Nachdem wir in Teil 1 festgestellt haben, dass es drei Arten von Zeit gibt und uns klar gemacht haben, dass die Uhrenzeit eigentlich nichts anderes ist, als die Bewegung von Planeten im Raum, wollen wir uns nun mit der Frage befassen, was denn der Unterschied sei, zwischen der Zeit des Lebens und der Zeit der Uhren. Und wie diese beiden Zeitarten zusammenhängen.
Fragen wir nach der Zeit des Lebens, dann beginnen wir am besten mit der Frage, was Leben überhaupt ist. Und bei dieser Frage erkennen wir: Es gibt verschiedene Lebewesen, die wir so nennen, weil sie leben. Fragen wir weiter, was diese Lebewesen auszeichnet (Menschen, Tiere und Pflanzen), dann stellen wir fest, dass sie alle mit Lebensenergie ausgestattet sind. Wir nennen Menschen, Tiere und Pflanzen also deshalb Lebewesen – weil sie dank dieser Lebensenergie leben. Wir nennen diese Lebewsen auch Organismen. Organismen sind Lebewesen, die von Geburt (Alpha) bis zum Tod (Omega) mit Lebensernergie ausgestattet sind.
Psychologinnen und Psychologen bezeichnen diese Lebensenergie als Psyche. Pfarrer, Theologen und Seelsorger sprechen von der Seele. Chinesen verwenden den Begriff «Chi». Sie alle benennen damit präzis das Gleiche, das Inder als «Prana» oder «Odem» bezeichnen: das Fliessen der Lebensenergie in einem Organismus, in einem Lebewesen, in Menschen, Tieren und Pflanzen. Wenn Philosophinnen und Philosophen von der Eigenzeit eines Lebewesens sprechen, meinen sie ebenfalls die Lebensenergie, mit der sich der materialisierte menschliche Körper, Tierkörper oder die Pflanze bis zum physischen Tod in Bewegung hält – also lebt. Tote Körper bezeichnen wir so, weil sie nicht mehr beseelt, also mit keiner Lebensenergie mehr ausgestattet sind – sich im Raum nicht mehr frei bewegen können – nicht mehr leben. Unterschiedliche Kulturen geben der Zeit des Lebens also unterschiedliche Namen – meinen damit jedoch immer die gleiche Lebensenergie. Die Seelenenergie der Pfarrer und Seelsorger, die psychische Energie der Psychologen, das Chi der Chinesen und das Prana der Inder sind nichts anderes als die Lebensenergie, die Menschen, Tieren und Pflanzen innewohnt. Solange sie leben.
Was hat diese Lebensenergie nun aber mit der Zeit zu tun?
Das Wort «Zeit» – die Zeit des Lebens – ist nichts anderes als ein Synonym für die Lebensenergie, die jedem Lebewesen innewohnt, solange es lebt. Ich bin durch meine Forschungstätigkeit zur klaren Erkenntnis gekommen, dass die zweite Art von Zeit – die Zeit des Lebens – aufgrund dieser Gemeinsamkeiten auch als psychische Zeit oder seelische Zeit im Gegensatz zur Uhrenzeit aufgefasst werden kann.
Die Seelenenergie ist schliesslich von zentraler Bedeutung, wenn wir nach Wegen suchen, mit der Zeit des Lebens besser umzugehen. Richtig zu leben heisst, seine Lebensenergie oder Lebenszeit bewusst auf die richtigen Aktivitäten zu lenken. Richtig zu leben heisst aber auch, haushälterisch mit seiner Lebensenergie umzugehen – diese nicht zu verschwenden und sich Stunden der Erholung zu gönnen.
Sprechen Menschen davon, unter Stress zu stehen, ist aus irgendeinem Grund das «Chi» – die Lebensenergie, die Seele oder die Psyche – nicht in Harmonie mit der Umwelt. Energieblockaden verhindern den natürlichen Fluss und damit ein freies, unbeschwertes Leben. Wir fühlen uns psychisch krank – matt – energielos. Chinesische Heilmethoden zeigen eindrücklich, wie Stress und Energieblockaden beispielsweise durch Akupunktur, Chi-Gong, Tai-Chi oder Shiatsu abgebaut werden können.
In westlichen Gesellschaften konsultieren wir zu diesem Zweck Psychologen oder Psychiater. Oder wir versuchen unsere Lebensenergie mit Psychopharmaka in Schwung zu halten; genauso, wie Inder das Prana mit Ayurveda und anderen Heilmethoden ausgleichen.
Zusammenhang zwischen der Uhrenzeit und der Zeit des Lebens
Die Zeit des Lebens steht in enger Beziehung mit den Planetenbewegungen – mit der Zeit der Uhren. Die Planeten stimulieren durch ihre Bewegung in vielfältiger Weise die Zeit des Lebens. Durch ihre Bewegung halten sie gleichsam die Lebensenergie von Mensch, Tier und Pflanze in Fluss. Der tägliche Schlafrhythmus der Menschen, die Winterruhe der Tiere, sowie das Wachstum der Pflanzen basieren auf dem Rhythmus der Planeten. Die harmonische Beziehung zwischen Lebenszeit und Uhrenzeit ist deshalb essenziell: Wollen Menschen, Tiere und Pflanzen nicht ausbrennen – kein Burnout erleiden –, dann müssen sich diese Lebewesen dem Rhythmus der Planetenbewegungen, dem Tag Nacht-Rhythmus, dem Monatsrhythmus und dem Jahresrhythmus anpassen und unterordnen. Tun sie dies nicht, erleiden sie gesundheitliche Probleme.
Im nächsten Beitrag befassen wir uns mit der Frage, warum wir Menschen uns immer mehr von diesen natürlichen Rhythmen entfernen und was dies mit der dritten Art von Zeit zu tun hat: der Zeit der Wirtschaft – Zeit ist Geld.
Ivo Muri ist Gründer des Zeitwirtschaftssystem-Anbieters ZEIT AG und Zeitforscher in Sursee. An der Zeitakademie, die seinem Unternehmen angegliedert ist, hält er Vorträge und berät Unternehmen, Verbände und Institutionen für einen lebensnahen Umgang mit
der Zeit. Als Gastautor stellt Ivo Muri im topsoft Magazin einige Erkenntnisse aus seiner Zeitforschung vor.
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