Sie bilden das Fundament einer jeden Industrie-4.0-Anwendung: die Daten. Ohne ein umfassendes Reservoir davon lassen sich Algorithmen nur schwerlich trainieren und die entsprechenden Anwendungsszenarien kaum effizient umsetzen. Doch auch wer bereits in der Vergangenheit fleissig gesammelt hat, stösst unter Umständen auf Startschwierigkeiten. Denn ohne einen soliden Kontext sind selbst die grössten Datenmassen im wahrsten Sinne des Wortes «sinnlos». Um dies zu verhindern, gilt es, bereits zu Beginn drei zentrale Grundsätze zu berücksichtigen.
(Bild: ipobpa / AdobeStock)
Ob Temperatur, Formfüllzeit oder Grösse des Pressrests: Bis zu 600 Messwerte fallen in der Aludruckgussbranche allein für einen einzigen «Schuss» an. Das Beispiel macht deutlich: In den Werkshallen eines Fertigers fällt tagtäglich eine wahre Flut von Informationen an.
Um bei Bedarf jederzeit für smarte Fertigungsszenarien und den Aufbruch in die digitale Zukunft gewappnet zu sein, sammeln und speichern bereits heute immer mehr Produktionsunternehmen ihre Datenmassen. Auf diese Weise soll die Grundlage geschaffen werden, zur Umsetzung von Industrie-4.0-Anwendungen bei Bedarf Erkenntnisse aus historischen Daten zu ziehen oder künftige KI-Algorithmen an den Betriebsdaten trainieren zu können. Eine solche Voraussicht ist sinnvoll. Doch Masse allein genügt nicht, damit die Fabrik der Zukunft zum Erfolg wird.
Mindestens ebenso wichtig ist der zugehörige Kontext, in dem die Daten erfasst wurden. Damit ist beispielsweise die zeitliche Synchronisierung gemeint, welche die erfassten Maschinenzustände mit aufgetretenen Störungen oder der Produktion von Ausschuss in Verbindung bringt. Wurde dieser Zusammenhang nicht miterfasst, kann selbst das umfassendste Datenreservoir nicht unmittelbar zur Analyse oder zur Realisierung eines Predictive-Maintenance-Szenarios im Kontext der smarten Fabrik genutzt werden. Denn hierfür ist die Korrelation dieser Daten entscheidend. Fehlt sie, müssen die Zusammenhänge der Daten im schlimmsten Fall zunächst mühevoll von Hand rekonstruiert werden, bevor sich Erkenntnisse oder ein konkreter Nutzen daraus generieren lassen.
Um unvorhergesehene Schwierigkeiten wie diese zu vermeiden, sollten bereits zu Beginn der Datenerfassung drei zentrale Grundsätze beherzigt und für ausreichend Kontext in Zusammenhang mit den gesammelten Informationen gesorgt werden. Wer die Industrie-4.0-Thematik mit einem durchdachten Plan angeht, schafft die Basis, in der Zukunft tatsächlich von smarten Fertigungsprozessen zu profitieren.
Grundsatz 1: Zweckmässigkeit
Zentral für eine sinnvolle Datenerfassung ist eine klare Zielvorgabe. Wozu sollen die gesammelten Informationen dienen? Welches Ziel soll damit realisiert werden? Die Antwort auf diese Frage bildet die Ausgangslage dafür, die tatsächlich relevanten Parameter zu definieren und dafür zu sorgen, dass alle erforderlichen Zusammenhänge ebenfalls von Beginn an zuverlässig miterfasst werden.
Ein Beispiel: Möchte ein Landwirt mit einem smarten Mähdrescher den Ertrag unterschiedlicher Getreidesorten an mehreren Standorten untersuchen, muss er andere Parameter analysieren als ein Kollege, der den Zustand der einzelnen Komponenten seines Mähdreschers zum Zwecke der vorausschauenden Wartung überwachen will. Unternehmen, die ohne konkretes Ziel mit der Datenerfassung beginnen, laufen Gefahr, am Ende einen unzweckmässigen Datenfundus vorliegen zu haben. Gleichzeitig werden IT-Ressourcen unnötig belastet, im schlimmsten Fall gar überlastet.
In der Praxis können oftmals schon kleine Anpassungen im Erfassungs-Setting den Unterschied zwischen brauchbaren und unbrauchbaren Datenmengen ausmachen: Durch eine einfache Konfigurationsänderung im Manufacturing Execution System (MES) beispielsweise kann dafür gesorgt werden, dass die übermittelten Betriebsdaten automatisch mit einem zugehörigen Zeitstempel versehen werden.
Grundsatz 2: Robustheit
Im Anschluss an die Entwicklung einer klaren Zieldefinition sollte für eine möglichst hohe Robustheit der Datengewinnung und -übertragung gesorgt werden. Dabei gilt es zu beachten, dass diese nicht nur in den kommenden Tagen, Wochen und Monaten solide und immer gleich funktionieren muss, sondern idealerweise über Jahre hinweg. Dazu sollten Fertiger unter anderem einen Übertragungsweg wählen, über den sichergestellt ist, dass Daten auch langfristig in konstant hoher Qualität erfasst und gespeichert werden können.
Die Art des geplanten Industrie-4.0-Szenarios spielt hier eine entscheidende Rolle: So lässt sich über das inhouse implementierte MES-System recht einfach für eine kontinuierliche Datenerfassung sorgen. Deutlich herausfordernder wird das Vorhaben, wenn beispielsweise die Produktivdaten von Maschinen aus verschiedensten Einsatzorten bei Kunden weltweit über einen langen Zeitraum hinweg zuverlässig übertragen werden sollen. Im Zweifelsfall lohnt es sich hier, externe Spezialisten zurate zu ziehen.
Grundsatz 3: Frühzeitigkeit
Eine konkrete Zielsetzung, eine robuste Datenerfassungsmethode – die Vorbereitung eines erfolgreichen Industrie-4.0-Szenarios erfordert einen soliden Plan. Dies mag auf den ersten Blick abschreckend wirken. Vielleicht liegt der Gedanke nah, die Auseinandersetzung mit der Industrie-4.0-Thematik noch einmal zu verschieben, bis freie Kapazitäten bestehen. Doch bei allen Anforderungen, die es zu beachten gilt, hängt der Erfolg eines smarten Fertigungsszenarios weiterhin in zentraler Weise vom Umfang der gesammelten Daten ab. Es gilt daher nach wie vor, so früh wie möglich mit der Erfassung der relevanten Daten inklusive des erforderlichen Kontextes zu beginnen.
Denn möchte ein Unternehmen eine Industrie-4.0-Implementierung umsetzen, kann bislang jedoch keinen bestehenden Datenpool vorweisen, muss zunächst von Grund auf mit der Datensammlung begonnen werden. Je nach Anwendungszweck können hierfür mindestens sechs, besser noch zwölf Monate an historischen Daten erforderlich sein, damit diese aussagekräftig genug werden, um Algorithmen daran zu trainieren oder Analysen durchzuführen. Der Vorsprung von Mitbewerbern, die bereits in der Vergangenheit umfassend Daten erfasst haben, ist dann kaum mehr aufzuholen.
Gut geplant ist halb gewonnen
Die Transformation zur Fabrik der Zukunft erfordert Zeit – unweigerlich. Es gilt daher, mit einem soliden Plan in die digitale Zukunft aufzubrechen und mit einer überlegten Strategie mit der Datengewinnung zu beginnen. Nur so schaffen Fertigungsunternehmen die zentrale Voraussetzung dafür, am Ende der Digitalisierungsreise am Ziel angekommen zu sein, und nicht – im schlimmsten Fall – wieder ganz am Anfang zu stehen.
Dieser Beitrag wurde ermöglicht durch die
Asseco Solutions, dem Spezialisten für KI-basierte ERP- und Industrie-4.0-Technik für den gehobenen Mittelstand. Seit mehr als 25 Jahren bietet das Unternehmen als Visionär im ERP-Sektor modernste Lösungen für Branchen wie Maschinen-, Anlagen- und Fahrzeugbau, Serienfertigung, Grosshandel oder Dienstleistung. Die zentrale ERP-Lösung APplus geht in ihrem Funktionsumfang weit über den klassischer Systeme hinaus und deckt so alle wesentlichen Stufen moderner Wertschöpfungsketten ab. Zur Bewältigung verschiedenster Aufgaben greift APplus bereits heute auf modernste KI-Technik zurück.
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