«Moment, ich habe das doch irgendwo aufgeschrieben.» Erstaunlich viele Servicedienstleister sind noch immer mit Kugelschreiber und Notizblock unterwegs. Statt auf ein schlankes Software-Tool zu setzen, werden Mehraufwand und Fehler in Kauf genommen - oder die Verrechnung von Leistungen oder Material geht ganz vergessen. Das muss nicht sein. Mit dem gezielten Einsatz von IT-Systemen werden Serviceprozesse besser, schneller und effizienter.
Wie das konkret geht, zeigt der diesjährige Software Contest.
Die besten Beispiele sind immer jene, welche man selbst erlebt hat. In den letzten Monaten hatte ich gleich zwei Mal das Vergnügen, die Nachteile von papier-basierten Serviceanbietern kennenzulernen. Im einen Fall ging es um eine kleine Reparatur im Sanitärbereich. Der Sanitär kam, reparierte und füllte dann ein Durchschlags-Rapportformular aus, mit einer Kopie an mich. Nach einem halben Jahr erkundigte ich mich vorsichtig nach der ausbleibenden Rechnung. Grosses Erstaunen auf der anderen Seite: Keine Ahnung, welcher Rapport denn? Fairerweise habe ich dem Sanitär dann meine Kopie geschickt… Ein ähnlicher Fall beim Heizungstechniker: Die Angaben für einen Wartungsvertrag wurden minutiös auf dem Bestellblock aufgeschrieben. Das dauerte eine Weile, weil der Fachmann auf keinen Fall vergessen wollte, etwas einzutragen und anzukreuzen. Während er konzentriert schrieb, hatte ich Zeit, an seinen Kollegen zu denken, welcher später das Ganze nochmals abtippen darf. Wohlgemerkt, in beiden Fällen waren versierte Fachleute am Werk. Da erstaunt es schon, dass sie sich mit mühsamem Papierkram das Leben unnötig schwer machen.
Der Druck kommt von oben
Dass es auch anderes geht, erlebte ich beim Austausch der Waschmaschine. Der genaue Lieferzeitpunkt wurde eine Woche vorher per SMS avisiert. Nach der Inbetriebnahme visierte ich auf einem iPad. Noch bevor der Servicetechniker das Haus verlassen hatte, war eine Kopie des Arbeitsrapports schon per E-Mail in meinem Postfach. Als Kunde macht man sich da schon seine Überlegungen… Die Digitalisierung lässt sich auch im Servicegeschäft nicht stoppen. Das ist auch bei den meisten Geräteherstellern angekommen. Die Tendenz geht immer mehr in die Richtung, dass sie Servicepartner bevorzugen, welche ihre Prozesse ebenfalls digitalisiert haben. Die Kundenzufriedenheit ist die eine Seite der Medaille, die andere ist die Effizienz der Geschäftsprozesse. Überall Kosten senken und dann beim Nächstliegenden – der Administration – das Geld zum Fenster hinauswerfen? Das geht ja gar nicht. Der Druck im Servicegeschäft kommt von oben: Der Hersteller wird irgendwann Inbetriebnahmen, Reparaturen und Wartungen direkt übernehmen oder allenfalls noch Partner damit betrauen, welche sich mit einer Servicepauschale zu begnügen haben.
Ablauf der am Software Contest gezeigten Fallbeispiele: Anhand verschiedener Szenarien (Demo-Cases) wird gezeigt, worauf es bei der Digitalisierung von Serviceprozessen ankommt
Servicefälle unter der digitalen Lupe
Der Themenkreis «Service & Maintenance» ist sehr weitläufig. Genau deshalb ist es wichtig, sich vor dem Einstieg in die Digitalisierung einen Überblick über die Möglichkeiten, Eigenheiten und Perspektiven der verschiedenen Bereiche zu verschaffen. Damit Ihnen der Einstieg leichtfällt, haben die Organisatoren des diesjährigen Software Contest eine Auswahl repräsentativer Servicefälle getroffen. Dabei präsentieren fünf Anbieter ihre Systeme anhand eines praxisnahen Drehbuchs. Gleichzeitig werden verschiedene Demo-Cases vorgestellt, mit welchem sich verschiedene Szenarien durchspielen lassen. Nebst dem Vergleich der gezeigten Lösungen, können die Besucher ihre eigenen Anforderungen einbringen. Der Austausch mit Experten und Anbietern vor Ort ist ein idealer Moment, um jetzt die Digitalisierung des Servicegeschäfts anzupacken. Folgende Themen (vgl. Abb. 1) werden während des Contest besprochen:
a) Basisdaten für digitalisierte Serviceprozesse
Aktuelle Daten sind das A und O für die Digitalisierung. Dazu gehören Adressdaten inkl. Ansprechperson(en), Geräteangaben, Standorte usw. Moderne Systeme bieten auch die Möglichkeit, Zeichnungen und Dokumentationen zu hinterlegen sowie Messwerte und Stücklisten zu erfassen.
b) Verwaltung von Serviceverträgen
Ausgehend von der Vertragserstellung und -unterzeichnung müssen die jeweiligen Verträge den entsprechenden Produkten und Kunden korrekt zugeordnet und jederzeit abgerufen werden können.
c) Verwaltung von Servicepersonal
Die richtige Fachperson mit den benötigten (zertifizierten) Fähigkeiten zu finden, ist nicht immer einfach. Schlussendlich bestimmen die verfügbaren Skills, was effektiv als Service angeboten werden kann.
d) Entgegennahme eines Servicefalls (Störung)
Eine eigens für den Contest konstruierte «Maschine» übermittelt über einen Sensor Störungsdaten an die ERP-Systeme. Die Meldung wird anschliessend direkt weiterverarbeitet und dem Kunden bzw. der Maschine zugeordnet. Der Servicefall wird als Aufgabe zur Erledigung eingelastet.
e) Aufgabenplanung/-priorisierung und Zuteilung
Je nach Servicevertrag/Garantiefall muss die Servicereaktion geplant und priorisiert werden. Bevor die Aufgabe zuteilt werden kann, müssen Ressourcenverfügbarkeit, Skills usw. der entsprechenden Mitarbeiter berücksichtigt werden.
f) Erbringung der Serviceleistung
Für einen effizienten Einsatz müssen Servicetechniker eigenständig auf ihren Aufgabenpool zugreifen und die für die Leistungserbringung notwendigen Informationen (History, Dokumentationen, Manuals usw.) mobil abrufen können.
g) Rapportierung und Dokumentation
Einstellungen und Messwerte müssen mobil erfasst und beim jeweiligen Gerät hinterlegt werden können. Für die Arbeitsrapportierung werden die Leistungen inklusive Beschreibung, Zeit und Material digital erfasst und vom Kunden visiert.
h) Leistungsverrechnung
Im Backoffice wird aufgrund der rapportieren Serviceleistungen ein Rechnungslauf über selektierte Bereiche erstellt (z.B. Kunden, Zeitraum, Mitarbeiter). Die Rechnungen werden per E-Mail an die Kunden gesendet (inkl. Servicerapport)
i) Service-Nachkalkulation
Jetzt wird es spannend: Hat sich der ganze Aufwand gelohnt? Eine saubere Nachkalkulation ist für die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens wichtig und dank moderner, integrierter Servicemanagement-Systeme keine Hexerei.
j) Spezialfall aus Sicht Kunde: ZUGFeRD-Rechnungen
Dank des einheitlichen Datenformats können PDF-Rechnungen direkt in die Business Software des Kunden eingelesen werden.
Nur Mut, Sie schaffen das!
Viele KMU lassen sich vom abstrakten Begriff «Digitalisierung» abschrecken oder ignorieren ihn einfach. Weder das eine noch das andere ist angebracht. Das Rad der Zeit lässt sich nicht anhalten – und auch nicht dasjenige der technologischen Weiterentwicklung. Antreiber dafür waren seit jeher das Streben nach mehr Leistung, nach höherer Produktivität, nach grösserer Effizienz – kurz, nach einer Verbesserung der aktuellen Situation. Nicht anders ist es bei der Digitalisierung. Durch den gezielten Einsatz von IT-basierten Hilfsmitteln soll die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens verbessert und gleichzeitig die Einzigartigkeit seines Angebots gesteigert werden. Wie das konkret aussieht, hängt natürlich stets von den individuellen Bedürfnissen ab. Das Wichtigste dabei ist: Warten Sie nicht länger ab, es ist höchste Zeit zu handeln. Der Software Contest ist die ideale Gelegenheit, sich auf sehr konkrete Weise mit dem Thema zu beschäftigen. Die Impulse, welche der Tagesanlass vermittelt, werden Sie beflügeln, Ihre Serviceprozesse zu digitalisieren.
Nur Mut, Sie schaffen das!