ERP-Software-Einführung - agil oder traditionell?

29.04.2024
4 Min.

Für mittelständische Unternehmen stellen ERP-Softwareprojekte oft eine grosse Herausforderung dar. Durch den Einsatz geeigneter Projektmanagementmethoden kann die Komplexität reduziert, die Ressourcenbelastung effizient verteilt und das Projekt letztendlich erfolgreich abgeschlossen werden.

In diesem Artikel werden die beiden Projektmanagement-Methoden MVP und Wasserfall näher beleuchtet und miteinander verglichen. 

 

Das Wasserfall-Modell

Eine klassische Methode des Projektmanagements ist das Wasserfallmodell, das bereits über 50 Jahre alt ist und auf Winston W. Royce zurückgeht.

Das Wasserfallmodell unterteilt das Projekt linear in verschiedene Phasen, die wie die Stufen eines Wasserfalls aufeinander aufbauen. Typischerweise umfasst ein Wasserfallprojekt die folgenden fünf Phasen:

  1. Anforderungsanalyse
  2. Konzeption/Spezifikation
  3. Implementierung/Umsetzung
  4. Testing
  5. Betrieb

Im Gegensatz dazu gehen agile Methoden wie das MVP-Modell iterativ vor.

Hier liegt der Fokus auf kurzen Entwicklungszyklen, um möglichst schnell Feedback von den Endnutzern zu erhalten, Fehler frühzeitig zu erkennen und darauf reagieren zu können. Anforderungen, die sich im Projektverlauf ergeben, können flexibel umgesetzt und die Lösung kontinuierlich angepasst werden. Agile Methoden gibt es mittlerweile in verschiedenen Ausprägungen, darunter MVP, SCRUM und Kanban.

Allen agilen Projektmodellen ist gemeinsam, dass sie kurze Entwicklungszyklen und regelmässiges Feedback erfordern.

MVP im Vergleich zur Wasserfall-Projektmethodik

"MVP" steht für "Minimum Viable Product" und bedeutet, dass es sich um ein minimal lebensfähiges Produkt handelt. Ein MVP ist die einfachste Version eines Produkts, die nur die absolut notwendigen Funktionen enthält, um von den Benutzern getestet zu werden. Die MVP-Projektmethode konzentriert sich auf die schnelle Entwicklung eines funktionierenden und sofort einsetzbaren Produkts. In der Regel verfügt dieses Produkt noch nicht über den vollen Funktionsumfang, den man sich für das Endprodukt vorstellt.

Das folgende Beispiel eines Segelbootes verdeutlicht dies symbolisch sehr gut.

  • Nur mit dem Rumpf eines Segelbootes sind die Ruderer bereits in der Lage, sich fortzubewegen und von A nach B zu gelangen.
  • Das Segelboot ist bereits von Anfang an einsatzbereit und (über-)lebensfähig.
  • Die Besatzung kann sich von Anfang an mit dem Segelboot (bzw. dem ERP) vertraut machen.
  • In den folgenden Phasen wird das Boot immer weiter optimiert, erweitert und an die Bedürfnisse der Crew angepasst, bis schliesslich das Endprodukt entsteht.
  • Diese Endversion unterscheidet sich nicht selten mehr oder weniger stark von dem, was man sich zu Beginn vorgestellt hat.  

 

 

Im Vergleich dazu werden bei der Wasserfallmethode die einzelnen Komponenten wie Kajüte, Masten, Segel und Rumpf als Einzelteile (Teilprojekte) betrachtet, die erst am Ende zu einem funktionsfähigen und einsatzbereiten Schiff zusammengefügt werden.

Das Segelschiffprojekt mit all seinen Einzelkomponenten wird also zunächst bis ins kleinste Detail geplant, entworfen und spezifiziert, wie das Endergebnis genau aussehen soll, bevor mit der Umsetzung begonnen wird.

Bei der Einführung einer (ERP-)Software nach dem MVP-Verfahren sollte die Software bereits im Standard so umfangreich sein, dass mit ihr und ohne weiteres Zutun der minimal lauffähige Zustand erreicht werden kann.

 

Wann eignet sich welche Methode?

Beide Methoden haben ihre Vor- und Nachteile und eignen sich je nach den spezifischen Anforderungen unterschiedlich gut.

Die Wasserfallmethode wird in der Regel schnell von allen Beteiligten verstanden und eignet sich besonders für Projekte, bei denen die Anforderungen im Vorfeld klar definiert sind und das Endergebnis bekannt ist.

Bei agilen Projekten, insbesondere wenn diese Methodik noch nicht bekannt ist, erfordert der Einstieg oft mehr Erklärungen und Vertrauen. Das Grobkonzept enthält nur Themenblöcke ohne konkrete Details. Daher kann zu Beginn des Projekts nur eine grobe Schätzung des Gesamtbudgets vorgenommen werden. Dieses Vorgehen ist ideal, wenn die Möglichkeiten der neuen Lösung voll ausgeschöpft werden sollen, ohne dass das Endergebnis von Anfang an genau feststeht. Von der ersten Iteration an kann kontinuierlich getestet und das Projekt schrittweise erweitert werden. Die schnelle Anpassung an neue oder sich ändernde Anforderungen ist ein weiterer grosser Vorteil des agilen Vorgehens. Bei agilen Projekten stehen in der Regel Termine und Kosten fest, während der genaue Umfang des Endprodukts noch variabel ist.

Im klassischen Wasserfallmodell ist die Situation in der Regel genau umgekehrt. Durch die detaillierte Konzeptphase ist der Projektumfang fix, während sich Budget und Termine daraus ableiten.

Im MVP-Modell bleibt der Aufwand für das gesamte Projektteam (intern und extern) relativ konstant und unterliegt insbesondere auf Kundenseite weniger Schwankungen als beim Wasserfallansatz. Auf Basis des Nutzerfeedbacks werden die im Projektverlauf entstehenden Anforderungen direkt angepasst und umgesetzt.

Beim Wasserfallansatz beginnt das Projekt mit einer Analysephase und einer anschliessenden Konzeptionsphase, was insbesondere in diesen ersten Phasen zu einem vergleichsweise hohen Aufwand auf Kundenseite führt. In der Implementierungs-/Entwicklungsphase liegt der Aufwand überwiegend auf der Anbieterseite. In der Testphase sind wieder beide Seiten gefordert.

 

Scope bei der agilen (Scope oben) und bei der Wasserfall-Methode (Scope unten)

 

 

Der Vergleich der einzelnen Phasen nach Methodik ist auf dieser Seite visuell dargestellt.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Softwareeinführung nach dem Wasserfallmodell besonders dann sinnvoll ist, wenn die Ziellösung von Anfang an klar und detailliert spezifiziert ist. Soll das Projekt hingegen offen gestaltet werden, mit dem Ziel, gemeinsam die bestmögliche Lösung zu erarbeiten, bietet sich ein agiles Modell an.

Bei Polynorm sind beide Methoden etabliert und werden bei verschiedenen Kunden erfolgreich eingesetzt. Es gibt keine allgemeingültige Methodik, die für jedes Projekt geeignet ist. Die gewählte Methode, oft ein Mix aus verschiedenen Ansätzen, muss immer zum konkreten Projekt und vor allem zum Projektteam passen.

Gemeinsam mit Ihnen finden wir heraus, welche Methode für Ihr Unternehmen und Ihr Projekt am besten geeignet ist.

 

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Ansprechpartner: Erich Kern (erich.kern@polynorm.ch)

 

 

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