Beim Dokumentenmanagement liegt noch viel Potenzial brach

25.11.2020
3 Min.
Verwaltung und Aufbewahrung geschäftlicher Unterlagen gehören in den meisten Unternehmen zu den eher ungeliebten Pflichten. Nach dem Motto «lochen und ablegen» verschwinden Dokumente in der Regel auf Nimmerwiedersehen in Ordnern und Archiven. Dabei gibt es längst zuverlässige Lösungen für ein smartes Dokumentenmanagement. Warum sich trotzdem viele KMU noch immer schwer tun, ihren Papierberg zu digitalisieren, hängt mit dem inneren Schweinehund und anderen Gründen zusammen.
 
Das sei eben so eine Sache mit den Lieferantenrechnungen und der Korrespondenz, hat mir kürzlich ein gestandener KMU-Patron erzählt. Klar gäbe es interessante Lösungen für das Archivieren von Belegen, und man habe das auch schon angeschaut. Aber irgendwie sei es eben doch einfacher, die Dokumente alphabetisch und chronologisch in Bundesordnern abzulegen. Da haben die Lernenden gleich etwas zu tun. Und überhaupt – man wisse ja nie, ob man die Daten dann später auch noch abrufen und lesen kann. Auch rechtlich habe er so seine Zweifel. Und das papierlose Büro sei sowieso Illusion.
 
(Bild: Hebi B. / pixabay.com)
 
 

Traditionelle Prozesse als Hemmschwelle

Ähnlich tönt es auch in anderen Unternehmen. Der häufigste Grund, warum die konsequente Einführung eines digitalen Dokumentenmanagements auf taube Ohren stösst, ist eine traditionelle Organisation von Ablage und Aufbewahrung. Nicht selten sind es auch Befürchtungen, wichtige Unterlagen nicht mehr wie gewohnt zu finden. Oft scheut man sich aber auch ganz einfach vor dem Aufwand, Papierbelege einzuscannen und systematisch abzulegen. Gerade bei umfangreichen Dokumenten wie Prüfbelegen, Qualitätsunterlagen oder Anlagedokumentationen kommt auch heute noch eher der Drucker als der Scanner zum Einsatz. In vielen Köpfen ist die Dokumentenablage immer noch nur ein notwendiges Übel und nicht ein Beitrag zur Effizienzsteigerung bzw. Kostensenkung von Prozessen. Dabei könnten viele Unternehmen genau davon profitieren, vorausgesetzt die traditionelle Hemmschwelle wird überwunden.
 
 

Verkanntes Potenzial für effiziente Prozesse

Frage: Wie und in welcher Reihenfolge werden in Ihrem Unternehmen heute Kundenbelege (Verträge, Bestellungen, Korrespondenz usw.) abgelegt? Vielleicht sind es Dossiers, vielleicht Ordner? Nach Geschäftsfällen? Chronologisch? Pro Abteilung? Willkommen im Dokumenten-Dschungel und viel Spass bei einer Prüfung der Geschäftsbücher! Wer hingegen auf ein professionelles DMS/ECM-System setzt, kann bei solchen Szenarien höchstens müde lächeln. Tatsächlich bieten digitale Lösungen für die Verwaltung, Nutzung und Archivierung von Dokumenten zahlreiche Vorteile, wie zum Beispiel der deutlich schnellere Zugriff auf Dokumente, die Reduktion von Papierbelegen, der Wegfall physischer Aufbewahrung, die Vermeidung redundanter Ablagen, die Kontrolle über Versionen, eine revisionssichere Dokumentenverwaltung und die Automatisierung verschiedener Arbeitsabläufe. Das Potenzial für die Effizienzsteigerung von Geschäftsprozessen ist erheblich. Und auch Lernende können sich spannendere Arbeiten vorstellen als die Ablage von Papierakten.
 
 

Bewirtschaftung der Informationslandschaft

Nehmen Sie einen x-beliebigen Geschäftsbeleg zur Hand. Sie werden darauf verschiedene Informationen finden, welche in direktem Zusammenhang mit Stamm- und Bewegungsdaten Ihres Unternehmen stehen. Zusammen bilden sie die gesamte Informationslandschaft Ihrer Firma. Während einige Daten elektronisch im ERP-/CRM-System vorhanden sind, verstauben andere Angaben aus Meetings, Vereinbarungen, Dokumenten usw. zusammenhanglos und unauffindbar im irgendwelchen Ablagen. Gerade in der heutigen Zeit sind Manager auf allen Führungsstufen gefordert, ihre Pflichten wahrzunehmen und für eine transparente Bewirtschaftung der Informationslandschaft zu sorgen. Leider gibt es in diesem Zusammenhang auch in Schweizer KMU noch immer zu viele desolate Zustände, welche dringenden Handlungsbedarf erfordern. Technisch ist das kein Problem. Rechtlich ist das gemäss OR hieb- und stichfest. Organisatorische Unterstützung bieten Berater und Systemanbieter. Warum zögern dann viele noch mit der Umsetzung?
 
 

Überwindung des inneren Schweinehunds

Dokumentenmanagement gilt nach wie vor als unterstützender Prozess ohne direkten Kundennutzen bzw. Umsatzeinfluss. Falsch! Wer einmal die DMS/ECM-Vorteile erkannt und in der Praxis erlebt hat, wird den Nutzen nicht mehr missen wollen. Modernes Dokumentenmanagement kann durchaus wertschöpfend sein. Stellen Sie sich das Kundenportal einer Versicherung vor, wo Sie alle relevanten Dokumente jederzeit einsehen können! Damit können Sie als Anbieter die Kundenbindung deutlich erhöhen und den Vertrieb stärken. Gleiches gilt für technische Dokumentationen in der Produktion oder für Garantievereinbarungen im Handel. Solange der innere Schweinehund keine Vorteile sieht, sich zu bewegen, wird auch nichts passieren. Wer diese Trägheit überwindet, gewinnt nicht nur an Effizienz, sondern steigert auch die Wettbewerbsfähigkeit.
 
 

Der Autor

Christian Bühlmann ist Chefredaktor des topsoft Fachmagazins. Er ist Spezialist für Content Produktion und Marketingstrategien und seit über 30 Jahren in verschiedenen Funktionen im IT-Business tätig. www.topsoft.ch
 
 

 

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