In Teil 1 und 2 haben wir festgehalten, dass es drei Arten von Zeit gibt. Die Uhrenzeit ist nichts anderes, als die Bewegung von Planeten im Raum. Die Zeit des Lebens ist ein Synonym für Lebensenergie, Seele, Psyche, Prana oder Chi. In Teil 3 haben wir gelernt, dass Zeit Geld ist, weil wir über unser Wirtschaftssystem die Uhrenzeit über Fixkosten an die Uhrenzeit gekoppelt haben. Im vorliegenden letzten Teil gehen wir der Frage nach, welche Hürden zu nehmen sind, damit wir gemeinsam aus der Fixkostenspirale und damit aus dem Hamsterrad aussteigen können.

Gelingt uns der Ausstieg aus dem Hamsterrad aus eigener Kraft? Ja, wir können aus eigener Kraft aus dem Hamsterrad aussteigen. Wir müssen dies sogar tun. Alle Gesetzmässigkeiten, mit denen wir die Zeit an das Geld binden, sind von uns Menschen gemacht. Wir sind es selbst, wir Menschen, welche die Fixkostenspirale in Verträgen festlegen. Diese Verträge wiederum basieren bei uns in der Schweiz auf dem Obligationenrecht, dem Schuldbetreibungs- und Konkursrecht und der Bundesverfassung. Haben wir verstanden, wie diese Gesetze unser Hamsterrad aktiv beeinflussen, dann können wir diese neu so definieren, dass es dauerhaft keine wirtschaftliche Existenzangst, keine Massenarmut und keine Massenarbeitslosigkeit in unserem Land gibt. Wir können also kraft unserer Vernunft selbst handeln und gemeinsam die richtigen Massnahmen einleiten, um Wirtschaftskrisen, Armut und Hunger dauerhaft zu bekämpfen. Jede Demokratie ist dazu in der Lage.

Welche Hürden sind zu nehmen, um das Hamsterrad gemeinsam zu stoppen?

Zum Stoppen des Hamsterrades müssen wir vor allem alte Feindbildkategorien überwinden. Solange wir im Feindbild Links/Rechts verhaftet sind, wird immer die jeweils stärkere Seite am Hamsterrad drehen. Ein Rad kann bekanntlich in zwei Richtungen gedreht und damit auch in zwei Richtungen beschleunigt und verlangsamt werden. Wollen wir das Hamsterrad gemeinsam stoppen, müssen wir die gesamte Dynamik der Fixkostenspirale als Ganzes beeinflussen. In Teil 3 haben wir bereits gesehen, dass beispielsweise die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine ganz neue Bedeutung erhält, wenn man den Unternehmer oder das Unternehmen als Fixkostenschuldner betrachtet. Aus diesem Bewusstsein erhält man eine neue Sicht auf das Grunddilemma des Unternehmers oder des Unternehmens, wenn wir in einem globalisierten, deregulierten und privatisierten Weltmarkt mit Ländern in Konkurrenz sind, die schlechtere Sozialeinrichtungen haben und tiefere ökologische Standards einhalten müssen. Eine nachhaltige Lohnpolitik basiert darauf, das Hamsterrad nicht dauernd zu beschleunigen, setzt aber voraus, dass die privaten Fixkosten der Arbeitnehmer (Bodenpreise und Mieten) auch nicht explodieren. Und das können wir nur alle gemeinsam tun. Innerhalb heutiger Feindbildkategorien wäre dies tatsächlich eine sinnlose Sisyphusarbeit. Tun sich jedoch Menschen zusammen, die guten Willens sind, werden sie es gemeinsam schaffen, die Geschwindigkeit des Hamsterrades den gemeinsamen Interessen anzupassen.

Nutzt es etwas, die Uhren abzuschaffen, um unsere Zeitprobleme zu lösen?

Wer versucht, seine Zeitprobleme zu lösen, indem er Uhren abschaff, schüttet gleichsam das Kind mit dem Bade aus. Die Planeten werden mit oder ohne Uhren weiter drehen. Und solange die Erde sich um die eigene Achse dreht, entsteht der Tag/Nachtrhythmus. Und auf diesen uns von der Natur vorgegebenen Rhythmus hat der Mensch bis heute zum Glück keinen Einfluss. Wollen wir unsere Zeitprobleme dauerhaft lösen, dann kommen wir definitiv nicht umhin, uns mit der dritten Art von Zeit zu befassen: Zeit ist Geld.

Individuelle und kollektive Verantwortung für Zeitprobleme gemeinsam wahrnehmen

Über unsere Verträge und Gesetze definieren wir die Machtverhältnisse, mit denen fixe Einnahmen auf der einen und Fixkosten auf der anderen Seite miteinander verbunden werden. Wir definieren damit auch, welche privaten und staatlichen Institutionen und Individuen welche Verantwortung für die Ausgestaltung von fixen Kosten und fixen Einnahmen haben. Wer sollte uns in einer Demokratie daran hindern, die Wirtschaftsgesetze und andere Gesetzestexte auf die Problematik der Fixkostenspirale hin zu untersuchen? Und wer sollte uns daran hindern, diese zu ändern, wenn sie uns nicht nachhaltig oder gar ungerecht erscheinen? Die individuelle und kollektive Verantwortung besteht darin, die fixen Einnahmen und die Fixkosten generationenübergreifend richtig auszubalancieren. Doch: Was tun Sie, wenn das Kollektiv nicht handelt? Was können Sie als Einzelperson sofort unternehmen, ohne auf Politikerinnen und Politiker, Wirtschaftsführerinnen und Wirtschaftsführer zu warten?

Die Antwort ist denkbar einfach:

  • Passen Sie Ihren Lebensstandard Ihren aktuellen Möglichkeiten an! Verschulden Sie sich nicht!
  • Erhöhen Sie nicht laufend die Fixkosten – weder im Privaten noch in Ihrem Unternehmen – Sie setzen sich dadurch nur zunehmend unter Druck.
  • Versuchen Sie, Ihre privaten fixen Einnahmen und Fixkosten im Gleichgewicht zu halten. Dadurch leben Sie gesünder und können Ihren Lebensrhythmus freier Ihren persönlichen Bedürfnissen anpassen.
  • Gelingt Ihnen dies nicht, dann werden Sie politisch aktiv. Es gibt keine Zeitarmut und keine Geldarmut in einer Demokratie!

Ivo_Muri_ZeitAG

Ivo Muri ist Gründer des Zeitwirtschaftssystem-Anbieters ZEIT AG und Zeitforscher in Sursee.
An der Zeitakademie, die seinem Unternehmen angegliedert ist, hält er Vorträge und berät Unternehmen, Verbände und Institutionen für einen lebensnahen Umgang mit der Zeit.
Als Gastautor stellt Ivo Muri im topsoft Magazin einige Erkenntnisse aus seiner Zeitforschung vor.
Weitere Informationen:
www.zeitmensch.ch
www.zeitag.ch
ivo.muri@zeitag.ch