Eine der einfachsten Definitionen von Künstlicher Intelligenz kommt von Demis Hassabis, Gründer von DeepMind, der es als einen Versuch umschreibt, Maschinen Intelligenz beizubringen. Da wir immer noch nicht wissen, was Intelligenz eigentlich ist, wird schnell klar, wieso praktisch jeder etwas anderes darunter versteht. Dennoch haben einige Anwendungen Künstlicher Intelligenz bereits Eingang ins Marketing gefunden.
Die Grafik zeigt eine grosse Community mit ein paar wenigen zentralen Personen kleinere gibt, die offensichtlich eine Art Eigenleben führen. Sie sind nicht oder nur wenig mit der "zentralen" Community vernetzt. Wer nur auf die grosse Community abzielt, ignoriert fast 50% des Marktes. Kommunikationskonzepte und Marketer müssten das berücksichtigen und nicht dem Fehler unterliegen, zu glauben, die eine Community alleine sei wichtig.
Ob es darum geht, Onlineverhalten zu nutzen, um Content wirkungsvoller auszuspielen, Marketingkampagnen zu automatisieren oder den Mediaeinkauf zu optimieren, es gibt heute schon zahlreiche Anwendungsbeispiele in der Marketingpraxis. Dabei kann uns künstliche Intelligenz nicht nur in den Prozessen, sondern auch beim Verstehen der Zielgruppe selbst hochrelevante Informationen liefern.
Im vorliegenden Beitrag definieren die Autoren Künstliche Intelligenz pragmatisch als
"die Fähigkeit eines neuronalen Netzwerkes, bei der Verarbeitung von Daten zu lernen, welches Ergebnis vom Trainer gewünscht (
"richtig
") und welches unerwünscht (
"falsch
") ist, anschliessend im Alleingang diese Datenverarbeitungsschritte mit neuen Daten selbständig zu wiederholen und entsprechende Ergebnisse zu liefern
".
Das ermöglicht uns zum Beispiel, mit Hilfe öffentlich und online verfügbarer Daten Rückschlüsse über die Persönlichkeit von Menschen zu ziehen, ohne dass wir einen Fragebogen benötigen. Denn es gibt psychologische Modelle, die besagen, dass ein Mensch, der eine bestimmte Kombination von bestimmten Wörtern verwendet, einem bestimmten Charaktertyp zugeordnet werden kann. Das bekannteste und international anerkannteste Modell ist das OCEAN-Modell auch als "Big Five" bekannt. Der Grundgedanke von Big Five ist einfach: das Modell geht davon aus, dass sich Persönlichkeit in der Sprache widerspiegelt. Analysiert ein Psychologe die Sprache einer Person, versteht er deren Persönlichkeit. Das gleiche kann auch ein entsprechend trainiertes neuronales Netzwerk. Der Unterschied ist, dass die Auswertung in einem Bruchteil der Zeit – praktische sofort – zur Verfügung steht.
Für ein Profil reichen 600 Worte
Die Autoren arbeiten mit einem psychologischen Modell, das nur 600 Wörter benötigt, um zu erkennen, welchem psychologischen Typ eine Person angehört, worauf sie anspricht, was man im Dialog mit dieser Person vermeiden muss, wie man sie von etwas überzeugen oder für etwas begeistern kann und was in der Zusammenarbeit mit der Person zu beachten ist. Feedbackschleifen helfen das Modell weiter zu verbessern.
Mit den Ergebnissen kann man sich im Verkauf das nächste Kundengespräch vorbereiten, das beste Team für ein Verkaufsgespräch finden, oder auch Barrieren verstehen, die bis dato im Wege standen. Denn das Netzwerk liefert ganz genaue Hinweise darauf, wie man sein Gegenüber vom eigenen Angebot am besten überzeugen kann. Kritische Persönlichkeitsmerkmale, zum Beispiel religiöse oder politische Einstellungen, sexuelle Vorlieben oder gesundheitliche Merkmale werden dabei nie erhoben.
Künstliche Intelligenz erlebt jedoch nicht deshalb ihren aktuellen Hype, weil sie repetitive Aufgaben ausführen kann, die sie erlernen muss, weil man sie nicht einfach programmieren kann, sondern weil seit kurzem vier Dinge Zeit zusammenkommen: erstens die Vorarbeit von Forschern seit den 1950er Jahren, zweitens endlich ausreichend grosse Rechen- und Speicherkapazität, was es neuronalen Netzwerken ermöglicht, in Sekundenschnelle zu arbeiten, drittens die enormen Datenmengen, die Verbraucher bereit sind, über sich und ihre Gewohnheiten preiszugeben und viertens die Verfügbarkeit dieser Daten dank globaler Vernetzung von Menschen, Maschinen und Geräten.
Präzisere, spezifischere Zielgruppen
Während Persönlichkeitsanalysen dabei helfen, Kommunikationsverhalten, Motivation und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit zu verstehen, gibt es andere, wie Natural Language Processing, mit denen man untersuchen kann, welche Themen in Märkten wirklich relevant sind. Dieses Verfahren geht über Social Listening weit hinaus, weil es alles, was digital zur Verfügung steht, nutzen kann.
Marketer können dadurch viel präzisere und spezifischere Zielgruppensegmente erstellen, die auf echten Daten basieren. Das Stochern im Nebel hat ein Ende, die Wirksamkeit von Kampagnen kann präzise vorausgesagt werden. In den Worten von IBM wird Marketing auf diese Weise
"evidenzbasiert
", basiert also auf Erkenntnissen aus Daten und Fakten anstelle von Annahmen, Vermutungen oder
"der Idee
".
Für eine Regionalbank haben die Autoren zum Beispiel analysiert, welche Themen deren Region bewegen, und welche Videos mit welchen Inhalten am meisten Reaktionen mit welchen Emotionen auslösten. Die Erkenntnisse konnten dazu verwendet werden, präzise Empfehlungen für die Inhalte zukünftiger Image-Kampagnen und -Videos zu geben. Zusätzlich fanden sich Hinweise auf eine Marktlücke bei der Positionierung und möglichen Dienstleistungsangeboten. Auch im politischem Marketing – z.B. bei Abstimmungskampagnen – setzen die Autoren Künstliche Intelligenz seit 2017 ein und können dabei anhand von online und öffentlich verfügbaren Datenmengen genau bestimmen, wer am meisten Einfluss hat, auf welche Regionen und Themen sich das wie auswirkt, welche Themen in welcher Region tatsächlich wichtig sind und – vor allem – welche Botschaften wann gegenüber welchen Personen und in welchen Regionen die gewünschte Wirkung erzielen. Die KI kann sogar bestimmen, welcher Abstimmungs-Slogan am besten funktioniert. Solche Analysen können permanent in Echtzeit durchgeführt werden, ohne eine Heerschar von Datenanalysten, die jedes in der Schweiz übliche Kampagnenbudget massiv sprengen würde. Sie liefern Empfehlungen für die richtige Strategie und tagtäglich auch für taktische Massnahmen.
Bessere Resultate dank Künstlicher Intelligenz
Künstliche Intelligenz erlaubte, wie anhand der Beispiele der Firma business campaigning GmbH des Autors Peter Metzinger oben erläutert, mit dem gegebenen Budget wesentlich umfangreichere Analysen durchzuführen, um bessere Resultate zu liefern. Eine Win-Win Situation für alle Beteiligten. Das Business Campagning Team bekam einen zusätzlichen, mächtigen Analyse-Assistenten an die Hand. Künstliche Intelligenz kann also unser Leben und Arbeit als Marketer einfacher, effizienter und vor allem sicherer und erfolgreicher machen.
Derzeit setzen Vermarkter Künstliche Intelligenz vor allem für zielgerichtetere Online-Werbung, Personalisierung und Individualisierung von Inhalten, sowie für die Automatisierung von Prozessen und Chatbots ein. Mit Hilfe von KI-Marketing-Lösungen, wie in diesem Artikel beschrieben, kann die Lücke zwischen Big Data und Implementierung geschlossen werden. Mit Erkenntnissen aus grossen Datenmengen können digitale Vermarkter ihre Kampagnenleistung und ihren Return of Investment (ROI) deutlich steigern. Und das alles ohne zusätzlichen Aufwand.
Personas durch KI ablösen?
In der heutigen Welt des digitalen Marketings sind die Verbraucher an personalisierte Inhalte gewöhnt und erwarten nichts Geringeres, was ohne den Einsatz Künstlicher Intelligenz eine echte Herausforderung für Vermarkter darstellen würde. Marketingspezialisten müssen dem richtigen Publikum die nur für dieses richtige Botschaft vermitteln, zur richtigen Zeit und auf dem richtigen Kanal. Entweder gelingt es ihnen, diese Bedürfnisse und Wünsche ihrer Kunden zu erfüllen oder sie verlieren diese.
Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist die traditionelle Kundensegmentierung neu gedacht. An die Stelle von Personas und Szenarien kann die kundenindividuelle Ansprache treten, der Segment-of-One Approach. Autor Steffen Konrath nennt das Prinzip
"YouMarketing
", ein Begriff, den er hat schützen lassen. Von neuronalen Netzwerken können wir in Zukunft erwarten, dass sie uns nicht mehr nur Empfehlungen liefern, sondern gleich auch die ganze Abwicklung voll automatisiert übernehmen. Als Vorstufe davon lassen die Autoren ein neuronales Netzwerk voll automatisch Communities zu bestimmten Themen aufbauen, in denen dann die für diese Communities perfekt passenden Produkte beworben werden können. Die Reise in die Zukunft geht weiter, schneller als noch vor kurzem gedacht.
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Die Autoren
Steffen Konrath, 21 Jahre IT Management, CTO evAI Intelligence GmbH, CEO Liquid Newsroom; Organisiert «AI Suisse», monatliche Meetings rund um Angewandte Künstliche Intelligenz; Ethik-Sprecher des dt. KI Bundesverbands.
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