Interview mit Christoph Schnidrig von AWS: «Wir haben mit den AWS-Diensten die IT demokratisiert.»

22.01.2025
5 Min.

Amazon Web Services (AWS) ist ein weltweit führender Anbieter von Cloud-Computing-Diensten, in der Schweiz ist AWS seit 2016 mit lokalen Rechenzentren vertreten. Wir haben uns mit Christoph Schnidrig unterhalten, Head of Technology bei AWS in Zürich.

 

Christoph Schnidrig, Head of Technology bei AWS Zürich (Bild zVg AWS)

 

topsoft Fachredaktion: Sie sind Head of Technology bei AWS in Zürich und einer der führenden Köpfe im Bereich Cloud Computing der Schweiz. Was hat Sie motiviert, eine Karriere in der IT und speziell bei AWS einzuschlagen?
 
Christoph Schnidrig: Ich war von klein auf fasziniert von der Technik. Begonnen hat es, als ich im Alter von zehn Jahren bei meinen Nachbarn einen Commodore 64 entdeckt habe. Mit Zeitungsvertragen habe ich mir meinen eigenen Commodore 64 verdient und da wurde mir klar, dass ich etwas mit Computern machen wollte. Mit meiner Elektromechanikerlehre konnte ich dann bei Siemens SPS-Steuerungen programmieren und ein bisschen in die IT Richtung gehen. Und dann ging es Schritt für Schritt.
 
Bei meinem letzten Arbeitgeber integrierten die Produkte über die Jahre stets in neuste Technologien – angefangen mit Server-Virtualisierung über Container bis hin zur Cloud. Die Systeme wurden spezifisch in AWS integriert und ich habe dann begonnen, mich auch selbst damit auseinanderzusetzen. Und so bin ich dann vor einigen Jahren bei AWS gelandet.
 
AWS hält ja mit über einer Million Usern ungefähr 41,5 % des globalen Cloud Computing Markts. In der Schweiz hat das Unternehmen etwas mehr als 10'000 Kunden. Wie wichtig ist die kleine Schweiz für AWS wirklich?
 
Unsere Kunden kommen aus allen Wirtschaftszweigen und Grössen, von Bundesbehörden über Grossunternehmen wie die Zürich Versicherung bis hin zu Start-ups wie Anybotics, einem ETH-Spin-off. Gemeinsam mit über 150 Partnern in der Schweiz unterstützen wir die Kundschaft umfassend.
 
Seit 2016 sind wir in der Schweiz präsent, mit Büros in Zürich, Bern und Genf. Vor zwei Jahren haben wir eine lokale Rechenzentrum-Region eröffnet und planen, in den nächsten zwölf Jahren fast sechs Milliarden Franken zu investieren. Zudem haben wir im letzten Sommer mit Lehrlingsausbildungen in diesen Rechenzentren begonnen.
 
Jedes Rechenzentrumscluster hat mindestens drei weit voneinander entfernte Standorte, was eine hohe Ausfallsicherheit gewährleistet. Kunden können ihre Infrastruktur z. B. in «Europe Zürich» aufbauen, wodurch ihre Daten in der Schweiz gespeichert und verarbeitet werden. Sie haben jedoch die Wahl aus weltweit 34 Rechenzentrums-Regionen.
 
Also kurz, die Schweiz ist wichtig für uns, wir investieren viel und langfristig und man kann sagen, wir sind «here to stay».
 
Die Schweiz ist ein KMU-Land und AWS stellt sichere und skalierbare Cloud Dienste bereit, die insbesondere von grossen Unternehmen genutzt werden. Was bieten sie denn KMU für Vorteile?
 
Wir haben eigentlich mit den AWS-Diensten die IT demokratisiert. Früher war eine potente IT Abteilung ein grosser Vorteil für eine Firma. Sie konnte Services erbringen, die für kleinere Firmen unerreichbar waren. Dank der Cloud und mit der Demokratisierung dieser IT Services hat heute ein Ein-Personen-Startup dieselben Möglichkeiten. 
 
Insbesondere Startups setzen auf fixfertige Services und können so schnell wachsen. So helfen Cloud Services auch KMU und kleinen IT Abteilungen, da ihnen sehr viel Arbeit abgenommen wird. Und gleichzeitig profitieren sie von hohen Investitionen, insbesondere im Bereich Sicherheit und Verfügbarkeit.
 
Wie schaffen Sie den Zugang zu den KMU? Die wissen oft gar nicht, was Sie können und was sie auch noch brauchen könnten. Wie kommen Sie da rein?
 
Viele KMU haben noch Server vor Ort, auf denen ihre Anwendungen laufen. Jetzt gibt es zwei Punkte: Erstens werden immer mehr Applikationen als Software as a Service (SaaS) angeboten, bei denen die KMU indirekt Kunden sind, wenn sie ein SaaS nutzen, das bei uns läuft. Zweitens könnten KMU ihre Server durch virtuelle Server bei uns ersetzen, was das Management von Rechenräumen und Hardware-Lifecycles überflüssig macht. Gleichzeitig profitieren sie von unseren Sicherheitsfunktionen und dem abgesicherten Netzwerk. Unsere Partner sind hierbei wichtig, da sie die KMU beraten und oft empfehlen, Anwendungen in die Cloud zu verlagern, statt neue Server zu kaufen.
 
Also Zielkunde ist am Schluss das KMU, aber ihr sprecht sie nicht wirklich direkt an, sondern über die Partner vor Ort, da diese Ihre Lösungen kennen. Kann man das so sagen?
 
Wir sprechen sie schon auch direkt an. Wir haben einerseits Veranstaltungen, die wir durchführen und so die Leute informieren und ausbilden. Und wir haben Plattformen, auf denen wir Kurse anbieten. 
 
Welche Rolle spielt denn die Cloud Sicherheit für AWS und was sollten die Unternehmen dabei beachten? Anders wo liegt die Verantwortung für die Sicherheit bei AWS? Wo bei der Kundschaft selbst?
 
Kunden vertrauen uns mit ihren sensitivsten Daten und dafür unsere Cloud gebaut. Von uns war von Tag eins an bewusst, dass Sicherheit das oberste Thema ist. Wenn ein Kunde bei uns baut, dann sind wir für die Sicherheit der Cloud und vom Service zuständig, den er nutzt. Und er ist dafür zuständig, wie er diesen Service konfiguriert oder was er damit tut. Und dann haben wir ein grosses Security Team, das 24/7 unsere Infrastruktur überwacht und die bestmögliche Sicherheit garantiert.
 
Gerade der Einsatz von Künstlicher Intelligenz durch Kriminelle verschärft die Bedrohungslage für Schweizer KMU markant. Wie begegnet AWS dieser Gefahr konkret?
 
Wir arbeiten ständig daran, neue Attacken zu entdecken und zu entschärfen, indem wir massiv in Threat Intelligence investieren. Mit dem weltweit grössten Netzwerk beobachten wir Attacken aus erster Hand. Seit Jahren betreiben wir ein globales Honeypot-Netzwerk, das Angriffe gezielt anzieht, um neue Bedrohungen zu identifizieren. Täglich registrieren wir 100 Millionen potenzielle Gefahren und klassifizieren 500’000 davon als bösartig.
 
Ein weiteres Instrument ist unser internes Graphenmodell mit über 48 Milliarden Elementen, das Internetdomains klassifiziert. In einer AWS-Region sehen wir täglich bis zu 200 Trillionen DNS-Anfragen und entdecken durchschnittlich 182’000 bösartige Domains pro Tag, die mit Phishing, Malware und Botnetzen in Verbindung stehen. Diese Informationen nutzen wir nicht nur zum Schutz unserer eigenen Infrastruktur, sondern stellen sie auch als Service zur Verfügung, den Kunden mit einem Klick in ihrem Account aktivieren können. 
 
Gibt es daneben noch andere spezifische Tools oder Dienste von AWS, die KMU helfen können, ihre Cyber Security zu verbessern?
 
Ja, wir haben über 300 Sicherheitstools, Funktionen und Services in der Cloud, die wir zur Verfügung stellen, um die Sicherheit gewährleisten zu können. Aber da verweise ich auf unser Security Maturity Framework, denn man ist sehr schnell überwältigt von der grossen Funktionalität. 
 
Welches Thema möchten Sie gerne noch ansprechen, das wir nicht auf dem Radar haben?
 
Ich habe ja erwähnt, dass AWS zur Demokratisierung der IT beigetragen hat. Und dasselbe passiert auch an der KI-Front. Wir entwickeln und bieten Services im Bereich generativer KI damit alle Unternehmen von diesen Technologien profitieren können. Gerade in der Schweiz sehen wir viele produzierende Unternehmen, die ständig unter Druck sind – aber das treibt die Innovation voran. Damit das aber funktioniert, braucht es einfachen Zugang zur Technologie. 
 
Zum Schluss eine Frage auf der leichteren Seite. Was machen Sie, wenn Sie mal abschalten wollen? 
 
Ich bin mich aktiv am Erholen. Also entweder mache ich etwas mit meinen Kindern, die aber langsam im jungen Erwachsenenalter sind. Und ansonsten programmiere ich entweder an meiner Home Automation herum oder sitze auf dem Mountainbike. Also ich bin sehr gerne in der Natur und am liebsten auf dem Mountainbike. Also ja, da trifft man mich sehr oft an.
 
Christoph Schnidrig, besten Dank für das interessante Gespräch.

 

 

 

Der Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 24-4

 

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