Der Werkzeugbau im DACH-Raum steht im Ruf, selbst ausgefallenste Kundenanforderungen zuverlässig zu erfüllen. Im Zweifel werden dazu die Grenzen des Machbaren immer noch etwas weiter nach aussen geschoben. In der Regel haben es Werkzeugbauer dabei mit Projektlaufzeiten von 12 bis 24 Wochen zu tun. Um den Überblick zu bewahren, gilt es sämtliche Unternehmensabläufe in einer durchgängigen Geschäftssoftware zu vernetzen. Nur dann wird es möglich, alle technischen und betriebswirtschaftlichen Informationen so zu steuern, dass sich die Budget- und Terminvorgaben ihrer Kunden zuverlässig einhalten lassen. Angesichts der permanent steigenden Komplexitätszunahme ist dies alles andere als eine triviale Aufgabe – vor allem wenn man bedenkt, dass ihr Hauptabnehmermarkt die Automobilindustrie ist, die mit Blick auf die Termin- und Preisgestaltung besonders hohe Ansprüche stellt.
Projektmanagement mit zahlreichen Unbekannten
Als Industrieausrüster muss sich der Werkzeugbau nahtlos in die Entwicklungs- und Produktionszyklen seiner Kunden einfügen. Daher stellen die Terminvorgaben unverrückbare Endtermine dar. Für den Projekterfolg ist es somit essentiell, über eine treffsichere Planung zu verfügen, die sich fortwährend mit dem tatsächlichen Auftragsverlauf synchronisieren lässt.
Doch worauf können Werkzeugbauer ihre Planung stützen? Im Gegensatz zu Serienfertigern liegen ihnen zum Projektstart weder Stücklisten noch Arbeitspläne vor, aus denen sich ein belastbarer Terminplan ableiten liesse. Gerade zu Auftragsbeginn ist die Wissenslage noch ausserordentlich dünn: Abgesehen von den Informationen zu Termin und Geld geben ihnen ihre Auftraggeber zunächst einmal nur einige grundlegende Qualitätsanforderungen und Masse an die Hand. In der Regel läuft die eigentliche Produktentwicklung parallel zum Werkzeugbau. Ziel dieser Politik ist es, den Time-to-market neuer Produkte permanent zu verkürzen. Genauere Spezifikationen und Zeichnungsdaten der mit den Werkzeugen zu fertigenden Teile treffen daher erst nach und nach ein.
Um trotz dieser eingeschränkten Sicht zu aussagekräftigen Prognosen zu kommen, brauchen Werkzeugbauer eine Grobplanung, die die zu erwartende Auslastungssituation aus den Angebotsdaten und den bereits eingelasteten Aufträgen errechnet. Eine solche Kapazitätsauswertung erfordert ein durchgängiges ERP-System, das die laufenden Daten aller Aufträge – auch der zu erwartenden Aufträge – zusammenführt. Demgegenüber gewähren Excel gestützte Planungen, wie sie vielerorts noch immer verwendet werden, immer nur den Blick auf den einzelnen Auftrag.
Strategische Planung
Für die Grobplanung bietet zum Beispiel das Auftragsmanagementsystem ams.erp die strategische Planung. Die strategische Planung setzt auf Kapazitätssimulationen auf, mit denen der Vertrieb in der Angebotsphase überprüft, ob sich die vom Kunden geforderten Liefertermine halten lassen. Zusätzlich zu den Angeboten geht auch die Kapazitätsbelastung der bereits laufenden Projekte in die Simulati- on ein. Auf Grundlage dieser Multiprojektsicht
ermittelt die Grobplanung ein zeitliches Kapazitätsgebirge für jede einzelne Entwicklungs- und Produktionsressource des Werkzeugbauers. Da sich die strategische Planung und das Auftragsmanagement fortwährend synchronisieren, lassen sich Engpässe und Überlast-Situationen frühzeitig erkennen. Auf diese Weise kann der Vertrieb bereits vor der Abgabe eines Angebots einschätzen, wie dieses sich auf die vorhandenen Kapazitäten auswirken wird.
Aus der Vorkalkulation des Vertriebs leitet die strategische Planung die Basisdaten für den Ressourcenplan ab. Hierbei werden die bereits budgetierten Stunden als grob geplante Stunden den erforderlichen Ressourcen zugeordnet. Ausgehend von den Endterminen gehen zahlreiche weitere Eckdaten und Meilensteine in die Planung ein. Somit lassen sich für den gesamten Auftrag die Termine bestimmen, zu denen eine Baugruppe konstruiert oder ein Beschaffungsvorgang abgeschlossen sein muss, damit Fertigung, Versand und Montage termingetreu ablaufen können (vgl. Abbildung).
Mitlaufende Kalkulation
Eine weitere zentrale betriebswirtschaftliche Herausforderung ist das Auftrags- und Projektcontrolling. Zu jedem Zeitpunkt ihrer lang laufenden Kundenaufträge müssen sich Werkzeugbauer darüber Klarheit verschaffen, inwiefern der Projektfortschritt noch ihrer Kalkulation entspricht. Angesichts der geringen Margen, die der Markt noch bietet, ist es extrem wichtig, selbst geringfügige Budgetabweichungen so frühzeitig wie möglich aufzudecken.
Daher greift es zu kurz, wenn sich das Projekt-Controlling nur auf die Prüfung beschränkt, wie die Ist-Kosten zu einem Startbudget laufen. Da diese Sicht ausschliesslich rückwärtsgerichtet ist, werden mögliche Schieflagen nicht früh genug transparent. Weit entscheidender ist es deshalb, dass das Controlling die Ist-Kosten auch gegen die geplanten, das heisst aus aktueller Sicht schon erkennbaren Kosten verrechnen kann. Treten dabei Abweichungen zutage, so lassen sich Gegenmassnahmen rechtzeitig ergreifen.
Hierzu bietet ams.erp eine Kostenträgerrechnung, die fortlaufend mit den aktuellsten Auftragsdaten aktualisiert wird. Auf diese Weise erhalten die Anwender eine mitlaufende Kalkulation, die ihnen ebenso frühzeitig wie präzise aufzeigt, ob und inwieweit die Kostenentwicklung eines Projekts mit der Angebotskalkulation noch übereinstimmt. Die Kostenträgerrechnung liefert eine Voll- und Teilkostenbetrachtung nach vier Deckungsbeitragsstufen. Neben Budget, Soll- und Ist- Daten lassen sich auch prognostizierte Abweichungen berücksichtigen und pflegen. Das gilt auch für die aus aktueller Sicht schon erkennbaren möglichen Kosten. Somit lassen sich die Ergebnisse zu jedem Projektzeitpunkt hochrechnen.
Da sich die Daten nach Deckungsbeiträgen sortieren lassen, können die Verantwortlichen im Falle eines Falles präzise ausmachen, welche Projektteile wie stark aus dem Ruder zu laufen drohen.
Integrierte Zeitwirtschaft
Das Projektcontrolling nutzt die Daten der Zeitwirtschaft und der darin integrierten Betriebsdatenerfassung. Da die Meldungen online erfolgen, fliessen sämtliche Personal- und Maschinenzeiten sowie Betriebsdaten umgehend in die Kapazitätsentlastung ein. Somit können Werkzeugbauer den Arbeitsfortschritt in Echtzeit ermitteln. Über die mitlaufende Kalkulation prüfen die Projektleiter, ob ihre Projekte noch im Zeit- und Budgetplan liegen.
Zusätzlich zu den Bedienzeiten interessieren sich Werkzeugbauer aber auch für die präzise Erfassung der mannlosen Maschinenlaufzeiten. Diese Anforderung ergibt sich aus einer prozessualen Besonderheit des Werkzeugbaus: Ist ein Bauteil oder Werkstück auf einer Maschine eingerichtet, so arbeitet die Maschine selbstständig ein CNC-Programm beispielsweise zum Fräsen und Erodieren ab, ohne dass Mitarbeiter den Ablauf überwachen müssen. Bei entsprechend grossen Formen dauert der Fertigungsprozess oft mehrere Stunden. Um diese so genannten Geisterschichten präzise zu erfassen, gilt es die werker- von den maschinenbezogenen Auftragszeiten zu trennen. Erst dann lassen sich die jeweils anfallenden Kosten den ihnen entsprechenden Kostenstellen exakt zuordnen.
Für diese Aufgabe erlaubt die Zeitwirtschaft von ams.erp das Umschalten von der Arbeits- auf die Maschinenzeiterfassung. Rüstet ein Werker eine Maschine seines Ma- schinenparks, so meldet er sich mit Auftragsbezug an. Sobald diese dann ihren Teil des Fertigungsprozesses automatisiert durchführt, endet die werkerbezogene Auftragszeit. Fortan wird nun nur noch die Maschinenzeit auf den Auftrag gebucht. Die Zeitwirtschaftslösung wechselt erst dann wieder zur Arbeitszeiterfassung, wenn sich der Werker mit neuem Auftragsbezug anmeldet, um die Maschine umzurüsten.
Unternehmensweites Controlling
Sämtliche Zahlen können auch auf Geschäftsbereichsebene verdichtet werden. Auf diesem Weg erhält das Management Kennzahlen für das gesamte Unternehmen. Dazu gehören zum Beispiel Kennzahlen zu Betriebsleistung, Umsatz, Auftragseingang, Angebotsentwicklung oder projektübergreifende Kennzahlen zu allen bereits abgeschlossenen Aufträgen. Dadurch lässt sich der betriebswirtschaftliche Er- folg ganzer Abteilungen oder auch Geschäftsfelder bewerten. Nicht zuletzt macht es die projektübergreifende Sicht den Unternehmen möglich, ihre Kalkulationen zu optimieren. Da sie präzise sehen, in welchen Teilprojekten sie welche Deckungsbeiträge erzielen, können sie ihren Kunden über strategische Preise attraktivere Angebote machen als der Wettbewerb, ohne die Existenz des Unternehmens zu gefährden.
Autor:
Paul-Gerhard Schmidt
Teamleiter Unternehmensberatung
ams.Solution AG
www.ams-erp.com