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Künftig wird es immer mehr Mitarbeiter in Unternehmen geben, die mobil arbeiten und höchst unterschiedliche Endgeräte einsetzen. Ein CIO wird sich also in Zukunft keinen Gefallen tun, wenn er weiterhin versucht, sich auf wenige Standard-Endgeräte zu konzentrieren. Das wird er gegen den Anwenderdruck nicht durchhalten können. Es rücken viele junge Mitarbeiter nach, die technologisch das nachfragen, was sie auch privat schon lange nutzen.

 

Die Zahlen sprechen bereits eine klare Sprache: Laut der aktuellen CIO-Studie von Harvey Nash [1] stieg der Anteil der von Mitarbeitern genutzten IT, der von der IT-Abteilung nicht mehr beeinflussbar ist, in den vergangenen drei Jahren von zehn auf 40 Prozent. Was in den sozialen Medien unter dem Stichwort «Kontrollverlust» diskutiert wird, breitet sich auch in Unternehmen aus. Die geschäftliche und private Nutzung von Geräten verschwimmt, Tablets, Smartphones und der Einsatz von Apps werden auch im Arbeitsalltag immer populärer, entsprechend sinkt die Relevanz von abgeschirmten IT-Systemen. Folgerichtig ist jeder zweite der befragten CIOs der Meinung, dass der Anteil von privaten Geräten, die Mitarbeiter am Arbeitsplatz einsetzen, weiter steigen wird. Viele CIOs fühlen sich von diesen Entwicklungen auch überfordert, wie die Studie festhält. Sie sind oftmals gar nicht mehr in der Lage, die Wünsche der anderen Abteilungen und der Nutzer innert nützlicher Frist umzusetzen.

Die IT hinkt der Entwicklung hinterher

Mittlerweile ist es vielerorts sogar so, dass zwischen der Unternehmens-IT und der Geschäftsführung ein tiefer Graben liegt, der gerade im Bereich des Enterprise 2.0 und der mobilen IT auf unterschiedlicher Zielsetzung beruht. Der klassische CIO pocht meist auf Kostenreduktion und auf den Betrieb im Unternehmen. Impulse für mobile Applikationen kommen jedoch selten aus den IT-Abteilungen. Da dominieren eher Marketing, Vertrieb und Sales. Vielfach kommt es auch zu einem Wildwuchs («Schatten-IT»).

Das Problem ist dabei oftmals die Komplexität der bestehenden IT-Landschaften, die kaum mehr Spielraum lassen für neue Technologien: Wer «Dinosaurier» am Leben erhalten muss, kann sich nicht um Mobile, Social Media und lokale Kundenservice-Lösungen kümmern.

Die Mitarbeiter bestimmen vermehrt, wo es lang geht

Der Nutzer, also der Mitarbeiter, diktiert immer mehr, wo es in der IT-Welt langgeht. Die elitäre Ingenieursdenke, die man vielerorts noch in der IT vorfindet, hat sich überlebt. Spezialistengehabe in Kombination mit unverständlichem Fachjargon täuscht niemanden mehr. Zum Vergleich: Früher dominierten Lasten- und Pflichtenhefte beim Bau von neuen IT-Systemen den Arbeitsalltag. Der Nutzer war in diesem Szenario nur ein Störfaktor. Das alles hat sich inzwischen massiv verändert. Dank agilen Programmiermethoden können den Nutzern möglichst früh bereits umgesetzte Funktionen nutzen. Vereinfacht kann man das mit einem App Store vergleichen, dessen Angebot ständig wächst. Damit sinkt auch die Gefahr, nach einer langen Planung am Reissbrett ein völlig veraltetes System in Betrieb zu nehmen. Zudem kann man so ausreichend früh auf veränderte Bedingungen reagieren. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, sämtliche nachgefragte Dienste und Hardware in die Infrastruktur einzubauen. So kann man den Mitarbeitern z.B. entgegenkommen und eines der Enterprise-Angebote von Dropbox, Box oder die Open-Source-Lösung Own-Cloud, die man sogar selber betreiben und damit kontrollieren kann, zur Verfügung stellen, statt sich über den Wildwuchs zu beklagen. Die Veränderung des IT-Managements macht sich jedoch an einem weiteren Ergebnis der CIO-Umfrage fest, an der sich mehr als 2000 IT-Führungskräfte und Technologie-Manager in 20 Ländern beteiligt haben. Ein Drittel der digitalen Projekte kommen mittlerweile aus den Vertriebs- und Marketing-Abteilungen – ohne Beteiligung der IT-Abteilung. In eine ähnliche Richtung geht die in der letzten Ausgabe erwähnte Tatsache, dass laut Gartner die Marketingbudgets in den nächsten Jahren jene der IT überflügeln werden [2].

Vertrieb und Marketing sind die eigentlichen Treiber der IT

Aus der CIO-Studie geht hervor, dass bereits 42 Prozent der digitalen Projekte in Kooperation zwischen IT, Marketing und Vertrieb laufen. Daraus lassen sich meiner Meinung nach zwei Schlüsse ziehen. Um sich als Partner für neue Projekte zu profilieren, reicht es für IT-Führungskräfte nicht mehr aus, nur Fachkenntnisse der Informatik vorzutragen.

Ein tiefes Verständnis für die Geschäftsfelder des eigenen Unternehmens ist unverzichtbar, um in der betrieblichen Organisation ein begehrter Ansprechpartner zu bleiben. Weiter stellt sich die Frage, ob die IT als Querschnittsfunktion so überhaupt noch aufrecht erhalten werden soll bzw. kann. Gerade die Kompetenzkonflikte nehmen innerhalb einer schwachen (in Teilen auch innerhalb einer starken) Matrixorganisation, wie auch die in der Studie dargelegten Trends zeigen, nicht ab sondern
vielmehr zu. Es ist darum nicht von der Hand zu weisen, dass die Zusammenarbeit zwischen Marketing und IT auf einer neuen Basis intensiviert werden muss.

Konsequenterweise werden einzelne Organisationseinheiten zukünftig sogar darüber nachdenken, eigene, fachbezogene IT-Kompetenzen aufzubauen. Solange sich die IT-Abteilungen nicht als Enabler für neue Business-Modelle sehen, müssen Unternehmen neue Wege beschreiten, um die Technologie im Unternehmen losgelöst von der IT voranzutreiben.

Quellen
[1] http://harveynash.com
[2] http://www.forbes.com

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