Veränderliche Anforderungen und Prioritäten erfordern eine flexible Vorgehensweise. Agile Methoden bieten die notwendige Flexibilität, setzen jedoch ein hohes Mass an methodischer Kompetenz und Anpassungsfähigkeit der am Prozess Beteiligten voraus.
Möglicher Zeitplan für die Einführung von agilen Arbeitsmethoden (Quelle: BKI AG)
In einem zunehmend dynamischen Umfeld sind traditionelle Projektmanagement-Ansätze oft nicht mehr in der Lage, den sich schnell verändernden Anforderungen und Technologien gerecht zu werden. Aus diesem Grund steigt das Bedürfnis nach agilen Methoden. Doch welche Methode passt zu meiner Organisation? Welche Teams sind betroffen? Wie hoch ist der Reifegrad der Organisation bezüglich agiler Methoden?
Erfahrungsgemäss ist die Einführung von agilen Methoden am erfolgreichsten, wenn das Vorhaben als Projekt mit entsprechender Begleitung durch einen Agile Coach durchgeführt wird.
Evaluation von möglichen agilen Methoden
Ein Projekt startet meist mit der Phase «Initialisierung». In dieser Phase werden verschiedene Varianten analysiert, bewertet und priorisiert. Bewährt hat sich die Definition eines Kernteams, welches als Projektteam zur Einführung der agilen Methoden fungiert.
Am Anfang wird eine Situationsanalyse durchgeführt und eine Auswahl an potenziellen agilen Methoden definiert. Jede Methode hat ihre Vor- und Nachteile sowie ihre präferierten Anwendungsbereiche. Nun gilt es, die für die eigene Organisation passende Methode zu identifizieren. Die Einschränkung der Anzahl Methoden findet oft im Rahmen einer Studie statt. Sie beinhaltet eine SWOT-Analyse mit einer Bewertung pro Methode. Ein Agile Coach kann dabei helfen, eine geeignete Selektion für die späteren Test-Zyklen zu treffen. In der Praxis haben sich drei bis sechs Methoden bewährt.
Eine Auswahl von möglichen agilen Methoden:
- KANBAN
- Scrum
- Design Thinking
- Lean Startup
- LeSS (Large Scale Scrum)
- Scrum of Scrum
- Interaction Design
Anschliessend wird eine Planung erstellt. Sie beinhaltet die Tests der priorisierten Methoden sowie die Bereitstellung der benötigten Tools mit entsprechender Infrastruktur. Für jede Methode wird eine Schulungssequenz und eine Begleitung durch einen Agile Coach geplant.
Erprobung von agilen Methoden und Tools
In der Phase Umsetzung werden die priorisierten agilen Methoden mit den entsprechenden Tools während ein bis zwei Zyklen (Sprints) getestet und im Rahmen eines Lessons Learned oder Rückblicks (Retrospektive) analysiert und bewertet. Jede agile Methode wird vorgängig von einem Agile Coach geschult und eingeführt, um die Grundlage für die agile Arbeitsweise zu schaffen. Der Vorteil an diesem Vorgehen liegt darin, dass jede Methode sofort getestet und ausgewertet werden kann.
Durch Coaching und Begleitung lernt das Projektteam verschiedene agile Techniken kennen und anwenden. Wichtig ist dabei auch die Anpassung der agilen Methoden auf die Bedürfnisse der Organisation mit den entsprechenden Rahmenbedingungen wie beispielsweise die verfügbaren personellen Ressourcen.
Der Coach sollte eine hohe Methodenkompetenz aufweisen und nicht selbst von der Transformation betroffen sein.
In der Praxis hat sich der Einstieg in die Welt der agilen Methoden mittels KANBAN bewährt. KANBAN lässt sich schnell anwenden. Zudem werden die agilen Prinzipien von Anfang an gelebt.
Experimentelles Arbeiten mit unterschiedlichen Methoden und Frameworks unterstützt die Findung der passenden Arbeitsweise.
Im Laufe der Phase «Umsetzung» entscheidet sich das Kernteam für eine einzelne oder eine Kombination von mehreren agilen Methoden, welche für das Einsatzgebiet der Organisation geeignet sind. Nicht für jedes Team sind die gleichen Arbeitsweisen sinnvoll. Es kann auch sein, dass unterschiedliche Teams verschiedenen Arbeitsmethoden einsetzen. Der Entscheid ist in der Grafik mit dem Meilenstein «Methodenwahl» dargestellt. Um den langfristigen Erfolg der Methodenwahl zu gewährleisten, ist ein enger Einbezug der Stakeholder wie beispielsweise des Managements und weiterer Teams erforderlich.
Einführung von agilen Methoden
Nach getroffener Methodenwahl wird die gewählte Lösung iterativ auf die Organisation ausgerollt und die Arbeitsmethode dabei laufend optimiert.
Der Coach unterstützt und begleitet bei der Einführung und Schulung mit dem Ziel, dass das Kernteam und die Teams nach Abschluss des Projekts selbstständig Optimierungen an ihrer Arbeitsweise und den Prozessen vornehmen können.
Herausforderungen
Verschiedene Herausforderungen können die Einführung von agilen Methoden belasten. Beispielsweise ist der Scrum-Prozess auf den Einsatz von 100%-Pensen ausgelegt. Die Zeremonien sollten bei kleineren Pensen angepasst werden.
Für viele Mitarbeitende stellt die Transparenz bezüglich der Arbeit eine Herausforderung dar. Die offene Kommunikation über den Stand der Arbeiten, aufgetretene Hindernisse und Probleme verlangen einen anspruchsvollen Kulturwandel. Ein Agile Coach kann dabei unterstützen, die Selbst- und Eigenverantwortung zu fördern.
Ohne ein klares Verständnis bezüglich der agilen Prinzipien und Werte sowie des agilen Mindsets besteht die Gefahr, dass die Methoden nicht gelebt werden. Dies kann zu Effizienzverlusten und Misserfolgen führen. Umso wichtiger sind die Begleitung und Befähigung durch einen Agile Coach, welcher die Organisation in der Transformation begleitet.
Je nach Tool und Infrastruktur fallen entsprechende Lizenz- und oder Betriebskosten an. Diese gilt es bei der Methodenwahl zu berücksichtigen.
Eine weitere Herausforderung kann die Skalierung auf die Organisation darstellen. Agile Methoden funktionieren oft für ein kleines Team problemlos. Je grösser die Teams, beziehungsweise je mehr Teams und Abteilungen betroffen sind, desto komplexer werden die Abhängigkeiten und umso anspruchsvoller die Kommunikation.
Erfolgsfaktoren
Damit die Einführung von agilen Methoden in der Organisation ein Erfolg wird, braucht es die Unterstützung durch das Management. Führungskräfte müssen die agilen Prinzipien nicht nur unterstützen, sondern auch vorleben.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Schulung der Teams in agilen Methoden sowie die Bereitschaft der Mitarbeitenden für kontinuierliches Lernen.
Der Einsatz von geeigneten Tools und Technologien zur Unterstützung der Zusammenarbeit ist entscheidend für die Effizienz der Teams.
Zudem braucht es Geduld und regelmässige Reflexion für die Transformation.
Die Autorin
Corinne Staub ist Senior Consultant und Trainerin sowie Schulungsverantwortliche bei der BKI AG. www.bki.ch
Publikation in Zusammenarbeit mit:
VIW – Wirtschaftsinformatik Schweiz | www.viw.ch
Der Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 24-3
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