IT‑Projekte sind komplex, und Missverständnisse kosten schnell Zeit und Geld. Ein guter Vertrag schafft Klarheit, schützt vor Risiken und legt die Basis für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit — von der Einführung bis zum laufenden Betrieb.

Symbolbild Copilot
Bei IT‑Projekten steht für den Käufer viel auf dem Spiel. Unvorhergesehene Herausforderungen gehören zur Realität: Ressourcenengpässe, Verzögerungen, Ausfälle von Schlüsselpersonen oder technische Risiken. Solche Situationen lassen sich am besten lösen, wenn die Zusammenarbeit auf einer tragfähigen Partnerschaft basiert.
Der Weg zum Vertragsabschluss bietet die ideale Gelegenheit, die „Chemie“ zwischen Kunde und Anbieter zu prüfen. Dabei sollten die wichtigsten Risiken offen angesprochen und die Antworten klar und verständlich im Vertrag festgehalten werden.
Was passiert im Fall der Fälle?
In der Diskussion über Risiken lohnt es sich, das Verhalten des potenziellen Partners genau zu beobachten. Folgende Fragen helfen, die Zusammenarbeit realistisch einzuschätzen:
- Wer ist die Ansprechperson? Welche Kompetenzen bringt sie mit, und wie ist ihre Akzeptanz im Team?
- Wie transparent sind Tagessätze, Rollen und Verantwortlichkeiten?
- Ist das Machtverhältnis ausgewogen oder dominiert eine Seite?
- Werden auch unkonventionelle oder kundenspezifische Wünsche ernst genommen?
- Wie tief geht der Anbieter bei Sachfragen? Liefert er klare, belastbare Antworten?
- Wie flexibel ist er bei Terminen und Verhandlungen?
- Wie geht er mit heiklen Fragen um?
- Versucht er, einen Standardvertrag kompromisslos durchzusetzen?
Solche Beobachtungen sagen oft mehr über die spätere Zusammenarbeit aus als jede Präsentation.
Standardverträge als Basis – aber nicht als Ersatz für Partnerschaft
IT‑Verträge haben sich längst vom einfachen Austausch „Leistung gegen Gegenleistung“ entfernt. Sie sind komplexe Langzeitvereinbarungen, in denen sich Rahmenbedingungen ändern können oder sich Annahmen als falsch herausstellen.
Deshalb braucht es Verträge, die sowohl klare Regeln als auch genügend Flexibilität bieten. Der Fokus sollte immer auf einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit liegen.
In der Schweiz haben sich die SWICO‑Modellverträge als solide Grundlage etabliert. Sie decken ein breites Spektrum ab – von freiberuflicher Mitarbeit über Softwareentwicklung bis hin zu integrierten Systemen.
Cloud, SaaS und moderne Vertragsmodelle
Seit 2015 hat sich die IT‑Landschaft stark verändert. Viele Projekte basieren heute auf Cloud‑ oder SaaS‑Modellen. Dadurch gewinnen neue Themen an Bedeutung:
- Datenstandort und Datenschutz (DSG/DSGVO)
- Vendor Lock‑in und Exit‑Strategien
- Datenportabilität und Exportformate
- Release‑Zyklen und automatische Updates
- Security‑Verpflichtungen (MFA, Verschlüsselung, Incident Response)
- Verfügbarkeit und Skalierbarkeit
Diese Punkte sollten zwingend vertraglich geregelt werden – oft sogar noch vor der eigentlichen Funktionsbeschreibung.
Service-Level-Agreements: Der unterschätzte Kostentreiber
Beim Kauf einer Business‑Software liegt der Fokus häufig auf der Einführung. Doch die langfristigen Betriebskosten können die ursprüngliche Investition schnell übersteigen.
Deshalb sollten Service-Level-Agreements (SLA) bereits in der Angebotsphase verglichen werden. Ein SLA definiert:
- welche Leistungen im Betrieb erbracht werden
- wie diese Leistungen erbracht werden
- wie schnell reagiert wird
- welche Qualität garantiert wird
Ein Beispiel: Eine Reaktionszeit von zwei Stunden ist wertlos, wenn die Reaktion nur eine automatische Ticketnummer ist.
Service-Levels unterscheiden sich stark zwischen Anbietern – und sie können über mehrere Jahre hinweg enorme Kosten verursachen. Deshalb lohnt sich ein genauer Blick auf:
- Reaktions- und Lösungszeiten
- Supportzeiten (Bürozeiten vs. 7×24h)
- Eskalationsprozesse
- Verfügbarkeit (z. B. 99,5 % vs. 99,9 %)
- Wartungsfenster
- Kosten pro Service-Level
Fazit
Ein guter Vertrag ersetzt kein Vertrauen – aber er schafft die Grundlage dafür.
Wer Risiken offen anspricht, klare Regeln definiert und moderne Vertragsmodelle berücksichtigt, legt den Grundstein für eine erfolgreiche, langfristige Zusammenarbeit.
Sie brauchen Hilfe bei Ihrem IT-Projekt? Die unabhängigen Consultants des topsoft Consulting-Netzwerks stehen Ihnen gerne zur Seite. Neutral und anbieterunabhängig.
Der zugrundeliegende Text stammt aus dem Buch „Das ERP als Erfolgsfaktor im Unternehmen“ von Dr. Marcel Siegenthaler. ISBN 978-3-03805-137-4 (Print). Er wurde hier 2015 online erfasst.
Update Dezember 2025: Ergänzt um Cloud‑Vertragsmodelle, DSG/DSGVO, Security‑Aspekte und moderne SLA‑Themen.