Die Bereitstellung professioneller ICT-Services hat weniger mit der Grösse eines Rechenzentrums zu tun als mit dessen Fähigkeit, die notwendige Verarbeitungsleistung unter den geforderten Bedingungen zu erbringen. Ob eigenes Rechenzentrum, Colocation bei einem Provider oder eine Cloudplattform – entscheidend ist die Erfüllung der definierten Anforderungen unter Berücksichtigung der geschäftskritischen Prozesse.
Wie gross muss ein Raum sein, um als Server-Raum oder Rechenzentrum bezeichnet zu werden? International gibt es keine verbindlichen Definitionen. Die Ansichten in Aufsätzen1, Studien2 und Fachbüchern3 sind nicht einheitlich, doch lassen sich grob zwei Hauptkriterien unterscheiden:
- Raumgrösse des Rechenzentrums bzw. Serverraum (nach Bailey)
- Anzahl der physischen Server im Raum (IZE Konzeptstudie, TU-Berlin)
In der Praxis hat sich eine Kombination dieser Merkmale bewährt. Im Rahmen unserer Beratung gehen wir von folgender Einteilung aus:
Mit der Definition von Rechenzentren über den so genannten „Fähigkeitsansatz“2 kommt eine abstraktere und damit allgemeinere Bewertung zur Anwendung. Entscheidend ist, dass das Rechenzentrum die Fähigkeit besitzt, die notwendige Verarbeitungsleistung unter geforderten Bedingungen zu erbringen. Daraus abgeleitet gilt: Ein Rechenzentrum wird definiert über die Fähigkeit, Daten sicher, in grossen Mengen, dauerhaft und zentral zu verarbeiten. Somit ist klar, dass aus Sicht der ICT das Rechenzentrum an unterschiedlichen Standorten und mit unterschiedlichen ICT-Services betrieben werden kann. Damit sind auch verteilte, dezentrale Rechenzentrumsinfrastrukturen möglich.
Generell betrachtet, setzt sich ein Rechenzentrum aus mehreren Teilsystemen, mindestens aber aus zwei technischen Hauptbereichen, zusammen:
1. RZ-Infrastruktur (ICT Facility Infrastructure)
a. Bau mit RZ-Raum
b. Elektrobereich, inkl. allfällig geforderterRedundanzen
– Einspeisung / Hauptverteilung /Unterverteilung
– USV-Anlage (Unterbrechungsfreie Stromversorgung)
– Batterie Anlage (Energiequelle bei Stromausfall)
– Verkabelungen / PDU (Stromleisten)
c. Klimabereich, inkl. allfällig geforderter Redundanzen
– Kälteproduktion
– Kältedistribution
– MSR (Messen Steuern Regeln)
d. Security & DCIM (DataCenter Infrastructure Mgt.)
– Sicherheitsanlagen (Zutrittskonrolle, Rauch/Feuer)
– Überwachung der Systeme und Anlage-Teile mit DCIM
2. ICT Infrastruktur
a. Server
b. Storage
c. Aktive Netzwerk- und Sicherheits-Komponenten
3. Prozesse & Organisation
a. ICT Prozesse / ICT-Betrieb
b. RZ-Infrastruktur Prozesse
Ein Rechenzentrum gilt als Baugewerk und umfasst die Teilbereiche Bau, Elektro, Klima und Security. Im Gegensatz zu ICT-Geräten mit Lebenszyklen von 2 – 5 Jahren wird bei einem Rechenzentrum mit 20 – 25 Jahren gerechnet.
RZ-Anforderungen für geschäftskritische Anwendungen
Ein Rechenzentrum muss hohe Anforderungen bezüglich Sicherheit, Verfügbarkeit und Integrität erfüllen. Was bedeutet das konkret? Als erstes sind die „geschäftskritischen Anwendungen (ICT gestützte Geschäftsprozesse)“ zu erkennen und zu qualifizieren. Damit sind alle relevanten Prozesse im Unternehmen und deren unterstützenden Applikationen gemeint. Für diese Prozesse wird anhand von Risikomerkmalen und mittels einer „Ursachen – Wirkung – Kosten Matrix“ sowie der zu erwartenden Eintretenswahrscheinlichkeit das jeweilige Risikopotential definiert und in einer „Risikoanalyse“ zusammengefasst.
Nebst den technischen Anforderungen (Leistung, Grösse, Skalierung) werden aus der Risikoanalyse entsprechende Anforderungen bezüglich Sicherheit, Verfügbarkeit und Integrität abgeleitet. Dabei spielt es keine Rolle, wie gross oder klein das Rechenzentrum ist, und – mit Ausnahme der Anforderungen an die Datenverbindung – auch nicht, ob das Rechenzentrum in eigenen Räumlichkeiten oder bei einem Provider (Colocation) betrieben wird. Die Anforderungen hängen letztlich von den Businessprozessen ab. Zusammen mit dem Bericht „Risikoanalyse“ werden alle entsprechenden Informationen in der Anforderungsdefinition festgehalten.
Hilfestellung können dabei die Informationen des Uptime Institute (www.uptimeinstitute.com), der ASHRAE (www.ashrae.org) und der BITKOM (www.bitkom.org) bieten. Einige RZ-Provider werben inzwischen mit Labeln von TIER Klassen nach Uptime (1=tiefst, 4=höchst). Es ist darauf zu achten, ob es sich um ein „design certificate“ oder ein „constructed certificate“ handelt. Nur Letzteres bestätigt, dass das RZ nach dem Bau auch tatsächlich die Kriterien erfüllt.
Welches RZ-Modell passt am besten?
Der Entscheid, ob eine eigene RZ-Anlage betrieben oder ein Housing-Service (Colocation) beansprucht werden soll, erfordert vorgängig grundlegende Überlegungen folgender Themen:
- Zielsetzungen
- Business Anforderungen
- Verfügbarkeit / Sicherheit
- Dimension / Ressourcen
- Make or Buy
Das Werkzeug dazu im RZ-Bau / RZ-Beratung nennt sich „Strategische Planung“. Mit diesem Instrument wird die Entscheidungsfindung Schritt für Schritt erarbeitet: ausgehend von der Geschäftsstrategie und den sich daraus ableitenden Anforderungen und Massnahmen bis zu den Alleinstellungsmerkmalen der Unternehmung. Je nach Ausgangslage kommen zur Klärung all dieser Fragen weitere Instrumente wie Situations-/Risikoanalyse, Standortevaluation und Machbarkeitsstudie zum Einsatz. Letztere gibt abschliessend Auskunft bezüglich Standort, technische Machbarkeit, Grobterminplan, Organisation, Grobkosten und – wohl als wichtigste Information – die TCO/Wirtschaftlichkeit. Wenn alle diese Themenbereiche und Fragenstellungen geklärt sind, kann der nächste Schritt zum neuen Rechenzentrum (intern oder extern) mit besten Voraussetzungen angegangen werden.
Die Vor- und Nachteile des Entscheides, ob das RZ in einer eigenen Anlage oder als Housing-Service betrieben wird, hängen im Wesentlichen von der Ausgangslage und den strategischen Zielen ab. Hier ein Versuch ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Cloud Computing: Megatrend oder Marketing-Hype?
Um das Thema IT-Management ganzheitlich zu betrachten, kommt man heute am Thema „Cloud Computing“ nicht vorbei. Ob als IaaS (Infrastructure as a Service) PaaS (Platform as a Service) oder SaaS (Software as a Service) oder gar als XaaS (Anything as a Service), die Cloud beeinflusst zunehmend die Produktion und Bereitstellung von ICT-Leistungen. Ob Service Provider oder Kunde, die Frage lautet: Wie passe ich mich der neuen Realität an und kann diese so schnell als möglich und langfristig für das eigene Business nutzbar machen? Trotz Abhörskandalen ist ein Ende des Megatrends „Cloud Computing“ nicht in Sicht. Im Gegenteil, es ist davon auszugehen, dass sich die Transformation in die Cloud weiter beschleunigt.
Die Bereitstellung von ICT-Services für das eigene Unternehmen ist längst kein „technisches“ Thema mehr für IT-Spezialisten, sondern eine Managementaufgabe. Aufgrund der Tragweite – Chancen vs. Gefahren – ist es ratsam, diesen Veränderungsprozess auf strategischer Ebene mit externen Spezialisten vorzubereiten. Dabei gilt grundsätzlich: Was immer Sie auch tun, tun Sie es konsequent. Ein zu langes Beobachten oder Zögern kann verheerende Auswirkungen auf Ihr aktuelles Geschäftsmodell haben.
1 Bailey et al., 2006. Data Center of the Future. Special Study. IDC.
2 IZE Konzeptstudie Energie-Effizienz in RZ, https://www.energie.tu-berlin.de/uploads/media/IZE_Konzeptstudie_Energieeffizienz_in_Rechenzentren.pdf
3 Fichter Klaus, 2007. Zukunftsmarkt Energieeffiziente Rechenzentren. Fallstudie im Auftrag des Bundes für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit. Berlin.
Was ist ein Rechenzentrum?
Ein Rechenzentrum, englisch Data Centre oder Data Center (gängige Abk. RZ oder DC), ist ein Raum in dem unter definierten Voraussetzungen hinsichtlich Sicherheit, Verfügbarkeit und Integrität die ICT Einrichtungen (Server, Storage, Network-Components) der Unternehmung betrieben wird. Oft wird dieser Raum auch als „Server-Raum“ bezeichnet. Wikipedia liefert folgende Erklärung: „Mit Rechenzentrum bezeichnet man sowohl das Gebäude bzw. die Räumlichkeiten, in denen die zentrale Rechentechnik (z. B. Rechner, aber auch die zum Betrieb notwendige Infrastruktur) einer oder mehrerer Unternehmen bzw. Organisationen untergebracht ist, als auch die Organisation selbst, die sich um diese Computer kümmert.“
Gerold von Rickenbach begleitet Unternehmen bei der Evaluation und Realisierung von eigenen Rechenzentren. Zum Leistungsangebot der „vonRickenbach RZberatung“ gehören Beratung, Planung, Machbarkeitsstudien, Situations- und Risikoanalysen, Anforderungsdefinition, Pflichtenheft, Bauherrenbegleitung, Projektleitung, inkl. Inbetriebnahme und Dokumentation sowie Re-Location der ICT-Infrastruktur.