GEO – Strategische Positionierung im Zeitalter der Antwortmaschinen

09.10.2025
3 Min.

Suchmaschinen verlieren an Bedeutung, Antwortmaschinen gewinnen. ChatGPT, Gemini oder Perplexity liefern direkte Antworten, ohne Klick auf eine Website. Für Unternehmen bedeutet das: Wer nicht Teil der Antwort ist, existiert nicht. Generative Engine Optimization (GEO), oder auch Answer Engine Optimization (AEO) genannt, wird zum strategischen Imperativ, um Markenrelevanz und Sichtbarkeit im digitalen Wettbewerb zu sichern.

 

Symbolbild Copilot

 

Die Dominanz der klassischen Suchmaschine lässt mit hoher Geschwindigkeit nach. Statt lange Linklisten zu präsentieren, liefern Systeme wie ChatGPT, Google Gemini oder Perplexity direkte Antworten. Für Unternehmen bedeutet das einen grundlegenden Wechsel: Sichtbarkeit und Traffic werden zukünftig nicht mehr primär durch Platzierungen in Suchergebnissen und Gebotsstrategien bestimmt, sondern neu auch durch Präsenz in Antwortfeldern.

Dieser Wechsel hat massive Folgen: Immer mehr Suchanfragen enden ohne Klick auf eine Website. Studien zeigen, dass in Europa und der Schweiz 2025 zwischen 26 und fast 60 Prozent aller Suchanfragen in sogenannten Zero-Click-Situationen münden (1). Besonders auf Mobilgeräten steigt dieser Anteil rapide. Mit der Einführung von Googles AI-Overviews hat sich die Lage verschärft: Der Anteil der Suchanfragen mit AI-Übersicht verdoppelte sich allein zwischen Januar und März 2025 von 6.5 auf 13 Prozent. Gleichzeitig sank die Klickrate auf den ersten organischen Treffer von 28 auf 19 Prozent (2).

Das bedeutet: Die Logik von SEO, Traffic über Klicks zu generieren, verliert an Kraft. Relevanz wird neu definiert: Nicht mehr nur der Rang in den Suchergebnissen entscheidet, sondern, ob ein Unternehmen direkt in der Antwort auftaucht.

Conversion: GEO schlägt SEO

Während Klicks seltener werden, steigt die Qualität der Nutzenden, die über AI-Antworten kommen. Unternehmen, die in AI-Antworten sichtbar sind, verzeichnen 25 bis 40 Prozent höhere Conversion-Raten (3). In einzelnen Branchen liegt der Wert sogar bis zu neunmal höher. Der Grund: Nutzende in Antwortmaschinen suchen häufig hochspezifisch und sind unmittelbar handlungsbereit. GEO bedeutet also nicht nur Sichtbarkeit, sondern auch messbare Conversion-Steigerung, auch wenn nicht immer zwingend eine Umsatzsteigerung damit einhergeht. Unternehmen, die Teil der Antwort sind, erreichen Kundinnen und Kunden im entscheidenden Moment der Kaufentscheidung.

Citations statt Klicks: Neue Währung der Sichtbarkeit

AI-Modelle zitieren Quellen weit häufiger, als sie diesen tatsächlich Traffic liefern. Aktuelle Studien zeigen, dass eine Website in zehntausenden AI-Antworten genannt werden kann, aber nur 0,1 bis 0,3 Prozent Referral-Traffic erhält (4). Für Marken ist das dennoch wertvoll: Sichtbarkeit in AI-Antworten schafft Vertrauen und Autorität. Die Frage bleibt, ob diese Zitierungen den Verlust an klassischem Traffic kompensieren können. Doch für Markenwahrnehmung und Glaubwürdigkeit sind sie bereits sehr wertvoll.

Das Paradox der AI-Übersichten

Während die Klickzahlen sinken, steigt die Interaktion mit den Antworten. Nutzende verbringen mehr Zeit in den generierten Antworten, vergleichen dort Informationen und treffen direkt Entscheidungen. Für Marken bedeutet dies: Sichtbarkeit in AI-Übersichten zahlt stärker auf Relevanz und Vertrauen ein als klassische Klickzahlen, bringt aber nicht zwingend Traffic auf die eigenen Kanäle.

Prognose: Klassischer Traffic verliert bis 2028 die Oberhand

Gartner erwartet bis 2026 einen Rückgang des organischen und bezahlten Such-Traffics um 25 Prozent (4). SEMrush prognostiziert, dass AI-Search Visitors ab 2028 erstmals die klassischen Suchbesucher überholen werden (5). Besonders betroffen sind Branchen mit informationsgetriebenen Suchanfragen wie z. B. Medien, Gesundheit, Versicherung und Vorsorge, Ratgeber. E-Commerce und lokale Suchen sind bisher stabiler, doch auch hier verschiebt sich die Aufmerksamkeit zunehmend in die AI-Antworten.

Agentic Commerce am Horizont

Ein weiterer Trend ist der Übergang vom reinen Informationsabruf zum vollständigen Transaktionsprozess innerhalb von Antwortmaschinen. In den USA laufen bereits konkrete Tests: OpenAI hat ChatGPT mit einer Shopping-Funktion ausgestattet, die zunächst auf Händlerseiten weiterleitet, aber durch eine Partnerschaft mit Shopify tiefere Integrationen verspricht. Google integriert mit dem Projekt Mariner Kaufprozesse direkt in den neuen AI Mode der Suche, inklusive komplexerer Transaktionen wie Ticketkäufen. Perplexity wiederum hat mit PayPal eine Lösung gestartet, die einen vollständigen Checkout innerhalb des Chats erlaubt. Nutzerinnen und Nutzer bleiben von der Produktsuche bis zum Kaufabschluss im Dialogfenster, ohne eine Website aufzurufen.

Dieses Szenario wird als Agentic Commerce bezeichnet. Es markiert den Übergang von der Suche nach Informationen zur direkten Abwicklung von Transaktionen in der Antwortmaschine. Für Unternehmen bedeutet das: Sichtbarkeit allein reicht nicht mehr, sie müssen sich darauf einstellen, dass Kaufentscheidungen und Zahlungen in Zukunft direkt in Chat-Umgebungen stattfinden. In den USA sind diese Funktionen bereits verfügbar. In Europa dürfte die Einführung in den kommenden Jahren folgen. Damit entsteht ein völlig neues Spielfeld für E‑Commerce und digitales Marketing.

Erfolgsfaktoren für GEO

Was entscheidet, ob eine Marke Teil der Antwort wird? Die aktuelle Forschung zeigt klare Muster:

  • Frage-Antwort-Formate (FAQ, HowTo): AI-Systeme bevorzugen strukturierte Inhalte mit präzisen Antworten.
  • Tabellen und Listen: Klare Vergleiche und Ranglisten werden besonders oft übernommen.
  • Prägnante Claims: Aussagen unter 25 Wörtern, mit Zahlen, Jahresangaben und Quellen, haben eine höhere Zitierwahrscheinlichkeit.
  • Schema.org/JSON-LD: Metadaten wie FAQPage, HowTo, Product oder Dataset sind zentral für maschinenlesbare Sichtbarkeit.
  • Visuelle Aufbereitung: Mini-Charts, hervorgehobene Zahlen und Boxen steigern die Chancen, als AI-Answer zu erscheinen.

Technische Basis: MCP-Server

Neben Schema.org und JSON-LD rückt eine weitere Komponente in den Fokus: der MCP-Server. Er fungiert als standardisierte Schnittstelle zwischen KI-Anwendungen und externen Datenquellen. Damit können Unternehmen ihre Inhalte, Produktdaten oder Services so bereitstellen, dass Antwortmaschinen sicher darauf zugreifen und sie in Antworten integrieren. Ob Dateisystem, Datenbank oder API: Der MCP-Server erweitert die Reichweite maschinenlesbarer Inhalte und wird damit zu einem Schlüssel für GEO.

Schweizer Unternehmen als Vorreiter

Auch in der Schweiz beginnen Unternehmen, ihre Inhalte gezielt für Antwortmaschinen zu optimieren. Erste Fallstudien zeigen: Marken mit klar strukturierten Daten, FAQ-Formaten und präzisen Inhalten erzielen bis zu 40 Prozent höhere Sichtbarkeit in AI-Antwortboxen und Knowledge Panels. Besonders im E-Commerce und in digitalen Dienstleistungen erhöht dies die Markenrelevanz und stärkt das Vertrauen der Kundschaft, wenn Inhalte in ChatGPT, Gemini oder Perplexity direkt zitiert werden.

Organisatorische Herausforderungen und nächste Schritte

Die Transformation von SEO zu GEO ist nicht nur eine technische Aufgabe. Sie verlangt nach einem Umdenken in Marketing und Kommunikation:

  • Technik: Websites müssen technisch sauber aufgestellt sein, ergänzt durch strukturierte Daten und semantisches Markup.
  • Inhalt: Nur präzise, zitierfähige Inhalte im Frage-Antwort-Stil erscheinen in AI-Antworten.
  • Externe Sichtbarkeit: AI-Modelle bevorzugen Quellen mit hoher Glaubwürdigkeit. Erwähnungen in Fachartikeln, Vergleichsportalen und Medien sind entscheidend.

Neue Rollen gewinnen an Bedeutung: Content Engineers strukturieren Inhalte maschinenlesbar, AI-Strateg*innen steuern Tools und Sichtbarkeit, und Data Stewards sichern Datenqualität.

Damit GEO erfolgreich wird, braucht es auch einen Mindset-Shift: Erfolg darf nicht mehr primär an Traffic gemessen werden, sondern an Präsenz, Zitierungen und Relevanz in AI-Antworten.

Handlungsempfehlungen für Unternehmen

  • Inhalte im Frage-Antwort-Stil entwickeln und visuelle Elemente einbauen.
  • Schema.org-Markup systematisch einsetzen – von FAQ bis Produktdaten.
  • Claims klar, kurz und belegbar formulieren.
  • Neue KPIs definieren: Erwähnungen, Zitierungen, AI-Reichweite.
  • Eigene AI-Workflows nutzen, um Content effizient anzupassen.
  • Sichtbarkeit in AI-Antworten regelmässig monitoren und Strategien anpassen.
  • Vertrauen aufbauen durch Fachartikel, Studien und unabhängige Vergleichsportale.

Fazit

Die Ära der Antwortmaschinen verändert das digitale Spielfeld grundlegend. Klassische SEO bleibt eine Basis, reicht aber nicht mehr. Sichtbarkeit entsteht dort, wo Antworten generiert werden – in ChatGPT, Gemini, Perplexity, Googles AI Overviews und noch vielen mehr.

Generative Engine Optimization ist damit nicht Kür, sondern wird zur Pflicht. Unternehmen, die ihre Inhalte frühzeitig für AI-Antworten optimieren, sichern sich einen Platz im neuen digitalen Ökosystem und damit Relevanz, Vertrauen und Wachstum. Mit Agentic Commerce kündigt sich zudem eine nächste Stufe an, in der Kaufprozesse direkt in Antwortmaschinen stattfinden.

Der Wandel betrifft jedoch mehr als nur Technik und Content: Er zwingt Organisationen, neue Rollen zu schaffen, Kennzahlen neu zu definieren und eigene AI-gestützte Workflows aufzubauen. Unternehmen, die jetzt handeln, bauen nicht nur Sichtbarkeit auf, sondern verschaffen sich einen entscheidenden Vorsprung in einem zunehmend Zero-Click geprägten Ökosystem.

 

Quellen

1) https://www.seoptimizers.ch/en/2025-study-60-of-global-google-searches-result-in-zero-clicks/

https://www.seo-suedwest.de/9851-anteil-der-zero-click-searches-bei-google-laut-studie-stark-gestiegen.html

https://upandsocial.com/zero-click-searches-2025-trend-analysis/

2) https://leadeffect.de/blog/google-ai-overview/

https://www.notebookcheck.com/Suchmaschinen-im-Wandel-Googles-AI-Overviews-druecken-Klickzahlen-deutlich.1070151.0.html

3) https://www.forbes.com/sites/lutzfinger/2025/06/19/study-shows-llm-conversion-rate-is-9x-better---aeo-is-coming/

4) https://ahrefs.com/blog/ai-marketing-statistics/

5) https://t3n.de/news/seo-ki-chatbots-suche-traffic-1609052/

6) https://www.semrush.com/blog/ai-search-seo-traffic-study/

7) https://opentools.ai/news/perplexity-ai-and-paypal-join-forces-in-an-agentic-commerce-revolution

https://www.ecommercenorthamerica.org/2025/04/27/chatgpt-shopify-integration-ai-shopping

 

Der Autor

Marco Schulz ist Managing Director bei elaboratum suisse

 

Über elaboratum suisse

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