Der Onlinehandel im B2B-Bereich für Produkte und Dienstleistungen gewinnt immer mehr an Bedeutung. Laut der Studie „Online-Kaufverhalten im B2B-E-Commerce 2017“ von ibi research gaben 88 Prozent der befragten Unternehmen an, dass der Anteil der Online-Käufe am gesamten Einkauf deutlich angestiegen ist. Drei Viertel der Befragten rechnen damit, dass bis im Jahr 2020 mehr als 50 Prozent der Unternehmenseinkäufe online getätigt werden. In der Schweiz verzeichnen vor allem Elektronikartikel, Software, Büroartikel und Artikel für den Bau steigende Wachstumsraten.
Im Zeitalter der Digitalisierung entwickelt sich der klassische Vertrieb immer mehr in Richtung Online-Vertrieb. Zudem färbt das private Online-Verhalten der Mitarbeiter auf den geschäftlichen Alltag ab. Ein schneller Service, eine grosse Auswahl sowie die Bequemlichkeit, die der Online-Einkauf mit sich bringt, werden von den Online-Käufern im privaten wie im geschäftlichen Umfeld erwartet.
Die Anforderungen an einen B2B-Shop sind um einiges grösser als im B2C-Bereich weil die Prozesse sowie die Produkt- und Servicevielfalt komplexer sind. So muss berücksichtigt werden, dass mehrere Personen bestellen und Berechtigungen oder Freigabeprozesse eingebaut werden können. Zudem müssen B2B-Funktionen wie die Angabe einer Kostenstelle und der Upload von Bestelllisten möglich sein. Nicht zu vergessen sind die spezifischen Zahlungsverfahren im B2B-Bereich sowie eine effektive Kreditlimiten-Steuerung. Zunehmend operieren B2B-Online-Shops international und müssen länderspezifische Bedürfnisse in ihren Systemen berücksichtigen.
Komplexität schreckt oft ab
Die Umstellung vom klassischen „Katalogverkauf“ zum gut funktionierenden Online-Shop stellt für Händler eine grosse Herausforderung dar. Oftmals schrecken sie vor der hohen Komplexität, wie zum Beispiel Schnittstellenintegration, von fehlenden oder ungeeigneten Produktdaten sowie von den hohen Kosten zurück. Vor diesem Hintergrund ist es wenig erstaunlich, dass erfahrene B2C-Akteure wie Amazon mit Amazon Business zunehmend in den B2B-Markt einsteigen. Auch globale Marktplätze wie mercateo, WerLiefertWas und Alibaba.com sind in diesem Segment aktiv und werden immer wichtiger.
Suchmaschinen sind in der Regel Ausgangspunkt bei der Suche nach B2B-Einkaufsprodukten. Entsprechend wichtig ist eine ausreichende Online-Visibilität für die B2B-Anbieter und bedingt eine konsequente Suchmaschinenoptimierung (SEO) und die Einbindung von Social Media Elementen. Nicht zu unterschätzen ist der Mobile E-Commerce im B2B-Geschäft. Bestes Beispiel dafür sind Handwerker, die direkt auf der Baustelle via Handy Ersatzteile bestellen.
Finanzielle Risiken nicht unterschätzen
Die Zahlung per Rechnung ist bei Firmen die beliebteste und wichtigste Form, Waren und Dienstleistungen zu bezahlen. Ein B2B-E-Commerce-Anbieter kommt nicht darum herum, diese Option in seinem Online-Shop anzubieten.
Was bedeutet dies nun für den Händler und welchen Risiken ist er ausgesetzt?
Der Onlinehandel im B2B-Bereich ist anonym, und oftmals kennt der Verkäufer den Geschäftskunden nicht persönlich. Er weiss nicht, ob der Besteller Kaufentscheide tätigen kann, ob es diese Firma tatsächlich gibt und ob diese zahlungsfähig ist. Das Onlinegeschäft erfolgt in Echtzeit, der Händler muss sich innerhalb eines Sekundenbruchteils entscheiden, ob er dem Kunden Kauf auf Rechnung gewähren kann. Die Bezahlung ist nicht gesichert, weil der Warenversand vor der Begleichung der Rechnung erfolgt. Das Zahlungsausfallrisiko ist deshalb nicht zu unterschätzen.
Online-Shops können sich dagegen schützen, indem sie automatisch während des Bestellvorgangs bei einer Wirtschaftsauskunftei die Identität des Kunden prüfen und mittels einer Bonitätsprüfung abwägen, ob dieser per Rechnung bezahlen kann oder die entsprechende Kreditlimite gewährt werden soll. Werden die Risiken als zu hoch eingestuft, werden ihm andere Zahlungsmethoden wie Vorauskasse, Kreditkarte oder Teilzahlungsoptionen angeboten.
Neben dem Zahlungsausfallrisiko birgt das Betrugsrisiko Gefahren, wo im Bereich Identitätsfälschung viel Missbrauch betrieben wird. Vorsicht ist geboten, wenn es sich um Briefkasten-Firmen handelt, wo der wahre Eigentümer der Firma nicht ersichtlich ist und deshalb auch nicht belangt werden kann. Auch gibt es so genannte Konkurskünstler, die regelmässig und absichtlich Firmen in den Konkurs führen und somit der Bezahlung der offenen Rechnungen entgehen.
Hier lohnt sich ein Blick in die Historie der Entscheidungsträger wie zum Beispiel Art und Anzahl der Mandate sowie die Anzahl der gelöschten oder konkursiten Firmen. Abhilfe schaffen dabei Identitäts- und Adressüberprüfungen bei einer Wirtschaftsauskunftei in Kombination mit Betrugspräventionstools.
Die wachsende Bedeutung von B2B-E-Commerce bietet den Händlern viele Chancen und steigende Volumen im Online-Kanal. Die damit verbundenen Risiken im Bereich Zahlungsausfall und Betrug können heute mit Lösungen von Informationsplattformen sehr gut eingedämmt werden.
Der Autor
Daniel Gamma ist Leiter E-Commerce bei CRIF AG