Die digitale Rechnung ist bei Unternehmen bereits seit längerem ein Thema, Dokumente werden eingescannt oder direkt aus dem E-Mail-Postfach eingelesen. Seit 2018 gibt es eBill als zusätzliches Format. Über 50% der Privathaushalte nutzen eBill bereits und seit 2022 steigt die Nutzung auch bei Unternehmen deutlich. SIX, der Anbieter von eBill, will dies als Initiative zu nahtlosem, digitalem Empfangen und Bezahlen von Rechnungen verstanden wissen.
Weniger Papier, mehr Struktur – eBill als digitaler Wegbereiter für KMU (Bild Copilot)
Rechnungen gehen direkt ins eBanking und können da freigeben oder bearbeitet werden. Es fallen keine zusätzlichen Kosten an und damit wird der CO2-Ausstoss und der Papierverbrauch reduziert. Das klingt gut, oder?
So einfach? Auch für Unternehmen?
So einfach ist es, wenn ich als Privatperson eBill nutzen möchte. Aber was gilt nun für Unternehmen? Die meisten Unternehmen kennen PDF, die QR-Rechnung und natürlich immer noch Rechnungen auf Papier. Aber eBill als jüngstes Format ist stark im Kommen, das zeigen verschiedene Portale und deren Angebote auf.
PostFinance bezeichnet eBill als ideale Lösung für den Versand von Rechnungen an die Privatkundschaft. Über 3 Millionen Menschen in der Schweiz nutzen die Plattform mit jährlich 70 Millionen Transaktionen. Die Rechnungsabwicklung über eBill ist bei allen grösseren Banken verfügbar und wird bereits von Krankenkassen, Energieversorgern und Telecom-Anbietern genutzt.
Mit mehr als 3,5 Millionen aktiven Nutzenden (Stand Januar 2025 gem. www.ebill.ch) hat sich eBill als führender Standard für digitale Rechnungen in der Schweiz etabliert. Ziel des Finanzplatzes Schweiz ist es, 60 bis 80 % der Business-to-Consumer-Rechnungen bis 2028 end-to-end digital abzuwickeln und auf eBill zu verlagern.
Wachstum eBill gemäss SIX:
Quelle: Studie vom 17.08.2023
Als Unternehmen besteht die Möglichkeit, mit Billing Solutions (PostFinance) die Rechnungen von anderen Unternehmen als E-Rechnung (B2B) direkt über eine Schnittstelle in das ERP-System zu laden.
Technische Standards und Sicherheit
Die technische Infrastruktur von eBill basiert auf hochmodernen Standards. Ein XML-basiertes Datenformat nach SIX-Spezifikation gewährleistet einen reibungslosen Datenaustausch. Die Verschlüsselungsstandards entsprechen der ISO 27001, was ein hohes Sicherheitsniveau garantiert. Die Lösung ermöglicht eine nahtlose Integration in bestehende ERP-Systeme und entspricht den Authentifizierungs-Vorgaben der FINMA.
PostFinance beschreibt das so: «Sie senden uns Ihre Rechnungsdaten direkt aus Ihrer Software oder über unser eInvoicing-Portal. Wir bereiten die Daten strukturiert auf und übermitteln die Rechnung als E-Rechnung B2B oder eBill an die Empfängerin. Wie Sie als Unternehmen Ihre Daten am besten einliefern, hängt davon ab, ob Sie bereits eine Software mit Schnittstelle zu PostFinance nutzen oder nicht.»
Gemäss SIX ist die Anbindung an die eBill-Infrastruktur von SIX für Unternehmen nur über zertifizierte Netzwerkpartner möglich.
Quelle: zahlungsverkehr.org
Ein eBill-Netzwerkpartner fungiert als Vermittler zwischen Rechnungssteller und eBill-Infrastruktur mit folgenden Kernaufgaben:
- Integration von Fakturierungssystemen: Der Netzwerkpartner stellt sicher, dass die Fakturierungssysteme des Rechnungsstellers mit der eBill-Infrastruktur kompatibel sind. Dazu gehört oft die Unterstützung bei der Implementierung der nötigen Software und gegebenenfalls Anpassungen an bestehenden Systemen.
- Übermittlung von eBills: Der Netzwerkpartner ist dafür verantwortlich, die von einem Rechnungssteller erstellten eBills zu sammeln und sicher an die eBill-Infrastruktur zu übermitteln. Dies schliesst auch die Konvertierung der Rechnungsdaten in das benötigte Format ein.
- Zahlungsabwicklung und -nachverfolgung: Je nachdem, welche Dienstleistungen der Netzwerkpartner anbietet, kann er auch bei der Zahlungsabwicklung und der Nachverfolgung von Zahlungen helfen, indem er Berichte und Analysen zur Verfügung stellt.
Die Partner legen besonderen Wert auf Sicherheitsmassnahmen zur Minimierung von Risiken wie Phishing-Emails oder gefälschten Rechnungen (Hauptrisiken bei KMUs).
Wirtschaftliche Aspekte
Dazu ein kurzer Auszug aus der Studie von SIX und HSLU aus dem Jahr 2020 zu verschiedenen Zahlungsverfahren:
Eine Papierrechnung kostet durchschnittlich 4.53 CHF, während eine eBill-Rechnung nur 1.90 CHF verursacht (Gashnjani & Klinkert, 2019). Diese deutliche Kostenreduktion ergibt sich aus dem Wegfall von Materialkosten, Bareinzahlungsgebühren und Reject-Gebühren. Zusätzlich fallen die Mahnkosten niedriger aus, da eBill weniger Zahlungsverzögerungen verursacht.
Für Rechnungssteller im B2C-Bereich bietet eBill Vorteile bei verschiedenen Rechnungsszenarien: sowohl bei festen als auch flexiblen Beträgen, bei wiederkehrenden und mehrfachen Zahlungen sowie bei grossen Rechnungsmengen. Darüber hinaus kann diese Rechnungsstellungsmethode als Customer Touchpoint genutzt werden, der die Kundenbindung positiv beeinflusst.
Unternehmen, die eBill noch nicht integriert haben, müssen in manchen Fällen zunächst die Umstellungskosten aufwenden, es gibt jedoch zahlreiche Softwareanbieter, welche die Schnittstellen dazu standardmässig anbieten.
Zudem müssen sich teilnehmende Parteien zunächst registrieren und die Daten der Rechnungsempfänger von den Banken validiert werden. Auch die Fehleranfälligkeit ist äusserst gering, sowohl hinsichtlich menschlicher Fehler als auch bei Übertragungsfehlern.
Die Einführung von eBill verringert zudem Zwischenschritte zwischen Rechnungseingang und Einbuchung in das ERP System.
Weitere Untersuchungen belegen die signifikanten wirtschaftlichen Vorteile einer eBill-Implementation. Die Prozesskosten können durchschnittlich um 50 bis 70 Prozent pro Rechnung reduziert werden, was sich besonders bei grossen Rechnungsvolumina deutlich auf das Betriebsergebnis auswirkt. Wesentliche Optimierungen umfassen die automatische Lieferantenerfassung, integrierte Freigabe-Automatismen für wiederkehrende Rechnungen und Sharing-Funktionen zur Rechnungsüberprüfung.
Die Debitorenlaufzeit verkürzt sich durchschnittlich um vier bis fünf Tage und verbessert damit die Liquiditätssituation der Unternehmen spürbar. Die automatisierte Verarbeitung reduziert Mahnungen um bis zu 30 Prozent, wobei besonders die Senkung der Archivierungskosten um 80 Prozent durch den Wegfall physischer Archivierung hervorzuheben ist.
Über die quantifizierbaren Einsparungen hinaus ergeben sich qualitative Vorteile für die Unternehmensperformance. Die erhöhte Transparenz im Rechnungsprozess ermöglicht ein besseres Controlling und präzisere Liquiditätsplanung. Die Kundenzufriedenheit steigt durch vereinfachte Zahlungsabwicklung und zeitnahe Rechnungsinformationen. Gleichzeitig sinken die Fehlerquoten in der Rechnungsverarbeitung durch Eliminierung manueller Eingaben. Die Reduzierung des Papierverbrauchs trägt zur ökologischen Nachhaltigkeit bei und verbessert die Umweltbilanz des Unternehmens.
Potenzielle Herausforderungen
Die Implementierung von eBill birgt auch Herausforderungen. Die anfänglichen Investitionen in Technologie und Prozessanpassungen können erheblich sein. Unternehmen müssen die technische Systemabhängigkeit sorgfältig bewerten und mögliche Backup-Szenarien entwickeln.
Nicht alle Kundengruppen werden die digitale Rechnungsstellung gleich schnell akzeptieren. Hier empfiehlt es sich, gezielt in Kommunikation und Kundenunterstützung zu investieren. Bestehende Prozesse und Applikationen müssen möglicherweise angepasst oder ersetzt werden.
Einführung eBill
Entscheidend für eine erfolgreiche Implementierung ist eine frühzeitige und transparente Kommunikation mit der Kundschaft. Ein schrittweiser Übergang mit ausreichenden Übergangsfristen erleichtert die Akzeptanz. Das Beispiel eines Energieversorgers zeigt einen sinnvollen Ansatz: Zunächst eBill als optionale Möglichkeit anbieten, später dann finanzielle Anreize für die Nutzung schaffen.
Weitere Best Practice Beispiele finden sich hier
Fazit:
Trotz Einführungskosten mit Implementierungspartner und der Umstellung von Prozessen zeigen sich die Unternehmen positiv. Es werden Punkte wie: Vereinfachung Prozess (direkte Integration ins bestehende ERP System), Zeitersparnis, Sicherheit und Nachhaltigkeit (Papierersparnis) angeführt. Aber auch eine bessere Organisation und ein Gewinn an Übersicht bzgl. Rechnungstellung (z.B. Fristen) werden genannt.
Die Rechnungssteller führen zudem Kosteneinsparungen an, eine Erhöhung der Automatisierung, höhere Sicherheit bzgl. Richtigkeit der Rechnungen, eine bessere Planung der Liquidität und eine Erhöhung der Effizienz festzustellen. Auch die Kundenbeziehungen sollen besser werden, was sicher auf weniger Mahnungen zurückzuführen ist, aber auch auf eine vereinfachte Zahlungsmöglichkeit.
Trotz allen genannten Vorteilen, ist aber eine Einführung immer noch auf ihre Auswirkungen hin zu überprüfen und die vorhandene Infrastruktur dabei mit zu berücksichtigen. Aber an dem Thema eBill führt für Unternehmen, wie auch für private kein Weg mehr vorbei.
Nützliche Links
Aufistung Softwarehäuser, die eBill Implementierung via Schnittstelle in ein ERP unterstützen
Hier werden die eBill Möglichkeiten für Unternehmen weiterführend erklärt
Und hier geht’s direkt zur Demo (eBill Demo Portal)
Erfolgsgeschichten
1. Mittelständisches Produktionsunternehmen
Die Erfahrungen eines Produktionsunternehmens mit 200 Mitarbeitern verdeutlichen das Potenzial einer systematisch geplanten eBill-Implementation. Das Unternehmen erreichte innerhalb von zwölf Monaten eine eBill-Quote von 85 Prozent, wobei sich die Investition bereits nach 14 Monaten amortisierte. Durch die Prozessoptimierung konnte die Debitorenabteilung effizienter gestaltet werden, während die betroffenen Mitarbeiter durch gezielte Qualifizierungsmassnahmen neue Aufgaben in der digitalen Prozesssteuerung übernahmen. Die systematische Herangehensweise umfasste eine sorgfältig konzipierte Pilotphase, intensives Mitarbeiter-Coaching sowie eine schrittweise Migration, die kontinuierliche Optimierungen ermöglichte.
2. Energieversorgungsunternehmen
Ein regionales Energieversorgungsunternehmen demonstriert die erfolgreiche Integration von eBill in eine bestehende Smart-Meter-Infrastruktur. Die Implementation führte zu einer Akzeptanzrate von 70 Prozent bei Neukunden und einer signifikanten Reduktion der Druckkosten um 45 Prozent. Besonders bemerkenswert war die Steigerung der Kundenzufriedenheit um 25 Prozent, die durch eine Multi-Channel-Kommunikationsstrategie und die enge Verzahnung mit dem Kundenservice erreicht wurde. Die Integration in das Self-Service-Portal und ein proaktives Beschwerdemanagement trugen wesentlich zum nachhaltigen Erfolg bei.
3. Bildungseinrichtung
Die Implementation von eBill in einer privaten Bildungseinrichtung zeigt die Adaption der Technologie im Bildungssektor. Die Integration mit dem Studentenmanagementsystem ermöglichte eine Automatisierung der Semesterabrechnungen und führte zu einer Akzeptanz von 95 Prozent bei Neueinschreibungen. Die frühzeitige Einbindung der Elternvertretung und die transparente Kommunikation aller Gebühren waren dabei zentrale Erfolgsfaktoren. Flexible Zahlungsoptionen und die Integration in die digitale Schulplattform erhöhten die Nutzerakzeptanz zusätzlich.
Details zu eBill Prozessen Rechnung und Zahlung
- Erstellung und Versand der Rechnung: Der Rechnungssteller erstellt die elektronische Rechnung mit seiner Fakturierungssoftware in einem von seinem eBill Service Provider unterstützten Format und sendet diese dem Service Provider.
- Validierung und Umwandlung in eine eBill: Der eBill Service Provider valdiert die elektronische Rechnung, wandelt sie ins SIX eBill-Format um und sendet sie an die SIX eBill-Infrastruktur.
- Validierung mit Rechnung-Status von SIX: Entgegenahme und Validierung der eBill durch die SIX. Wenn die Rechnung erfolgreich zugestellt werden kann, wird dem Service Provider ein positiver Rechnung-Status zurückgemeldet.
- Rechnung-Status vom Service Provider: Der eBill Service Provider meldet den positiven Rechnung-Status von SIX dem Rechnungssteller zurück.
- Weiterleitung der eBill an die Bank des Zahlungspflichtigen: Die SIX eBill-Infrastruktur identifiziert die Bank des Zahlungspflichtigen und leitet die eBill entsprechend weiter.
- Darstellung der eBill im Digital Banking: Die Bank des Zahlungspflichtigen stellt die eBill in ihrem Digital-Banking-System dem Zahlungspflichtigen zur Verfügung und informiert ihn über den Eingang der eBill-Rechnung
eBill Zahlung:
- Freigabe eBill: Freigabe der eBill im Digital Banking durch den Rechnungsempfänger.
- Zahlungsauftrag an Bank: Die Freigabe der Rechnung durch den Zahler löst einen Zahlungungsauftrag an seine Bank aus, um die eBill per Valuta zu begleichen.
- Weitergabe des Zahlungsstatus an SIX: Die Bank des Zahlers informiert die SIX, dass die eBill zur Zahlung freigegeben wurde.
- Weitergabe des Zahlungsstatus an den eBill Service Provider: Die SIX informiert den eBill Service Provider, dass die eBill zur Zahlung freigegeben wurde.
- Weitergabe des Zahlungsstatus an den Rechnungssteller: Der eBill Service Provider informiert den Rechnungssteller, dass die eBill zur Zahlung freigegeben wurde.
- Belastung Konto und Banküberweisung: Die Bank des Zahlungspflichtigen belastet das Konto des Zahlers und leitet den fälligen Betrag via das SIC-Zahlungssystem an die Bank des Rechnungsstellers weiter.
- Empfang des Betrags und Gutschrift des Rechnungsstellers: Die Bank des Rechnungsstellers schreibt den Betrag dem Rechnungssteller gut.
- Benachrichtigung des Rechnungsstellers: Der Rechnungssteller wird über den Zahlungseingang informiert.
- Schliessen des Offene Posten: Der Rechnungssteller schliesst den Offenen Posten in seiner Debitorenbuchhaltung anhand der erhaltenen Zahlungseingangsinformationen
Die Autorin
Susanne Mader unterstützt Firmen bei der Digitalisierung der Finanzbereiche. Sie betreibt ein eigenes Beratungsunternehmen und ist Teil des topsoft Consulting-Netzwerks.