Es ist Zeit für AR in Unternehmen

09.01.2019
4 Min.

Erweiterte Realität (Augmented Reality oder AR) gewinnt bedeutend an Fahrt und geht weit über Konsumenten-Spiele wie Pokémon GO und Unterhaltungsangebote hinaus. Diese bahnbrechende Technologie gestaltet die Zukunft des Internets der Dinge. Und sie verändert das alltägliche Leben und unseren Umgang mit den realen Dingen, mit denen wir überall konfrontiert sind – sogar, und vielleicht am Wichtigsten, in den Unternehmen. 

Das Internet der Dinge und das maschinelle Lernen wirken sich bereits stark auf die Art aus, wie wir Produkte betreiben, pflegen und warten. Mit der erweiterten Realität – häufig auch als Augmented Reality oder AR bezeichnet – gibt es nun eine Technologie auf dem Markt, mit der es uns gelingt, unsere Interaktionen und Erfahrungen ebenfalls zu modifizieren. AR erlaubt, mit digitalen Informationen in Form von Computergrafiken die reale Ansicht der physikalischen Welt zu überlagern.

Mit anderen Worten: Digitale und physikalische Welten werden in einer vereinten, visuellen Erfahrung zusammengeführt. Der explosive Anstieg bei intelligenten, mobilen Endgeräten wie Telefonen und Tablets sorgt dafür, dass AR in der Mitte der Gesellschaft ankommt. Zudem ist mit der Microsoft HoloLens die erste tragbare binokulare AR-Brille frei verfügbar. In der Zwischenzeit sind weitere tragbare Geräte auf den Markt gekommen von Unternehmen wie ODG, Epson, Vuzix und vielen anderen. 

 

Im Servicebereich versorgen Sensoren im Gerät Servicetechniker mit Echtzeit-Informationen zu Material-, Funktions- und Wartungsstatus wie hier am Beispiel Caterpillar.

 

Hardware alleine reicht nicht aus

Diese in der Hand oder am Körper getragenen Geräte sind notwendig, reichen aber allein noch nicht aus. Man benötigt Anwendungen, um damit echten Mehrwert zu erzielen – Anwendungen, die erweiterte, digitale Inhalte für die physikalische Welt generieren und anreichern. Diese können beispielsweise entstehen, wenn digitale 3D-Produktbeschreibungen mit Konnektivität und Analysemöglichkeiten zusammengeführt werden. Anders ausgedrückt: Das Wunder geschieht, wenn 3D-CAD auf IoT und AR trifft. Für Endverbraucher wurden bereits zahlreiche Anwendungen entwickelt, allerdings kratzen diese meist nur an der Oberfläche der Möglichkeiten und schöpfen das Potenzial von AR bei weitem nicht aus. AR wird die Welt – und unser Leben – dann verändern, wenn wir es in den Unternehmen zum Einsatz bringen. 

Es ist Zeit für AR in den Unternehmen

Die Anzahl der Einsatzmöglichkeiten der erweiterten Realität in Unternehmen ist nahezu unbegrenzt. So kann mit der Technologie die Produktentwicklung validiert werden, indem vor allem in den ersten Entwicklungsstadien keine aufwändigen physischen Prototypen mehr gebaut werden müssen, sondern der Entwickler einen sogenannten digitalen Zwilling auf dem Tisch oder im Raum erschafft und sich darin bewegt.

Virtuelle Anzeigetafeln ergänzen die Überwachung der Betriebsabläufe und Gerätezustände. Darüber hinaus können Produkte mit Steuerungen versehen werden, ohne dass diese direkt sichtbar sind. Auch der Produkteinsatz kann mit Hilfe von AR optimiert werden. Das fängt mit dem Wegfall konventioneller Benutzerhandbücher an – hier kommen stattdessen virtuelle Tutorien und Assistenten zum Einsatz – und hört bei eingeblendeten Vorschlägen für Betriebseinstellungen des Produkts auf Basis von Sensormessungen und der Analyse des Gerätezustands längst nicht auf. 

Der Service wird eine der ersten Killerapplikationen für AR in Unternehmen

Die Funktionalitäten von AR revolutionieren insbesondere den Servicebereich. Produkte werden zunehmend komplexer, die Service-Teams zunehmend älter – und nehmen ihr wichtiges Erfahrungswissen oft in den Ruhestand mit: Die daraus resultierende Herausforderung, das Know-how für einen erfolgreichen Aussendienst zur Verfügung zu stellen, besitzt für die Service-Organisationen höchste Priorität. Hier kann AR einen sehr wertvollen Beitrag leisten. Die visuelle Bereitstellung von Anweisungen – Schritt für Schritt eingeblendet auf das Produkt –  löst auch hier sperrige Handbücher und Wartungslisten sowie zeit- und kostenintensive Trainings des Servicemitarbeiters am Produkt ab. Das sorgt für sofortigen Nutzen und für sichtbare wirtschaftliche Mehrwerte. 

Mit Plattformen wie Vuforia einfach implementiert

Der Weg zur eigenen Augmented Reality-Anwendung kann einfacher sein, als es zunächst klingen mag. Jedes zukünftige AR-Szenario verwendet Informationen aus verschiedenen Systemen wie CAD, PLM oder andere Unternehmensdaten und setzt auf IoT-Plattformen wie ThingWorx als Basis auf. Um daraufhin ein wirkliches AR-Erlebnis zu bieten, können Unternehmen auf Plattformen wie Vuforia zurückgreifen. Speziell für die Anforderungen der Entwickler konzipiert, stellt dessen Kernstück, die Vuforia Engine, das digitale Auge in den Applikationen dar. Es wird mithilfe sogenannter Software Development Kits (SDKs) in die eigenen Applikationen eingefügt. Dieses Auge kann die Dinge im Anzeigebereich der Kamera identifizieren. Dazu gehören Bilder, Objekte und sogar Worte. Es teilt der Applikation mit, was beziehungsweise welches „Ding“ es jeweils sieht und wo genau sich dieses befindet. Dann liegt es am Entwickler, auf Basis dieser Informationen ein AR-Erlebnis in Verbindung mit dem betrachteten Objekt zu gestalten. 

Über die ThingMark zum Augmented Reality-Erlebnis

Etwas Wichtiges fehlt aber noch, wenn es darum geht, ein Produkt und seinen digitalen Zwilling – also die entsprechenden digitalen Informationen zu einem realen Objekt – zu identifizieren: eine einzigartige Kennzeichnung. Barcodes, QR-Codes und Ähnliches haben ihre Grenzen und erweisen sich für AR-Erlebnisse als unzureichend, da sie gleichzeitig auch das Erscheinungsbild des Produktes verändern. Deshalb wurde die ThingMark entwickelt. Damit lassen sich alle Dinge bis hin zur Seriennummer identifizieren. Gleichzeitig geniessen Entwickler ein hohes Mass an Flexibilität, da das verwendete Bild beliebigen Ursprungs sein kann – etwa ein Firmenlogo oder ein Bild, das die Marke repräsentiert. Der Zeichencode besteht aus unterschiedlichen Elementen und je mehr Elemente verwendet werden, desto mehr Daten werden damit verbunden. 

Digitaler Zwilling – noch einfacher gemacht

Ohne ein ThingMark zu verwenden kann mit "Spatial Target" ein Produkt auf eine Fläche platziert werden. Wenn Sie z.B. einem potenziellen Kunden zeigen möchten, wie ein Generator an einer bestimmten Stelle vor Ort aussehen würde, verwenden Sie die Funktion „Spatial Target“ um Ihr AR-Erlebnis zu erstellen. Anschliessend wählen Sie einfach eine beliebige Fläche vor Ort beim Kunden und zeigen ihm den Generator genau an dieser Stelle. Noch einfacher geht es mit dem "Model Target", mithilfe von digitalen 3D-Modellen können Sie die physischen Objekte automatisch erkennen und die entsprechenden 3D-Augmentationen anzeigen, ohne dass ein ThingMark auf dem Objekt erforderlich ist. Das heisst automatisch wird ein Produkt erkannt und die dazugehörige Anweisung (z.B. die entsprechende Serviceanleitung für den Generator) wird am richtigen Ort dargestellt.

Vuforia Studio macht es Unternehmen einfach

Die Basistechnologie steht – was Unternehmen nun brauchen, sind entsprechende Anwendungen, die erweiterte, digitale Inhalte für die physikalische Welt generieren, sie für den Einsatz zur Verfügung stellen sowie eine App, die den Durchblick im späteren Dschungel der zahlreichen einzelnen Geräte und ThingMarks wahrt. PTC bietet hierfür mit Vuforia Studio beispielsweise ein leistungsfähiges Werkzeug für Unternehmen zum codefreien Erstellen von AR-Erlebnissen an.

Vuforia Studio eröffnet Unternehmen einen einfachen Zugang zur erweiterten Realität, indem bestehende 3D-Objekte sowohl aus der führenden 3D-CAD-Software Creo als auch aus anderen gängigen 3D-Modellierungswerkzeugen verwendet werden können. Diese Daten lassen sich daraufhin mit einfach erstellten Animationen und Sequenzen ebenso kombinieren wie mit IoT-Sensordaten aus ThingWorx wie Temperatur oder Betriebsgeschwindigkeit. Die Integration der Daten erfolgt mithilfe verschiedener Technologiekomponenten, die die Entwicklung von AR-Anwendungen vereinfachen. In Creo Illustrate für die grafische Gestaltung sowie Animationssequenzen und Vuforia Studio wird das AR-Erlebnis mit Hilfe einer benutzerfreundlichen Oberfläche erstellt. Beide Anwendungen sind im
Vuforia Studio Paket enthalten, sodass auch Anwender, die CAD-Lösungen von anderen Anbietern nutzen, in nur wenigen Klicks ihre eigene AR-Applikation veröffentlichen können. Vuforia View wiederum ist eine einzelne Applikation, die die ThingMark eines jeden Produkts einscannt und den Nutzer auffordert, das zugeordnete Erlebnis auszuwählen. Im Anschluss daran wird dieses heruntergeladen und gestartet. 

Die erweiterte Realität ist reif für die Unternehmen

Die erweiterte Realität bietet den Unternehmen und ihren Kunden die Chance, Dinge völlig anders zu erleben, indem digitale Daten nahtlos mit der physikalischen Welt verbunden werden. Die Unternehmen werden effektiver, da sie für spezielle Aufgaben weniger Zeit und Geld benötigen, gleichzeitig werden Zufriedenheit und Loyalität der Kunden steigen. In der Praxis wird die Technologie von Unternehmen bislang hauptsächlich im Service-Bereich eingesetzt. Das ist aber nur der Anfang und es ist dank innovativer Lösungen wie Vuforia Studio von PTC jetzt einfach, eigene AR-Erlebnisse zu entwickeln.

  

Der Autor


H
einz Eichholzer, Dipl. Masch. Ing., Tätigkeiten als Entwicklungs-Ingenieur bei ABB Hochspannungs-Technik, als Applikations-Ingenieur bei Unisys (Schweiz) AG und Computervision AG. Seit 1993 bei PTC (Schweiz) AG als Technischer Leiter, verantwortlich für grosse Industriekunden in der deutschsprachigen Schweiz.



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