7 Risiken bei der System-Migration – und wie es besser geht

23.03.2023
5 Min.
Früher oder später muss es gemacht werden: die Migration von Informationssystemen. Viele scheuen den notwendigen Schritt oder schieben ihn auf, weil es aufwendig sein und durchaus einige Risiken mit sich bringen kann. Heinz Wietfeld hat daher einige praktische Tipps zusammengestellt, damit diese Projekte trotzdem gelingen und das möglichst effizient.
 

Symbolbild von Gerd Altmann via Pixabay 

 
Informationssysteme migrieren oder nicht migrieren? Das ist eine Entscheidung, die selbst erfahrene IT-Entscheider ins Schwitzen bringt. Die einfache Antwort auf die Frage „Müssen wir das wirklich tun?“ lautet jedoch in vielen Fällen: Ja! Dabei geht es weniger um das „Ob“ als vielmehr um das „Wann“. 
 
Denn Kunden erwarten reibungslose digitale Erfahrungen und Prozesse nicht nur im E-Commerce, sondern in praktisch allen Branchen – von Banken, über Versicherungen bis hin zu Gesundheitseinrichtungen. Wer nicht mit Geschwindigkeit, Personalisierung, Nutzerfreundlichkeit und Flexibilität punkten kann, hat in einer digitalen Welt, in der die Kundenerwartungen stetig steigen, schnell das Nachsehen. IT-Infrastrukturen müssen daher heute derart aufgebaut sein, dass sie vielfältige Touchpoints unterstützen, über die Kunden mit Unternehmen interagieren und jederzeit auf aktuelle Informationen zugreifen können – z. B. zum Stand ihres Vertragsabschlusses oder dem Status ihrer Bestellung. 
 
Die monolithischen Information-Management-Systeme, die häufig noch immer im Einsatz sind, sind jedoch nicht für die heutige Geschäftsdynamik und die sich ständig verändernden Marktbedingungen ausgelegt. Es braucht Migrationen zu modernen Information- und Content-Management-Lösungen – oder besser gesagt: Modernisierungen, denn herkömmliche Migrationen bieten einige Fallstricke und können unbestreitbar kostspielig, zeitaufwendig und ressourcenintensiv sein. Heinz Wietfeld, Director bei Hyland, hat einige praktische Tipps zusammengestellt, damit das Projekt zum Erfolg wird. 
 

7 Risiken bei einer klassischen Systemmigration

1. Abgeschriebene Daten

Manche Daten und Informationen sind bereits mehrere Jahrzehnte alt und wurden immer wieder gespeichert oder archiviert. Werden dann zum Beispiel alte Formulare mit nicht mehr gültigen Formularnummern in das neue System übertragen, kann das zu Datensilos und erheblichen Prozessproblemen führen.
 
Tipp: Genau wie beim Umzug in eine neue Wohnung lautet die Devise vor der Systemmigration: erst ausmisten. Es gilt zu überprüfen, welche Informationen heute noch geschäftsrelevant sind, ob Aufbewahrungspflichten bestehen oder ob bestimmte Daten schon längst hätten gelöscht werden müssen. Weil jedoch nicht ausgeschlossen werden kann, dass einige alte Dateien doch ihren Weg in das neue System finden, muss vorab ein Plan für solche Fälle erarbeitet werden: Wie soll das neue System z. B. mit Formularnummern umgehen, die nicht mehr gültig sind? Und was macht das Team, wenn es während der Migration auf eine nicht mehr gültige Formularnummer stösst?
 

2. Sicherheitslücken

Informationssysteme werden im Laufe der Jahre immer wieder aktualisiert und verändert. Das kann zu Sicherheitslücken führen, die im Idealfall möglichst schnell durch Patches behoben werden.
 
Tipp: Bei der Migration sollte das Altsystem besonders sorgfältig auf mögliche Sicherheitslücken überprüft und diese dokumentiert werden, damit risikoreiche Schwachstellen sich nicht in die neuen Systeme übertragen werden und so den langfristigen Erfolg eines Migrationsprojekts gefährden.
 

3. Downtime

Komplette Systemmigrationen finden heute fast nie über Nacht oder an nur einem Wochenende statt. Insbesondere bei grossen Infrastrukturen kommen gestaffelten Migrationen zum Einsatz, was zur Herausforderung werden kann: Arbeitet eine Geschäftseinheit in der Übergangsphase noch auf dem alten und eine andere Einheit bereits auf dem neuen System, kommt es zu Kommunikations- und Prozessproblemen, die die Geschäftsaktivitäten stören oder ganz unterbrechen.
 
Tipp: Erst einmal ist es gut, sich dieser Herausforderung bewusst zu sein, damit es nicht zu unschönen Überraschungen kommt. Gut geplant und ggf. unterstützt von einem qualifizierten Partner kann vorher ein detaillierter Migrationsplan erstellt werden, um Betriebsunterbrechungen auf ein Minimum zu reduzieren.  Unter anderem sollten die folgenden Fragen beantwortet werden: In welcher Reihenfolge werden Abteilungen und Prozesse migriert? Und wie interagieren die Geschäftseinheiten in der Übergangsphase? 
 

4. Rollback-Strategie

Murphy’s Law besagt: „Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.“ Auch wenn sich durch eine detaillierte Planung viele Risken vermeiden lassen, kann es bei grossen Migrationen vorkommen, dass sie nicht wie geplant verlaufen. Insbesondere dann, wenn keine Experten hinzugezogen wurden, die über viel Erfahrung bei diesen durchaus komplexen Projekten verfügen.
 
Tipp: Ganz egal, wie sorgfältig eine Migration geplant ist, jedes Unternehmen braucht eine Rollback-Strategie für den Fall, dass die Dinge anders kommen als geplant. Dabei muss die Rollback-Strategie genauso gut durchdacht werden wie die Migration selbst, um Systeme, Prozesse und Abteilungen im Fall der Fälle bestmöglich in den Ursprungszustand zurückzuversetzen.
 

5. Abhängigkeiten von Anwendungen

Zu migrierende Informationssysteme sind meist schon lange im Einsatz. Daher kann es sein, dass Verantwortliche den Überblick verloren haben: über Anwendungen, die mit dem System integriert sind und alle Daten und Informationen, die von dem System erstellt und gepflegt werden.
 
Tipp: Verschaffen Sie sich zuerst einmal einen Überblick! Nur durch eine umfangreiche Inventarisierung kann sichergestellt werden, dass durch die Migrationsinitiative keine weit nachgelagerten, aber geschäftskritischen Systeme in Mitleidenschaft gezogen oder ganz abgeschnitten werden. 
 

6. Umfassende Anwendertrainings

Systemmigrationen führen oft dazu, dass sich nicht nur die Art ändert, wie Nutzer auf Informationen zugreifen, sondern auch wie sie ihre Arbeit verrichten. Es braucht Schulungen – doch dafür werden Mitarbeitende von ihren eigentlichen Aufgaben abgezogen, was Geschäftseinbussen bedeuten kann.
 
Tipp: Zum einen sollte bereits bei der Auswahl des neuen Systems auf intuitive Nutzeroberflächen geachtet werden. Im besten Fall verfügt das Informationssystem auch über Integrationen, z. B. mit dem ERP-System, die es den Mitarbeitenden ermöglich weiterhin in ihren gewohnten Anwendungsumgebungen zu arbeiten. Zu anderen sollten Trainings zeitlich so gestaltet werden, dass die Teams nicht mehrere Wochen warten müssen, bis das System in ihrer Einheit eingesetzt wird. So wird verhindert, dass sie das Gelernte vergessen, bevor sie es im Arbeitsalltag anwenden. 
 

7. Widerstände gegen Veränderungen

All dies kann zu Widerstand gegen den Wandel führen. User fühlen sich möglicherweise unter Druck gesetzt, die Leistungserwartungen zu erfüllen, oder sie sind stark in ihrer bisherigen Arbeitsweise verhaftet, was dazu führt, dass sie die Vorteile der Migration unterlaufen.
 
Tipp: Eine offene Change-Kommunikation, die alle Beteiligten über die anstehenden Veränderungen aufklärt, alle Schritte mitbegleitet und langfristige Vorteile wie Arbeitserleichterung und Produktivitätssteigerung aufzeigt. 
 

Verbinden und Konsolidieren: ein intelligenterer Ansatz für die Migration

Die genannten Tipps helfen dabei, notwendige Migrationen von Informationssystemen so reibungslos wie möglich zu gestalten, wobei bei herkömmlichen Migrationen ein Altsystem durch ein anderes ersetzt wird. 
 
Ein intelligenterer Ansatz besteht darin, die vorhandenen Informationssysteme über einen einzigen zentralen Access Point zu verbinden und die Informationen dort zu belassen, wo sie sich derzeit befinden. Dieser zentrale Access Point kann eine Content-Services-Plattform wie die von Hyland sein, die Daten, Informationen und Inhalte bündelt. So müssen Geschäfts- und IT-Systeme lediglich über eine Schnittstelle mit der zentralen Plattform kommunizieren.
 
Die Plattform mit ihren vorgefertigten und konfigurierbaren Schnittstellen kann sich dann wiederum mit den weiter darunter liegenden Informationssystemen austauschen. Dies hat zur Folge, dass das Unternehmen von Änderungen an den angeschlossenen Systemen abgeschirmt wird. Im Gegenzug kann die IT-Abteilung die Migration oder Konsolidierung von Systemen in einem Tempo durchführen, das den Zeit-, Geld- und Personalressourcen des Unternehmens entspricht.
 
Diese Methode des „Verbindens und Konsolidierens“ ist ein weniger disruptiver Ansatz und ermöglicht es, viele Risiken einer traditionellen Migration von Informationssystemen zu minimieren oder ganz zu umgehen.
 
 

Der Autor

Heinz Wietfeld ist Director bei Hyland