Die Corona-Krise hat alle Unternehmen gezwungen, sich alternativen Möglichkeiten der Arbeit zu öffnen. Homeoffice, digitale Meetings und neue Führungsqualitäten sind plötzlich gefragter denn je. Doch wie sehen die Mitarbeitenden diese Entwicklung? In Zusammenarbeit mit topsoft hat mitarbeiterzufriedenheit.ch eine Umfrage gestartet und die Antworten zeigen klar: Die «Neue Arbeitswelt» kommt gut an bei den Mitarbeitenden. Jetzt ist die Führungsetage in der Pflicht, die geforderte Flexibilisierung zum Vorteil aller einzuleiten.
Unternehmen, die bereits vor Corona in die Ausbildung ihrer Mitarbeitenden investiert haben mit dem Ziel, sie zu eigenverantwortlichem Handeln und einer digitalen Arbeitsweise zu stärken, sind durchweg auf der Gewinnerseite. Das betrifft sowohl die sogenannten Soft Skills für methodische, persönliche und soziale Kompetenzen, als auch die fachlichen Fähigkeiten (Hard Skills).
Der Situation angepasst, also flexibel zu handeln, ist in vielen Organisationen gar nicht vorgesehen und war bislang nicht einmal erwünscht. Anachronistische Prozessvorgaben, Statuten und Regeln, die niemand hinterfragt, sind nach wie vor und in hohem Masse noch in Verwaltungen vorhanden. Innerhalb dieser Systeme ist es kaum möglich, eine intrinsische und motivierte Arbeitsatmosphäre entstehen zu lassen, da die Vorgaben in den meisten Bereichen oft der Sinnhaftigkeit widersprechen.
«Clients do not come first. Employees come first. If you take care of your employees, they will take care of the clients.» Richard Branson
Es wird auch in Zukunft Führungskräfte brauchen. Innerhalb welcher Rollen, wie diese benannt werden (Coach, Mentor) und wo diese in der Organisation angesiedelt werden, ist individuell zu regeln. In der aktuellen Zeit des Umbruchs, die ja gerade erst begonnen hat, braucht es Anleitung dringlicher, als es bisher der Fall war. Jedoch braucht es eine neue Haltung – und die Aufgaben werden nicht (mehr) darin bestehen zu kommandieren, delegieren und kontrollieren. Es werden Anführerinnen und Anführer sein mit neuen Führungsparadigmen, denen die Mitarbeitenden folgen, weil sie in ihnen Vorbilder sehen und ihnen ihr Vertrauen schenken können.
New Leadership bedeutet, sich an den Bedürfnissen der Menschen auszurichten, für die Verantwortung übernommen wurde – und darüber sollte sich bereits heute jeder im Klaren sein, der eine solche übernimmt. Bislang lag das Begreifen von Führungsrolle in der Verpflichtung gegenüber dem Unternehmen, die Abteilungen auf Umsatz-und Effizienz zu optimieren. Viel zu oft wurde diese Position denen anvertraut, die sich ihren Vorgesetzen gegenüber taktvoll zurückhaltend verhielten und von denen kein Widerspruch zu erwarten war.
Die Welt verändert sich und ein Re-Branding der eigenen Marke reicht nicht mehr. Ohne eine gelebte Vertrauenskultur im Unternehmen kommt es zum «des Kaisers neue Kleider» Effekt. Sie kennen wahrscheinlich das Märchen, in dem ein Kaiser sich von einem cleveren Schneider «angeblich» kostbare Gewänder fertigen lässt, die aus einem magischen Stoff bestehen sollen, den nur die schlauen Leute sehen. In Wirklichkeit läuft der Kaiser nackt durch das Volk und alle verfallen in grosses Staunen und Jubeln, um sich nicht als dumm bezeichnen zu lassen.
Lediglich ein Kind ist unbeeindruckt und deckt den Schwindel auf, indem es ausruft, dass der Kaiser ja gar keine Kleider anhabe. Ein Beispiel, das alle von uns bereits erlebt haben.
Resultate der Umfrage zur Arbeitswelt
Die Idee zu dieser Umfrage entstand nach vielen Gesprächen mit Freunden, Bekannten und Kollegen in der Zeit Mai/Juni 2020. Sie erzählten, wie ihre jeweilige Geschäftsleitung die ersten Schritte zurück in die Unternehmen umsetzen. Auch die Wochen während der Krise wurden besprochen.
Um die Antworten auch ausserhalb unserer eigenen «Bubble» in erkennbare Ergebnisse zu richten, haben wir einige Fragen zusammengestellt und präsentieren hier die Auswertung der inhaltlichen Schwerpunkte.
Wir haben unter anderem gefragt:
Wurden in Ihrem Unternehmen Erfahrungen der Mitarbeitenden über die Zeit im Homeoffice abgeholt?
Zu den 43 % derer die angegeben haben, dass sie nicht begleitet wurden, hat weiterhin ein grosser Teil angegeben, dass eine Unterstützung bereits durch Eigeninitiative oder berufsbedingt nicht notwendig war. 10 % fühlten sich komplett allein gelassen und haben weiterhin viele offene Fragen.
Bei den Antworten zur Frage nach dem bevorzugten Arbeitsort gibt es eine klare Tendenz (Grafik 1).
Den Wunsch nach einem flexiblen Arbeitsplatzmodell haben 85 % der Teilnehmenden. Das entspricht auch der im Vorfeld verlauteten Stimmen aus unseren Meinungsabfragen.
In einer Frage haben wir nach den noch notwendigen Massnahmen im Unternehmen gefragt und bei den Antworten deren Gewichtung erkennbar gemacht.
Die interne und externe Kommunikation, die oft in die Unternehmenskultur abgeschoben wird, haben wir bewusst abgespalten und nochmals aufgeteilt. Die Grafik zeigt deutlich, dass innerhalb der Organisation dringender Nachholbedarf besteht. Im Gegensatz dazu scheint die Kommunikation nach aussen recht gut zu funktionieren und ist im Gesamtergebnis rausgefallen.
Weitere Antworten zeigen auf, wie wichtig es ist, dass Unternehmen, die es bisher versäumt haben, Ankündigungen hinsichtlich Einbindung neuer Arbeitsmodelle zu machen, dieses jetzt schleunigst nachholen sollten.
Denn bei 60 % sinkt die Motivation, über 41 % stellen die Loyalität gegenüber dem Unternehmen ansonsten in Frage und alarmierende 40 % spielen mit dem Gedanken der Kündigung (Grafik 2).
Die Umfrageergebnisse erheben keinen Anspruch auf wissenschaftliche und repräsentative Aussagen, die für Studienzwecke geeignet wären, sondern stellen die Situationen und Meinungen von über 100 Personen dar. Wir schätzen, respektieren und bedanken uns bei den Teilnehmenden für das Vertrauen und nehmen diese Informationen ernst.
Ideen und Inputs der Teilnehmenden:
Hier eine Auswahl der Antworten zu unserer offenen Frage mit Wünschen und Anregungen der Teilnehmenden.
Ich wünsche mir:
- Dass die Klimakrise in den Mittelpunkt rückt, wenn es darum geht, den Ressourcenbedarf für Arbeitsort, Arbeitsweg und Geschäftsreisen zu verringern.
- Dass die neue Normalität nachhaltiger, rücksichtsvoller und wertschätzender im Umgang und Verhalten wird!
- Dass die Mitarbeiter sich in vermehrtem Ausmass auf die neue Arbeitsweise einlassen können. Der Wunsch nach gemütlichem Zusammensein ist immer noch zu sehr verbreitet. Die Fähigkeit, selbständig zu arbeiten, gerade zuhause im Home-Office, sollte noch mehr gestärkt werden, vielleicht durch ein entsprechendes Team- und Einzelcoaching.
- Dass vor der durchaus dringenden Reorganisation (inkl. drastischer Sparmassnahmen) ein möglichst greifbare Unternehmens-vision erarbeitet und kommuniziert würde.
- Dass das Homeoffice weiterhin flexibel eingesetzt wird.
- Dass nicht nur von Netzwerkorganisation gesprochen wird, sondern diese auch aktiv gelebt wird. Während Corona stand und steht das Hierarchie-Denken auf dem Prüfstand. Mit Homeoffice hat man seine Mitarbeiter nicht mehr so unter Kontrolle. Vertrauen und Förderung sind gefragt.
- Dass der Spirit so weitergetragen wird – ich habe keinen Zweifel, dass das auch so passiert.
- Dass die positiven Aspekte der Krise genutzt werden.
- Dass die positiven Erfahrungen aus der Lockdown-Situation nachhaltig umgesetzt werden. Gegenseitiges Vertrauen spielt dabei eine zentrale Rolle.
- Dass den Mitarbeitenden aktiv zugehört wird und die daraus resultierenden Massnahmen verbindlich umgesetzt werden.
- Dass, einfach beim Personal an der Basis nachfragen und aus Fehlern lernen.
- Home-Office macht nur dort Sinn, wo der Mitarbeiter in einer ruhigen Umgebung arbeiten (und telefonieren) kann (separates Zimmer, also ohne weitere Familienmitglieder im selben Raum). Zudem braucht es zur Erreichung des optimalen Resultats der physische Austausch am Arbeitsplatz - die Gespräche zwischen Kaffeemaschine, Toilette und Schreibtisch können nicht durch einen Kopfhörer ersetzt werden!
- Homeoffice mit allen Vorteilen stärken.
- Aktiv an der Umgestaltung und den Veränderungen mitwirken zu können, bzw. diese sogar zu gestalten.
- Dass die Schweizer Unternehmen ihren Teil zur sozialen und ökologischen Verantwortung beitragen und flexiblere Arbeitsmodelle ermöglichen und fördern.
- Dass es keine Rolle spielt, an welchem Ort ich arbeite. Viel wichtiger als wo man arbeitet, ist das Ergebnis der Arbeit.
- Dass unabhängig vom Ort des Arbeitsplatzes proaktives Arbeiten und Eigeninitiative mehr wertgeschätzt würden. Zudem würde ich mir eine offenere Gesprächskultur wünschen.
- Komplett freie Arbeitsort- und Arbeitszeit-Gestaltung sollte künftig allen zugestanden werden.
- Dass mehr Firmen ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit zu mehr Homeoffice geben.
- Entlastet den ÖV, vermindert Stress der Mitarbeitenden, ermöglicht Familien einfachere Möglichkeiten im Beruf zu bleiben, erspart Firmen z. B. auch teure Arbeitsplätze und grosse Büroräumlichkeiten zu mieten.
- Mehr Selbstverantwortung, Mitbestimmung, weniger Hierarchien
- Dass sich das Management der Realität stellt.
- Unternehmen folgen den übergeordneten Strukturen. Daher würde ich mir politische Entscheide wünschen, die Arbeit und Einkommen entkoppeln.
- Wichtig ist, dass:
1. Arbeit da ist und vor allem
2. Zukunftsperspektiven vorhanden sind,
3. dass ein Unternehmen rentabel funktioniert,
4. dass Mitarbeiter nicht nur fordern, sondern loyal mitarbeiten, um die Unternehmensziele zu erreichen.
- Wir uns nicht wieder in die Zeit vor Corona zurückentwickeln!
- Dass Worten auch Taten folgen.
Die Autorin
Heike Bauer hilft Organisation bei den ersten Schritten in eine neue, digitale Arbeitswelt, mit den Instrumenten eines zeitgemässen NEW-WORK-Ansatzes. Sie identifiziert schnell und unkompliziert die Stolpersteine im Unternehmen, die den Weg für einen echten kulturellen Wandel in die neue Arbeitswelt versperren und unterstützt mit einem kompetenten Partner-Netzwerk.
Magazin kostenlos abonnieren
Abonnieren Sie das topsoft Fachmagazin kostenlos. 4 x im Jahr in Ihrem Briefkasten.