Digitale Geschäftsmodelle sind kein Selbstzweck. Es geht um mehr als eine technische Lösung. Entscheidend ist die Transformation hin zu einer kundenzentrierten Wertschöpfung, die einen grundlegenden Kulturwandel mit sich bringt. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die nur im interdisziplinären Team gelingt.
Symbolbild: Rapeepat | AdobeStock
Im Zentrum der Digitalisierung stehen die Menschen, die vom Wandel betroffen sind, mit all ihren Aufgaben, Nöten und Freuden. In der Praxis können wir allerdings beobachten, wie schwierig es für Anbieter von Produkten und Dienstleistungen ist, die eigenen Aktivitäten in der Wertschöpfung auf die Kunden auszurichten. Um das volle Potenzial zu nutzen und mögliche Handlungsfelder erkennen zu können, stehen verschiedene Methoden und Werkzeuge zur Verfügung.
Der Value Proposition Canvas hat sich dabei als besonders effektives Werkzeug erwiesen: Auf Kundenseite werden zum einen die Aufgaben (Customer Jobs) aufgelistet, die diese erledigen müssen. Zum anderen werden aber auch die Probleme und Sorgen (Pains) aufgeführt sowie alles, was den Kunden Nutzen (Gains) bringen kann.
Dem Kunden wird dann das eigene Angebot mit seinen Wertversprechen gegenübergestellt. Diese Auseinandersetzung ist essenziell, um zu verstehen, wie gut die Produkte und Dienstleistungen für die Kunden tatsächlich sind. Auf dieser Basis werden die Erfolgsbausteine in einem iterativen Vorgehen herausgearbeitet.
Entscheidend ist dabei, die gewonnenen Erkenntnisse laufend mit «echten» Kunden zu verifizieren. Dadurch können die Risiken in der Produktgestaltung und im Innovationsprozess deutlich reduziert werden.
Win-win-Potenzial neuer digitaler Geschäftsmodelle
«Schmerzmittel» und «Nutzenstifter» sind die Bausteine für digitale Geschäftsmodelle. Ein Hausbesitzer will zum Beispiel nicht unbedingt eine Wärmepumpe kaufen. Sie ist für ihn nur ein Mittel, um die Raumtemperatur zu regulieren. Ein digitales Geschäftsmodell würde genau hier ansetzen.
Statt des Kaufs einer Wärmepumpe könnte eine regulierte Raumtemperatur zu einem garantierten Service-Level angeboten werden. Datenanalysen würden dabei helfen, die Zuverlässigkeit markant zu steigern und Ausfälle der Pumpe auf ein absolutes Minimum zu reduzieren.
Mit einem digitalen Geschäftsmodell wird so nicht nur die Aufgabe «Heizen» erfüllt, der Kunde erhält zudem mehrfachen zusätzlichen Nutzen: So kann er sich unter anderem die Investitionen in die Pumpe und deren Installation sparen, und auch unerwartete Ausfälle der Heizanlage verlieren weitgehend ihren Schrecken.
Weil nun der Anbieter etwaige Schäden tragen müsste, ist es in seinem Interesse, Ausfälle so gut wie möglich zu verhindern. Dafür erhält er mit den zusätzlichen, durch digitale Technologien ermöglichte «Nutzenstifter» und «Schmerzmittel» wirkungsvolle Hebel, um die eigene Wertschöpfung zu steigern.
Das führt zu einer Win-win-Situation für die Kunden und die Anbieter: Einerseits verbessert sich dadurch die Customer Experience, andererseits liefert dieses Vorgehen wertvolle Inputs für neue digitale Geschäftsmodelle.
Kundengetriebene Wertschöpfung als Ziel
Die entscheidende Frage ist nun, wie ein Unternehmen eine kundengetriebene Wertschöpfung erreichen kann. Die Analyse der Kunden und der eigenen Angebote mit einer Value Proposition Canvas oder einem vergleichbaren Werkzeug können viele Unternehmen selbst vornehmen.
Doch die Analyse der Customer Experience dient nur als Basis, um neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln. Denn wenn es gilt, konkrete digitale Lösungen zu entwerfen und umzusetzen, die in bestehende Prozesse und Infrastruktur integriert werden, kommen viele Unternehmen an ihre Grenzen. Dafür ist ein umfassendes Know-how des Geschäftsfeldes, der aktuellen Technologien und ihrer praktischen Einsatzmöglichkeiten unabdingbar.
Zusätzlich ist Erfahrung in der Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben nötig, denn die Transformation zu einer kundenfokussierten Organisation bedeutet immer auch einen grundlegenden Kulturwandel. Der Aufbau der dafür erforderlichen Kompetenzen wird zum Erfolgsfaktor für Unternehmen, damit alle Ebenen gut aufeinander abgestimmt sind.
Dann gelingt es besser, die aktuellen und künftigen Marktchancen gezielt zu nutzen und die damit verbundenen Herausforderungen erfolgreich zu meistern.
Der Autor
Der Wirtschaftsinformatiker Markus Holzner ist ein Experte in Business Analyse, Customer Experience, Service Design und in der Entwicklung digitaler Produkte, Plattformen und Apps. Sein Fokus liegt auf der Entwicklung von Digitalstrategien und deren Umsetzung. Das umfasst die Verbesserung der Kundenerlebnisse, die Transformation des Kerngeschäfts sowie die Steigerung der unternehmerischen Wertschöpfung.
Dieser Beitrag wurde ermöglicht durch bbv Software Services AG, dem Schweizer Beratungs- und Softwareunternehmen mit rund 300 Mitarbeitenden. bbv entwickelt neue Lösungen und Geschäftsmodelle, aus denen ihre Kunden schnell Wert schöpfen.
Der Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 22-4
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