Die ehemalige TV- und Radiofrau Sabrina Schenardi ist Mitgründerin von BLP Digital in Zürich. Sie und Cyrill Schmid haben sich für einen Kaffee in den Büros von BLP Digital zusammengesetzt und über die Automatisierung im ERP gesprochen.
Sabrina Schenardi (rechts) beim Coffee Break mit Cyrill Schmid im Büro von BLP Digital in Zürich
Cyrill Schmid: Sabrina, wir kennen uns ja schon länger. Für unsere Leserinnen und Leser habe ich ChatGPT zu dir befragt: «Sabrina Schenardi ist gelernte Primarlehrerin, sie war Radio-Moderatorin bei Radio 1 und Radio 24 sowie in der Redaktion von 10vor10 tätig. Weiter arbeitete sie an der Schweizer Börse und erwarb einen Executive MBA-Abschluss.» Was sollte man sonst noch über dich wissen?
Sabrina Schenardi: Dass ich ein neugieriger Mensch bin, getrieben von Neuem. Ich denke mich gerne in Neues rein. Wenn ich für mich finde, dass ich es gesehen habe, gehe ich auch gerne weiter. Darum ist mein CV ein bisschen zickzack. Ich bin eine Macherin. Das beschreibt mich sehr gut.
Was macht BLP Digital genau?
BLP sind die Champions in der ERP-Automation des Purchase-to-Pay oder Order-to-Cash Prozesses. Folglich können wir ins ERP-System eingehende Dokumente wie bspw. Kreditorenrechnungen oder Kundenbestellungen End-to-End automatisieren – vom Dokumenteneingang bis ins Archiv inkl. Workflows und Freigaben.
Im Gegensatz zu herkömmlichen, etablierten Anbietern liegt unsere Stärke im ERP-Prozess-Verständnis. Das hat damit zu tun, dass unsere beiden Urgründer, die beiden Brüder Sven und Tim Beck, aus einer ERP-Familie kommen. Ihre Eltern programmierten in den 90er-Jahren ein ERP-System.
Folglich verbindet BLP die beiden Welten: Dokument und ERP. Dank Machine Learning, ist es heute technisch möglich, eingehende Rechnungen strukturiert wiederzugeben und diese inhaltlich zu verstehen. Solche KI-basierten OCR Tools sind bald Standard. Doch wer eine Rechnung «inhaltlich versteht», löst noch keinen Prozess. Nur wer versteht, wie die Rechnung im ERP verarbeitet und validiert werden muss, kann End-to-End automatisieren. Genau in diesem tiefen ERP-Wissen liegt unser Marktvorteil.
Konsequent digitalisierte Prozesse End-to-End sind also Voraussetzung für die Automatisierung. Erreicht man 100 Prozent Automatisierung mit BLP?
Natürlich nicht. Unser Fokus liegt bei den komplexen mehrseitigen Rechnungen, die heute nach wie vor manuelle Arbeit generieren, weil sie viele Positionen aufweisen oder inhaltlich falsch sind. Unsere Software versteht die Komplexität, einschliesslich aller regulatorischen Anforderungen, Toleranzen und kann die Rechnung dementsprechend verarbeiten. Wird die Fachkraft gebraucht, wird diese via Webapp zielgerichtet in den Prozess eingebunden.
Fazit: Wir schaffen Zeit, indem wir die Fachkräfte beschleunigen, indem wir sie von der repetitiven manuellen Kontrollarbeit befreien. Uns gelingt es, Mehrwert zu schaffen, indem wir Menschwert schaffen. Dies ist nur möglich, weil wir den Prozess ganzheitlich also End-to-End betrachten und ihn lösen. Das wir das heute können kommt nicht von ungefähr. Gut Dinge will Weile haben: In unserem Fall beinhaltet das drei Jahre Forschungszeit an der ETH Zürich und anschliessend drei Jahre Entwicklung der Software, gemeinsam mit 60 Entwicklungspartnern.
Gutes Produkt ist das Eine – die Implementierung das Andere. Man hört bei BLP gehe die Implementierung schnell und mit jedem ERP.
Genau! Wir haben heute gut 30 Schnittstellen zu den in der Schweiz bekanntesten ERP-Systemen. Wo immer möglich, hat unser internes Schnittstellen-Team eine Standard-Schnittstelle entwickelt. Die kann «plug-and-play» angeschlossen werden. Langwierige und teure Implementierungsprojekte, wie man sie aus der Vergangenheit kennt, sind bei uns kein Thema. Gerade für die in der Regel stark ausgelasteten IT-Abteilungen ist das ein Segen und für das Business ein Grund, warum sie sich für BLP entscheiden. Quick-Win!
Was ist ein idealtypischer Kunde? Ab wann lohnt es sich, mit BLP zu arbeiten?
Fakt ist, dass jedes Unternehmen von dieser Lösung profitieren kann, denn alle haben Rechnungen, Lieferscheine und Bestellungen. Im Handel und in der fertigenden Industrie ist das Dokumentenvolumen hoch, deshalb sind die meisten BLP-Kunden in diesen Branchen unterwegs. Hier liegt unser Fokus. Aber auch Gesundheitsbetriebe und Universitäten sind idealtypische Kunden.
Da alle von einer Zeitersparnis profitieren, lohnt sich unsere Lösung auch für Kleinunternehmen, wie Kundenbeispiele zeigen. Wir sagen, dass sich die Investition ab 5000 Rechnungen pro Jahr lohnt. Wir berechnen die Kosten pro Dokument, wobei der Preis pro PDF sinkt, je höher das Gesamtvolumen ist. Das gilt auch für alle anderen strukturierte Datenformate wie z.B. EDI-Anbindungen.
PDF – bedeutet das eine Seite oder 1000 Seiten?
Egal, wir rechnen pro PDF ab. Wir nehmen einen Schnitt von fünf Seiten.
ERP-Systeme sind oft Monolithen. BLP ermöglicht es nun, Prozesse systemübergreifend zu erweitern und die Integration verschiedener Systeme zu verbessern, kann man das so sagen?
Genau, wir sind ERP-agnostisch. Stell dir uns wie eine Dachbox eines Autos vor: Wenn du die passenden Dachträger (Schnittstelle) hast, kannst du die Dachbox auf jedes Auto montieren – das Auto repräsentiert hier das ERP-System. Der Prozess ist extern in der Cloud (in der Dachbox).
Uns ist es also egal, welches ERP-System verwendet wird, da wir generische Modelle in der Cloud haben. In der Cloud validieren wir die extrahierten Tabellenpositionen aus dem Dokument mit den benötigten Daten des ERP-Systems. Dieser Prozess ist ERP-unabhängig, was uns skalierbar macht.
Habt ihr Pläne, die ganze Welt zu erobern?
Natürlich, the world is not enough (lacht). Als SaaS-Produkt ist man skalierbar. Jede Firma hat Rechnungen, Lieferscheine, Bestellungen, einen Purchase-to-Pay oder einen Order-to-Cash-Prozess. Wenn wir alle Schnittstellen haben, ist unser möglicher Markt enorm. Aktuell konzentrieren wir uns auf den DACH Raum. Aber das Motto bleibt: Think big, start small, grow fast.
Am ONE-Fachforum in Rotkreuz sagte ein Unternehmer zu mir, er könne das KI-Thema nicht mehr hören. Die Tagesgeschäfte gehen hoch und runter. Er fragte, wo soll ich mit dem Thema anfangen?
Mit BLP (lacht). Ernsthaft. Wichtig ist, dass Unternehmen damit beginnen. Denn die Technologie entwickelt sich so rasant, dass Abwarten keine Option ist.
Ganz generell, hast du einen Tipp? Wo sollte man starten?
Ich bin viel unterwegs und spreche täglich mit CFOs, Einkäufern und C-Level-Leuten. Fakt ist: Alle sind überfordert. Warum? Weil alle von KI sprechen, man aber nicht auf Anhieb versteht, welche Use-Cases wirklich funktionieren. Nicht überall ist KI drin, wo es auch angepriesen wird.
Wenn du in Richtung ERP-Automation gehen möchtest, dann solltest du BLP prüfen. Unsere KI ist Deeptech, hat ihre Wurzeln aus der ETH Forschung.
Zum Schluss: Du hast eingangs gesagt, wenn es dich nicht mehr interessiert, ziehst du weiter. Was ist also das Nächste? Regenerative Landwirtschaft?
Nein, nein. Bei BLP wird es mir wohl noch lange nicht langweilig. Jetzt sind wir 70 Leute, nächstes Jahr sind wir vielleicht schon über 100. Mein Alltag ändert sich sehr stark, darum bin ich extrem happy. Was die Zukunft bringt? Momentan bauen wir zusammen mit den Gründern die coolste Firma der Welt. Was danach kommt, sehen wir dann.
Vielen Dank für das Gespräch!
Der Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 24-4
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