Die Digitalisierung geht durch alle Bereiche und verändert dabei die Art und Weise wie wir leben und arbeiten. Wer diese Chance begreift, wird grosses persönliches Wachstum erfahren.
In 2020 haben mehr Menschen Mobilfunktelefone als Elektrizität daheim oder fliessendes Wasser (Quelle: Cisco 2016). Diese Prognose zeigt sehr schön, dass Digitalisierung nicht mal vor den natürlichen Grundbedürfnissen halt macht. Verantwortlich dafür ist primär die Innovationskraft der weltweiten ITK-Branche.
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In Unternehmen treffen in den letzten Jahren Menschen zusammen, die in die Veränderungen des Alltags hineinwachsen müssen und die, die es nicht anders kennengelernt haben – die Generation Y. Dadurch ergibt sich ein neues Spannungsfeld und die Aufgabe in den Organisationen noch stärker voneinander zu lernen und die individuellen Geschwindigkeiten dabei zu respektieren. Da Digitalisierung verändert vor allem das Kommunikationsverhalten, die Wege der Zusammenarbeit und die persönliche Bildung, die global bisher nur einem geringen Prozentsatz der Bevölkerung vorbehalten war und eine Grundlage für Wohlstand ist.
Ständige Erreichbarkeit – Segen oder Fluch?
Dank Digitalisierung besteht die Möglichkeit, immer und (nahezu) überall erreichbar zu sein. Und das führt zu einer oft schizophrenen Erwartungshaltung: einige Menschen haben nämlich kein Verständnis, warum jemand, wenn sie ihn brauchen, mit x-mobilen Endgeräten ausgestattet, nicht erreichbar ist und beanspruchen in anderen Situationen klare Kommunikationspausen für sich selbst. Ein guter Kollege von mir arbeitet bei einem weltweit tätigen Softwarehersteller für Cloud- und Mobilelösungen und gab mir als Antwort auf die Frage nach seiner zur Zeit grössten Herausforderung: die Erwartungshaltung an die persönliche Erreichbarkeit. „Wenn ein Kollege an einem normalen Arbeitstag etwas von ihm wolle, dann probiere er es zunächst per Chat über ein Mikrobloggingtool. Wenn die Antwort nicht in wenigen Minuten komme, dann folge eine Whats App, wenige Zeit später ein E-Mail, dann eine SMS und zu guter Letzt ein Anruf oder sogar ein Besuch direkt am Schreibtisch, sofern er an diesem Tag im Büro sei.“ Ich stelle mir da die Frage, warum hat diese Person nicht gleich angerufen? Die Auswirkungen dieser Überkommunikation – dank Digitalisierung – sind dramatisch. Mein Kollege kommt tagsüber aufgrund der permanenten Unterbrechungen nicht dazu, seine Arbeit mit Konzentration und hoher Effizienz zu erledigen. Wenn er seine Endgeräte auf stumm oder „nicht erreichbar“ einstellt, dann ist die Gefahr sehr hoch, dass ihm unterstellt wird, er sei dem Job nicht gewachsen oder dem Unternehmen nicht mehr loyal gegenüber und das mit über 25 Jahren Berufserfahrung. Aber seit wann ist Erreichbarkeit (außer Sie besetzen eine 24×7 Supporthotline o.ä.) ein Kriterium für gute Arbeit? Hier braucht es meines Erachtens in vielen Unternehmen und Organisationen ein anderes Bewusstsein im Umgang mit den neuen Kommunikationsmöglichkeiten, denn hier mündet gewünschte Flexibilität in einem Modus des Antreibens.
Bildung als demokratisches Gut
Der grösste Gewinn dieser Zeit ist, dass Wissen so einfach und frei zugänglich ist, wie noch nie – vorausgesetzt, Sie leben nicht in einem Land, wo Diktatoren auch die digitalen Grenzen unter ihrer Kontrolle haben. Überprüfen Sie selbst, wie oft Sie tagtäglich nach Informationen bei google recherchieren und dann bei wikipedia oder auf interessanten Blogs landen. Zu hochqualifiziertem Wissen von Harvard- und MIT-Professoren sowie TOP-Experten in ihren Fachgebieten gelangen wir heute bereits über udacity.com, TED.com oder edx.org – einfach per Mausklick. Da gibt es dann keine Eingangvoraussetzungen über „summa cum laude“ oder hohe Studiengebühren. Und das ist „game changing“ für alle, die erkannt haben, das ein Schlüssel zu persönlichem Wachstum Bildung ist. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, frisches und kompaktes Wissen aufzunehmen, das jetzt am Arbeitsplatz oder für den nächsten Karriereschritt benötigt wird. Entscheidend ist hier das angewandte Wissen, also das, was auch in der Praxis benötigt wird und einer Führungskraft oder einem Arbeitnehmer einen klaren Vorteil verschafft. Der digitale Wandel schafft damit Zugang zu Bildung für jeden, der Eigeninitiative ergreift und stürzt damit endlich das Privileg der „finanziellen“ Elite. Für mich ist es allerdings erstaunlich, wie wenige Menschen in der westlichen Welt davon Gebrauch machen. Meine Vermutung ist, dass sie zumeist durch das überholte Schulsystem perfekt zu einer Konsumhaltung über Jahre konditioniert worden sind und sich das bei vielen eben auch im Berufsalltag fortsetzt. Anderenfalls kann ich mir nicht erklären, warum noch so wenige die Chancen der Digitalisierung persönlich ergreifen.
Wissen alleine reicht nicht aus
Es gibt wenige Jobs, wo eine direkte Korrelation besteht, zwischen „viel gelerntem Wissen“ und dadurch resultierend viel Erfolg und vor allem Wertschöpfung für ein Unternehmen oder eine Organisation. Entscheidend ist auf Basis des Gelernten, Erfahrungen zu machen und gezielt die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen zu entwickeln. Eine Schlüsselfertigkeit ist dabei meines Erachtens verschütt gegangen und aktueller den je: die eigene Intuition. Jeder hat sie, nur die wenigsten Menschen nutzen sie zur Beurteilung ihrer Welt. Aufgrund der Fülle der Informationen, die tagtäglich privat und auch beruflich auf uns einprasseln, vergessen sich in meiner Beobachtung viele Menschen selbst und funktionieren nur noch. Digitalisierung führt an einigen (entscheidenden) Stellen dazu, dass Informationen nur noch oberflächlich konsumiert und häufig auch als wahrhaftig angesehen werden, weil sie ja auf allen Kanälen publiziert wurden. Und das birgt eine große Gefahr. Wir leben in einer (Arbeits-)Welt, in der wir nicht mehr alles überblicken können und das Gute ist – auch nicht müssen. Um persönlich nicht in ein krankes Wachstum zu rutschen, krank bedeutet, ich bin im außen noch erfolgreich, während mein Inneres schon kräftig dagegen arbeitet, geht es darum sich regelmässig abzugrenzen und die eigene Wahrnehmung zu schärfen. Dann verrät mir mein Körper zur richtigen Zeit, ob eine Information oder Situation stimmig ist oder nicht.
Kastendenken vs. agiler Führungsmethoden
Digitalisierung setzt sehr stark auf die Themen Effektivität und Effizienz. Es geht darum Prozesse papierlos zu gestalten, was natürlich schon allein ökologisch Sinn macht, und vor allem zu automatisieren. Ein Grundproblem wird damit aber nicht gelöst. Die meisten Unternehmen und Organisationen sind heute „starr“ organisiert, d.h. es gibt ein Organigramm, dann häufig Stellenbeschreibungen, die exakt das beschreiben, was auf der Position erwartet wird, nicht was ein Stelleninhaber oder Bewerber in Realität kann bzw. mitbringt. In den meisten Fällen führt das dazu, dass Menschen nicht zu 100% auf die Position passen und gleichzeitig bestimmte Fähigkeiten gar nicht nutzen können, d.h. unter ihrem wirklichen Potential eingesetzt sind.
Wenn also oft die Idee besteht, durch Digitalisierung mehr Transparenz und mehr Automatisierung in Organisationen zu bringen, dann haben die Menschen, die heute diese z.T. einfachen Arbeiten durchführen, ja zukünftig viel Zeit. Wie heisst es da immer so schön von Anbietern, „wenn Sie x und y automatisieren, dann können sich Ihre Mitarbeiter mehr auf das Kerngeschäft konzentrieren“. Die zentrale Frage dabei lautet allerdings: brauche ich überhaupt so viele Menschen für mein „Kerngeschäft“ bzw. werden die Arbeitnehmer, die vorher reine Routinearbeiten erledigt haben, plötzlich Kreativbolzen, die problemlos auf iterative Arbeitsmethoden springen? Ich persönlich glaube, dass in den meisten Menschen viel mehr Kreativität schlummert als heute zum Vorschein kommt. Für das persönliche Wachstum kann diesen Menschen also nichts Besseres als die Digitalisierung passieren – sofern sie gesellschaftlich dann ihren (neuen) Platz finden.
Autonomes Fahren oder Eigenverantwortung
Ein Ziel von Digitalisierung besteht darin, Autopiloten für das tägliche (Arbeits-) Leben zu bauen. Das, was allerdings keine Technik und kein Service ersetzen kann, ist das selbstbestimmte und eigenverantwortliche Handeln. Aus diesem Grunde ist es meines Erachtens unerlässlich, sich die eigene digitale Welt genau anzusehen, um zu überprüfen, wie sie sinnvollerweise aussehen sollte. Unternehmenslenker sollten das für Ihre Organisation tun und intern auch Unterstützung für Ihre Mitarbeiter dazu anbieten. Konkret: wie gehe ich am besten mit all den technischen Unterstützungen und Apps etc. um, insbesondere wenn diese wie Pilze aus dem Boden wachsen.
Gerade die Generation Y, die auch als die „digital natives“ bezeichnet werden, faszinieren, da sie auf der einen Seite häufig grosse Schwierigkeiten haben, sich auf eine Sache zu konzentrieren und auf der anderen Seite andere Schwerpunkte im Arbeitsleben setzen. In dieser Generation ist darauf trainiert worden, die Abwechslung und Stimulanz von aussen zu bekommen. Das führt dazu, dass sie teilweise wie ferngesteuerte Geister unterwegs sind. Interessant ist dabei, dass viele von Ihnen weder das Geld, noch die Karriere oder Macht anstreben, sondern probieren, nicht in die Mühle der Getriebenen in der beschleunigten Arbeitswelt einzusteigen. Und diese Ausrichtung stellt Unternehmen bereits heute vor ganz neue Anforderungen, wenn es um das Recruiting und später um die Bindung von Talenten geht.
Fazit
Digitalisierung ist ein Wachstumsmotor, der denen zu Gute kommt, die die Chance erkennen und mit hoher Verantwortung handeln . Die Grundidee von Digitalisierung kann nicht sein, dass Menschen – und zur damaligen Zeit war es positiv zu bewerten- durch ein Update auf die Version 4.0 erneut in eine Abhängigkeit getrieben werden. Das Ziel sollte vielmehr sein, durch Digitalisierung das tägliche Privat- und Arbeitsleben zu erleichtern, um Freiräume für jeden Menschen zu schaffen.
Zum Autor
Oliver Wegner war fast 15 Jahre lang national und international für Software-Hersteller tätig, darunter in einem Silicon-Valley-Unternehmen und in der Unternehmensberatung. Mit seinem Team verhilft er seit 2010 als CEO von evolutionplan® namhaften Unternehmen verschiedener Branchen zu gesundem Wachstum. Er berät Top-Entscheider der Wirtschaft und ist als Keynote-Speaker sehr gefragt.