Künftige ERP Systeme müssen skalierbar sein, um Erfolg zu haben

10.03.2023
6 Min.
Während Acunomic in weiten Teilen Europas und Asiens eine feste Grösse im ERP-Markt ist, tritt der Anbieter erst jetzt auch in der Schweiz in Erscheinung. Die im Herbst 2021 im Handelsregister eingetragene Acunomic GmbH in Niederweningen zeigt, dass es das Softwarehaus damit durchaus ernst meint. Wir haben uns mit Dewi Maya Burgener, Gesellschafterin der Acunomic GmbH unterhalten, über die modernen Funktionen eines ERP, die Spezialitäten der Schweizer Kundschaft und wie die Zukunft im ERP-Bereich aussehen könnte.
 

Dewi Maya Burgener ist Gesellschafterin der Acunomic Gmbh

 

topsoft Fachredaktion: Welche Benutzeranforderungen haben sich in den letzten Jahren am stärksten verändert (z. B. Technologie, Usability, Integrationen, Anwendungen)?

Dewi Maya Burgener: Diese Fragen möchte ich beantworten, indem ich sie in folgende Bereiche nach Anforderungen gliedere: Funktionalität, Compliance und Sicherheit, Administration & Preisgestaltung und vor allem User Experience.
 
Funktionalität:
In Bezug auf die Funktionalität stelle ich fest, dass die Kunden in den letzten Jahren vermehrt nach  nach ERP-Lösungen suchen, welche einerseits mehrere Tochterfirmen (multiple subsidiaries) und andererseits mehrere Niederlassungen (multiple branches) in einem einzigen Tenant unterstützen, ohne erneutes an- und abmelden bei einem Wechsel zwischen den Tenants. Gerade im Hinblick auf internationale Tätigkeit wird diese Eigenschaft sehr beachtet.
 
Ebenso soll ein ERP-System mehrere Basiswährungen und mehr als eine Transaktionswährung in einem einzigen Mandaten gleichzeitig unterstützen, also fähig sein, die Arbeit mit mehreren Währungen (multi currencies) zu unterstützen.
 
Mobile ERP-Plattformen: 
Kunden wollen vermehrt mobil und Standort ungebunden auf Ihre ERP-Daten und Prozesse zugreifen können (cloudbasierte Lösungen). Dies ist z. B. besonders wichtig für Mitarbeitende im Aussendienst, deren Dateneingaben ohne Zeitverzögerung und direkt in der Auftragsverarbeitung sowie der Warenwirtschaft verarbeitet werden sollen.
 
Kosten- und Ressourcen-Management: 
Die Mitarbeitenden auf Geschäftsreise wollen ihre Reports und Spesen direkt mit ihrem Handy durch einmaliges Eintippen oder mittels OCR (optische Zeichenerkennung) erfassen. So sparen sie wertvolle Zeit für andere wichtige Aufgaben und ‘nebenbei’ sind Lieferantenrechnung und Spesenaufbereitung im ERP-System bereits verarbeitet, bevor der Mitarbeitende zurück in der Firma ist. In Zeiten des Fachkräftemangels sind solche Einsparungen in personellen Ressourcen auch ein erheblicher Wettbewerbsvorteil.
 
Zudem will der Kunde in der heute sehr schnelllebigen Zeit immer weniger in eine eigene, teure Serverumgebung investieren und bevorzugt deshalb die Software als eine Service-Dienstleistung im Abonnement (SaaS) einzukaufen, die er dann monatlich oder jährlich bezahlt. Daraus resultiert eine sehr hohe Flexibilität für künftige Software-Implementierungen oder beim Systemwechsel.
 
Heute gibt es noch keine ERP-Systeme, die die gesamten Prozessabläufe abbilden können. Deshalb sollten zukünftige ERP-Systeme die Integration mit bereits vorhandenen Systemen einfach unterstützen. Dies ermöglicht neben rascher, effizienter Verarbeitung unterschiedlichster Daten gleichzeitig ein umfassendes Reporting und Controlling. Damit kann die heute noch oft dezentrale Prozessverarbeitung in eine vollintegrierte Verarbeitung überführt werden, in der jede Abteilung den erst den Arbeitsanteil ihrer eigenen Prozesse online übernimmt und dann anschliessend weiterleitet.
 
So bearbeitet das Finanzteam z. B. Dinge wie Buchhaltung, Bankintegration, Swiss QR-Bill, MWST oder Unternehmenssteuer. Andere Abteilungen setzen auf ihre bereits bestehenden Systeme wie E-Commerce (Shopify, BigCommerce, Shopware, Woocommerce usw.) und CRM (HubSpot, Salesforce usw.) oder das Personalinformationssystem und die Lohnverarbeitung. 
 
Künftige ERP-Systeme werden Integrationen mit den bestehenden Systemen prüfen, was letztendlich zu umfassenden Reporting-Einblicken führt.
 
Zunehmende Cyberattacken sowie erhöhter Datenschutz führt mich zum zweiten Bereich wonach Kunden suchen, Compliance und Sicherheit:
  • Der Standort des Rechenzentrums ist immer eine wichtige Schlüsselfrage, wenn der Kunde ein cloudbasiertes Systeme erwirbt. 
  • Bei cloudbasierten ERP-Systemen übernimmt der Systemlieferant und Systemimplementierer eine hohe Verantwortung für die systemseitige Einhaltung der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und unterstützt aufgrund dieser Kenntnisse den Kunden in verschiedenen Themen des Datenschutzes, wie z. B. Schutz der zu verarbeitenden Daten oder Homeoffice-Arbeit. 
  • Das Finanzteam sucht meistens nach der Audit-Trail- & Rollenverwaltung, weil insbesondere seitens der Kunden das Bedürfnis besteht zu prüfen, dass die Zugriffsrechte korrekt vergeben und kontrolliert werden.
Der dritte Bereich bezieht sich auf Administration & Preisgestaltung:
Wir haben gesehen, dass die Benutzer ihre Daten besitzen und Backup sowie Wiederherstellung selber verwalten möchten, aber auch gleichzeitig weniger Komplexität und Verwaltungsaufwand wünschen, wenn sie ihr ERP-System in Zukunft erweitern möchten. Entweder investieren sie in die IT-Abteilung für die Verwaltung oder sie bezahlen Softwareanbieter im Abonnement, die dies für sie tun. 
 
Bei der Preisgestaltung suchen Kunden eher nach abonnementbasierter Software, während die Preisgestaltung für den Benutzer dynamischer ist.
 
Der letzte Teil des Frameworks ist die Benutzererfahrung (UI: User Interface):
Wenn wir mit Kunden über ihre Benutzererfahrungen sprechen, betrachten sie stets die intuitive Navigation, die Leistung und Skalierbarkeit des Systems sowie verschiedene Dashboards für spezifische Rollen innerhalb des Unternehmens.
 
Wir arbeiten mit Acumatica in Asien und mit HaufeX360 in der DACH-Region zusammen, weil unsere Erfahrung zeigt, dass sie in Bezug auf Benutzerfreundlichkeit und Benutzererfahrung einen hohen Stellenwert haben.
 
 

Wie sieht Ihre Zukunftsstrategie im ERP-Markt aus? Was beschäftigt Sie am meisten und wie sieht die Umsetzung konkret aus?

Wenn wir beobachten, was unsere Kunden an der Innovationsfront tun, sehen wir, dass sie ihre Geschäftsmodelle immer schneller ändern und in neue Märkte und Segmente expandieren. Zudem übertragen ihren Teammitgliedern immer mehr strategische Verantwortung.  So z. B.  soll selbst der Buchhalter in der Lage sein, seine Zahlen zu interpretieren und in den Gesamtkontext zu setzen.
 
Die Acunomic Group hat ihren Sitz in Asien und Europa. Im asiatischen Markt sind wir mit Acumatica vertreten und in der DACH Region mit Haufe X360, welche Acunomic GmbH mit der Schweizer Lokalisierung betraut hat. Hierbei konnten wir unsere Expertise im Finanzbereich nutzen. In Asien wurde Acunomic von Acumatica eben als einer der Schnellstartpartner des Jahres 2022 nominiert. Wir sind ein internationales Unternehmen mit lokalem Flair und bieten Produkte an, die mehrere Entitäten, mehrere Währungen, Lokalisierung und Integration unterstützen. Was uns von anderen unterscheidet, ist vor allem, dass wir Plattformen und keine Module verkaufen.
 
Was uns nachdenklich stimmt ist, dass immer noch viele ERP-Anbieter nur Module verkaufen. Auf diese Art und Weise sind die Systeme nicht skalierbar, d.h. auf diese Weise können Kunden bzw. Endbenutzer ihr ERP-System nicht mehr mit dem erweitern, was sie integrieren möchten, um ihr Kern-ERP mit den Daten anderer Plattformen zu ergänzen.
 
Aus diesem Grund sollten künftige ERP Systeme skalierbar sein und möglichst den gesamten Bereich der Wertschöpfungskette abdecken. Gerade weil wir zukünftige, technischen Trends und Möglichkeiten frühzeitig erkennen, ist es auch unsere Aufgabe als vertrauenswürdiger Berater unsere Kunden auch über neue, vorteilhafte Systeme aufmerksam zu machen.
 
Wir kombinieren unser Wissen über verschiedene ERP-Technologien aus der Erfahrung früherer System-Implementationen.
 

Wer hat bei der Softwareentwicklung künftig die besseren Karten: grosse Hersteller aufgrund mehr Ressourcen oder kleine Anbieter wegen ihrer höheren Agilität?

Jeder muss sich heute zu vermehrter Agilität bewegen. Mehr Ressourcen bedeuten nicht, dass damit Probleme schneller gelöst werden können.
 
Selbst grosse Player müssen ihre Teams in kleinere Abteilungen aufteilen, um sicherzustellen, dass sich alle dynamisch bewegen, ganz entsprechend den Kundenbedürfnissen oder Benutzeranforderungen.
 
Die klassische Software mit mehr Ressourcen kann komplex sein und braucht damit mehr Zeit für Änderungen und um flexibel auf Kundenanforderungen zu reagieren. Dies kann in unserem dynamischen Markt eine grosse Herausforderung darstellen. Aus diesem Grunde habe ich viele grössere und klassische ERP-Anbieter gesehen, die ihre Teams in kleinere Abteilungen aufteilten, um schnellere Ergebnisse zu erzielen. Zeit und Geld sollten nur in Entwicklungen investiert werden, die wirklichen Mehrwert bringt.
 
Also ich würde sagen, egal ob gross oder klein, beide müssen agil sein!
 
 

Welche Trends werden die ERP-Zukunft in den nächsten 10 Jahren am meisten prägen?

Sehr interessante Frage!
 
Wenn wir unsere Kunden an der Spitze der Innovationsbranche betrachten, insbesondere in den Bereichen E-Commerce, Omnichannel in Kombination mit Grosshandel und Vertrieb, so stellen wir in  den Strategien unserer Kunden fest, dass sie ihre Geschäftsmodelle immer schneller ändern und durch den Eintritt in neue Länder auf mehr Kundensegmente expandieren. Dort betreten sie schnell die neuen Märkte oder ziehen sich genauso schnell aus einigen von ihnen zurück. 
 
Wenn wir dies aus der Perspektive der ERP-Anforderungen betrachten, dann: 
  • bedeutet dies, dass wir einen schnellen Implementierungszyklus und viel Flexibilität in der ERP-Funktionalität bieten müssen.
  • brauchen wir schnelle, praktikable Reports und Einblicke in das ERP System selbst, die nicht nur dem Management, sondern genauso dem Buchhalter, dem Verkaufsleiter oder dem Lagerleiter Einblicke und damit Entscheidungsgrundlage geben – oder grundsätzlich: Benutzerinnen und Benutzern aus allen Abteilungen, welche Bedarf an diesen Informationen haben.
Die besten Tools, die wir anbieten können, sind ERP-Plattformen mit einem internationalem Konzept, bei denen wir unser lokales Fachwissen und die gesetzliche Anforderungen des lokalen Marktes einbringen können. Plattform-ERP bedeutet grundsätzlich, dass wir zusätzliche oder spezialisierte Module einsetzen können, die eine aktive oder gar führende Rolle bei der Integration in eine grössere Systemlandschaft ermöglichen, zusammen mit anderen, unterschiedlichen Applikationen, in unterschiedlichen Ländern oder unterschiedlichen Branchen (Skalierbarkeit). Darauf sind wir spezialisiert, sowohl was die Systeme angeht, als auch was den Sitz unserer Kunden angeht. 
 
Wir können ein Beispiel wie Android und Apple nehmen, wo sie ihren eigenen Marktplatz für unterschiedliche Kundenbedürfnisse haben. Dies zeigt, dass Android und Apple Plattformen sind, auf denen Menschen Daten erstellen und verarbeiten können.
 
Ich bin fest davon überzeugt, dass unsere Kunden den Bedarf haben, ihre geschäftlichen Anforderungen auf einer ERP-Plattform von Anfang bis Ende zu automatisieren und zu rationalisieren. Betrachtet man dies, kommen auch künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen als logische Konsequenz mit ins Spiel. 
 
Der Grund dafür ist: Die meisten ERP-Systeme verfügen über eine Dashboard-Funktion, die Echtzeitinformationen vom Lagerumschlag bis zur Mitarbeiterproduktivität liefern können. Hier können künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen der nächste strategische Ansatz sein, um repetitive Aufgaben zu automatisieren, Lagerhaltung zu optimieren und bessere Geschäftsentscheidungen zu treffen oder sogar Entwickler bei der Programmierung/Anpassung des ERP (Low-Code-ERP) zu unterstützen.
 
Abgesehen von KI und maschinellem Lernen werden kontinuierliche Trends wie Kosteneinsparungen, schnellere Plattformen und ein immer aktuelles, mobilfähiges ERP-System immer die Grundlage aktueller und zukünftiger unternehmerischer Trends bleiben.
 
Zusammenfassend glauben wir, dass ERP-Systeme, welche internationale- und erweiterbare Plattformen bieten (Skalierbarkeit), die ERP-Systeme der Zukunft sind.
 
 

Frau Burgener, wir danken Ihnen für dieses aufschlussreiche Gespräch.

 
 
Acunomic GmbH | 8166 Niederweningen | www.acunomic.com
 
Weitere Informationen und Beiträge bei Acunomic in der topsoft Marktübersicht

 

 
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