management der Dokumente Unterstützung bieten.
Es ist wichtig, dass der Zugriff auf die archivierten Dokumente bei Bedarf jederzeit möglich ist. Weiter gilt es sämtliche Zugriffe in einem Archiv aufzuzeichnen. Die Systeme verfügen über eine geeignete Suchfunktion, die es den Benutzern ermöglicht, die archivierten Dokumente schnell zu finden und darauf zuzugreifen.
Das Archiv muss jederzeit sicherstellen, dass die archivierten Dokumente vor unbefugtem Zugriff, Änderungen oder Verlust geschützt sind. Es sollte Mechanismen zur Sicherung der Dokumente – wie Verschlüsselung und Zugriffskontrolle – bieten, um die Vertraulichkeit und Integrität der Informationen gewährleisten zu können.
Finden Sie den richtigen Lösungspartner
Die Auswahl des richtigen Lösungspartners für ein Dokumentenmanagement-System ist entscheidend für den Erfolg der Implementierung. Nachdem die Ausgangslage und Anforderungen definiert sind, ist eine professionelle und persönliche Beratung durch Fachleute unabdingbar.
Die Einführung eines DMS kann auch schrittweise angegangen werden – beispielsweise durch eine Digitalisierung der Personaldossiers. Oft ist es auch ratsam, mit einer Standardlösung zu starten, weil Kosten gespart und das bereits vorhandene Wissen der Spezialisten optimal genutzt werden kann.
Bei der Implementierung eines DMS braucht es Schnittstellen zu anderen Systemen oder einen «Initial Scan», um die Dokumente in digitaler Form zur Verfügung zu stellen. Vielleicht ist ein Outsourcing für gewisse Aufgaben und Prozesse sinnvoll? Und auch mögliche Optionen, das DMS weiter auszubauen und Prozesse flexibel zu optimieren, sollten in die weiteren Überlegungen einfliessen. Ein Lösungspartner, der alles aus einer Hand anbieten kann und über eine Rundumsicht verfügt, kann hier von Vorteil sein.
Sowohl eine seriöse Evaluation möglicher DMS-Softwareprodukte als auch ein Vergleich mehrerer Anbieter ist ein Muss. Dabei können nicht nur Fachkenntnisse, sondern auch Support- und Schulungsangebot, Kosten und Vertragsbedingungen, nötige Zertifizierungen im Bereich Informationssicherheit sowie Datenschutz, Referenzkunden und Erfolgsgeschichten unter die Lupe genommen und verglichen werden.
DMS und ECM – was sind die Unterschiede?
DMS und ECM sind zwei verwandte, jedoch unterschiedliche Konzepte im Bereich des Informationsmanagements, wobei sich die Einführung eines DMS durchaus als erste Stufe für eine nachfolgende Einführung einer ECM-Lösung eignet.
Die Hauptunterschiede zwischen DMS (Dokumentenmanagement-System) und ECM (Enterprise Content Management) sind:
Umfang
DMS konzentriert sich hauptsächlich auf die Verwaltung von Dokumenten innerhalb eines Unternehmens. Es umfasst Funktionen wie das Speichern, Organisieren, Suchen, Teilen und Verwalten von Dokumenten. ECM hingegen hat einen breiteren Anwendungsbereich und umfasst sämtliche Aspekte und Technologien zum Erstellen, Speichern, Teilen, Aufbewahren und Vernichten von Inhalten respektive Informationen. Als zentrale Daten-Drehscheibe beherbergen ECM-Systeme auch Dokumente, aber zusätzlich sind diese in der Lage, auch sonstige geschäftsrelevante Daten und Informationen zu verwalten. ECM-Systeme sind dafür ausgelegt, strukturierte und unstrukturierte Inhalte zu verarbeiten, so dass Unternehmen ihre Geschäftsziele effektiver erreichen, ihre Kunden besser bedienen und die Risiken minimieren können (z. B. in Bezug auf Konformitätsverstösse, Gerichtsverfahren, unkoordinierte Abteilungen oder Fluktuation in der Organisation).
Integration
DMS beschränken sich vorwiegend auf die Dokumentenverwaltung und bieten meist nicht den gleichen Grad an Integration mit anderen Systemen und Geschäftsprozessen. ECM-Systeme hingegen ermöglichen oft die Integration von verschiedenen Lösungen – wie beispielsweise ein ERP – und Tools zur Erfassung, Verwaltung und Bereitstellung von Inhalten. Es kann verschiedene Funktionalitäten wie Workflow-Management, Aufzeichnungsmanagement, Archivierung, Metadatenverwaltung, Suche und Kollaboration einschliessen.
Unternehmensweiter Ansatz
DMS kann als Teil eines ECM-Systems dienen, das auf spezifische Dokumentenverwaltungsanforderungen fokussiert ist. ECM zielt darauf ab, Informationen über Abteilungen und Systeme hinweg, also unternehmensweit, zu verbinden und zu harmonisieren.
Skalierbarkeit
DMS kann im Vergleich zu ECM sowohl von kleinen als auch von grösseren Unternehmen genutzt werden, um ihre spezifischen Dokumentenmanagement-Anforderungen zu erfüllen. ECM ist in der Regel auf grössere Unternehmen mit komplexen Informationsmanagement-Anforderungen ausgerichtet. Es kann eine skalierbare Architektur bieten, um grosse Mengen an Inhalten zu verwalten und Unternehmensprozesse zu unterstützen.
Es ist wichtig anzumerken, dass die Begriffe DMS und ECM in der Praxis manchmal unterschiedlich verwendet werden und die Abgrenzung nicht immer eindeutig ist. Einige Anbieter können ähnliche Funktionen in ihren DMS- und ECM-Lösungen integrieren, während andere möglicherweise den Fokus auf spezifische Aspekte des Informationsmanagements legen. Es ist daher ratsam, die spezifischen Funktionen und den Umfang einer Lösung zu prüfen, um festzustellen, ob sie den Anforderungen entspricht.
Die Autorin
Irene Feusi ist Head Marketing bei Arcplace. Das Schweizer Unternehmen ist ein spezialisierter IT-Dienstleister, der Organisationen bei der Digitalisierung und Automatisierung von dokumentenbezogenen Prozessen sowie bei der elektronischen Archivierung unterstützt.
www.arcplace.ch
Der Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 23-4
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