In den Führungsetagen von Schweizer KMUs wimmelt es von Dashboards zu diversen Themen, von E-Commerce Performance Cockpits, über Marketing Campaign Reportings bis hin zu Sales-Dashboards. Viele dieser Dashboards haben eine Gemeinsamkeit: Sie bewirken wenig bis gar nichts. Der Hauptgrund hierfür ist, dass oftmals die notwendigen Prozesse und Kompetenzen für einen effektiven Umgang mit Daten fehlen.
Eine datenbasierte Arbeitsweise ist für erfolgreiches digitales Marketing und Sales essenziell, das ist quasi unbestritten. Dementsprechend wünschen sich viele Fachpersonen und Führungskräfte visuelle Dashboards, um die relevanten Daten stets im Blick zu haben und datenbasierte Entscheidungen treffen zu können. Aufgrund mangelnder Datenkompetenz geschieht dies oftmals in der Hoffnung, durch das Dashboard die relevanten Daten überhaupt erst identifizieren zu können.
Ein Dashboard allein ersetzt jedoch keine fehlende Datenkompetenz. Im Gegenteil, Dashboards sind erst dann hilfreich, wenn die Kompetenz im Umgang mit Daten bereits weit fortgeschritten ist.
Vor diesem Hintergrund sollten KPI Dashboards immer nach einem strukturierten Decision Making Support Prozess zusammengestellt werden. Ein solcher kann einerseits die Abhängigkeit von der eigenen Datenkompetenz reduzieren und gleichzeitig dabei helfen, diese schrittweise zu verbessern.
Einsatz und Logik von KPI Dashboards
Für die Strukturierung von KPI Dashboards sollte immer von den Unternehmenszielen und den daraus abgeleiteten Zielen für den jeweiligen Geschäftsbereich ausgegangen werden. Im Idealfall orientiert sich ein Dashboard an nur einem einzigen Ziel.
Davon ausgehend können anschliessend Indikatoren abgeleitet werden. Hierbei sollte zwischen Performance Indicators und Diagnostic Indicators unterschieden werden. Während Erstere die Leistung im Hinblick auf die Zielerreichung (d. h. Output) beschreiben, befassen sich die diagnostischen Indikatoren mit der dafür eingesetzten Arbeitsleistung (Input).
Grundsätzlich sollte für jeden analysierten Performance Indicator mind. ein Diagnostic Indicator analysiert werden, denn Performance Indikatoren sind nicht handlungsleitend. Das heisst, aus einem Umsatzrückgang lässt sich z.B. keine unmittelbare Handlung ableiten, mit der dieser Rückgang kompensiert werden kann.
Hier kommen die diagnostischen Indikatoren ins Spiel. Sie beschreiben gewissermassen die Hebel, die betätigt werden können, um Einfluss auf die Performance Indicators zu nehmen. Dadurch sind sie handlungsleitend und können Unterstützung bei der Entscheidungsfindung bieten.
Schliesslich sollte auch immer darauf geachtet werden, dass keine Insights in KPI Dashboards integriert werden. Hierbei handelt es sich um relevante Informationen, die zwar wertvollen Kontext liefern, in der Regel aber mehrheitlich statisch sind und daher kaum handlungsleitend sind (z. B. Zusammensetzung der Zielkundschaft). Insights sollten dagegen in regelmässigen Abständen (i.d.R. 1-2 Mal/Jahr) im Rahmen von vertieften Analysen eingehend untersucht und davon ausgehend Massnahmen eingeleitet werden.
Stolpersteine bei KPI Dashboards
Qualität und Quantität von Daten
Benötigte Daten sind oft nicht verfügbar oder nicht kombinierbar und es fehlt die technische Infrastruktur, bspw. zentralisierte Daten. Zudem ist eine solide Datenqualität ohne bewusste Optimierung oft nicht gegeben.
Zu viele Daten und keine Korrelation
Je mehr Daten wir abbilden, umso mehr vermeintliche Korrelationen wollen wir zu sehen glauben. Aber nicht alle Daten weisen reale Verbindungen und dementsprechend Optimierungspotenzial auf. Die Reduktion auf wenige, aber wirksame Daten ist deshalb zwingend, aber nicht einfach.
Begriffshygiene und Datensegmente
Oft werden Reportings und Monitorings oder auch Input-Daten und Performance-Indicators vermischt – was dazu führt, dass Dashboards zu viele Metriken beinhalten und dementsprechend überfordern. Auch ist es so, dass sich nicht hinter jedem Datensatz eine KPI versteckt. In der Regel gibt es nur wenige KPIs, die sich für Unternehmen auch eignen, weil sie die passende Flughöhe haben.
Fazit
Unternehmen scheitern oft daran, dass die gewünschten Daten nicht verfügbar oder verwertbar sind. Zudem übersteigen die Anzahl Dashboards die Grösse der Belegschaft, was zu mehreren Realitäten und zu einer tiefen Interpretationsqualität führt.
Erfolgsfaktoren für wirksame Business-Cockpits
Logik gewinnt
Um aus den zur Verfügung stehenden Daten, bspw. KPIs zu identifizieren, müssen die Daten gruppiert werden, bspw. nach potenziellen KPIs, Inputs- wie auch diagnostischen Daten oder Insights. Diese werden oft miteinander vermischt, was zu überfüllten Dashboards und zu Fehlinterpretationen führt. Mit unserem Framework ermöglichen wir Unternehmen, ihre Daten zu priorisieren und zu gruppieren, um sie im passenden Gefäss zu analysieren, zu monitoren oder zu bewerten.
Aktionsfähigkeit sicherstellen
Wie erwähnt sind KPIs kaum etwas Wert, wenn sie nicht direkt oder indirekt handlungsleitend sind. Zudem gilt es, die Interpretationsqualität sicherzustellen, indem Vergleichswerte, beispielsweise zum Vorjahr oder Vorperiode, ergänzt werden oder KPIs an Ziele gekoppelt werden und so, bspw. deren Erfüllungsgrad überwacht und bewertet werden können.
Storytelling ist Key
Die besten Daten und Kennzahlen in einem Dashboard nützen nichts, wenn sie den Anspruchsgruppen nicht einfach und verständlich zur Verfügung gestellt werden. In der Regel wird in einem hohen Rhythmus zu viel kommuniziert, was Personen eher überfordernd oder ignorierend hinterlässt, als aktiviert. Ein gutes Storytelling fokussiert sich auf eine Erkenntnis oder Aktion, die mit Daten unterlegt und mit zwei bis maximal drei unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten ergänzt wird.
Fazit
Die Verfügbarkeit der Daten ist eine Hygienefaktor und muss gegeben sein. Erfahrungsgemäss ist es wichtiger, mit einem kleineren Umfang an KPI-Sets zu starten, deren Aktionsfähigkeit sicherzustellen (Inputs > Outputs) und am Storytelling zu schrauben, als zu warten, bis das perfekte Dashboard zur Verfügung steht.
Tipps für die Entwicklung von BI-Dashboards
Fokussierte Prototypen bauen
Bei der Arbeit mit mehreren Datenquellen gibt es den perfekten Zustand nicht - irgendwo wird immer etwas fehlen oder ein Fehler aufweisen. Umso wichtiger ist es, dass KPI Dashboards schnell zur Verfügung stehen, damit die involvierten Personen lernen, die Informationen zu interpretieren. Bei Bedarf kann dies jeweils erweitert werden.
Wir empfehlen Prototypen mit Open-Source Lösungen zu bauen: Mit Apache Superset können wir BI-Prototypen in der Regel mit bis 80 % weniger Tool- und Lizenzkosten entwickeln, testen und optimieren.
Framework nutzen
Mit dem von Raphael Zeder und Layer entwickelten Framework unterstützen wir Unternehmen bei der Gruppierung und Priorisierung der Daten für ihre BI-Systeme. Durch unsere Aussenperspektive überwinden wir blinde Flecken und schaffen so einen klaren Blick auf aktionsfähige KPIs. Unser Tech-Team übernimmt die Erfassung, Zentralisierung und Ausspielung der Daten in einfache und verständliche Monitoring-Dashboards.
Routinen etablieren
In der Regel müssen Monitoring-Dashboards nicht wöchentlich bewertet werden. Zum einen lassen sich in den wenigsten Fällen wöchentliche Entwicklungen erkennen und zum anderen stehen selten Budget und Ressourcen zur Verfügung, um Massnahmen dann auch umzusetzen. Dasselbe gilt für Reporting – diese reichen erfahrungsgemäss für Schweizer KMUs quartalsweise aus. Entscheidend ist jedoch, dass neue Routinen etabliert werden – denn nur so erhöht sich die Interpretationsqualität.
Exkurs zum Thema KI
Natürlich ergeben sich auch im Bereich von KPI Dashboards Opportunitäten mit «Machine Learning». Dabei sehen wir insbesondere in folgenden Bereichen, potenzielle Handlungsfelder:
- Optimierung der Datenqualität oder anreichern von Datensätzen
- Kennzahlen und Reportings on demand, bspw. via Chatbot
- Erstellung und Wartung von Data-Warehouses bspw. Setup
Aber in den meisten Fällen ist es das Zusammenspiel von Mensch und Informationen, die den grössten Mehrwert bieten – insbesondere wenn es darum geht, geschäftsrelevante Kennzahlen zu bewerten und next best actions abzuleiten.
Die Autoren
Klaus Oberholzer (links) ist Gründer und Senior Consultant von
Layer (Advanced-Analytics). Mit seinem Hintergrund als Organisationsentwickler und gemeinsam mit seinem interdisziplinären Team aus Analysten, Engineers und Designern, unterstützen sie Schweizer KMUs relevante Informationen und Insights aus den eigenen Daten zu ziehen und diese für Entscheidungs- und Monitoring-Prozesse zur Verfügung zu stellen.
Raphael Zeder (rechts) ist Dozent für Digital Analytics, User Experience und Applied Artificial Intelligence an der
Hochschule Luzern – Wirtschaft. Zudem unterstützt er Layer (Advanced-Analytics) als Associate Consultant in den Bereichen Digital Analytics und Data Storytelling.
Der Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 23-4
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