HSLU-Forschung: So funktioniert das Sharing für Firmen

06.04.2022
3 Min.
Sharing-Plattformen für Alltagsgegenstände gibt es bereits zuhauf. Für das Teilen von Arbeitsmaschinen und Geräten im unternehmerischen Umfeld sind entsprechende Angebote jedoch rar. Ein Forschungsteam der Hochschule Luzern HSLU und der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW hat untersucht, wie das Teilen unter Firmen leichter gemacht werden kann. 
 
 

Symbolbild Dmitriy Zub via Unsplash

 
 
Geteilt wird seit Menschengedenken, lang bevor unter dem Begriff «Sharing Economy» neue Geschäftsmodelle entstanden. Diese beschränken sich meist auf den privaten Bereich, obwohl Sharing-Projekte zwischen Unternehmen sehr vielversprechend wären. Diese verfügen oft über wertvolle Ressourcen wie teure Maschinen, die ungenutzt hohe Kosten verursachen. «Viele Firmen hätten einen Anreiz, Gerätschaften mit ihren Mitbewerbern zu teilen, anstatt alles selbst anzuschaffen», sagt Uta Jüttner, Dozentin und Projektleiterin an der HSLU. Diese hat gemeinsam mit der Fachhochschule Nordwestschweiz im Forschungsprojekt «KMU Sharingmarket» untersucht, wie das Teilen für Firmen zielgerichtet und strukturiert unterstützt werden könnte.
 
 

Bei der Firma nebenan ausleihen: Möglichkeiten schnell ausgeschöpft

Dass das Teilen für Firmen interessant ist, beweist die Realität. «Gerade KMUs sind bereits ganz gut darin, untereinander Material und Gegenstände auszuleihen», stellt Sebastian Huber, HSLU-Dozent und Projektmitarbeiter, fest. So werden heute schon häufig Ressourcen zwischen KMU ausgetauscht. «Das läuft allerdings ganz intuitiv und informell». Diese Form des Teilens stosse aber schnell an ihre Grenzen. Im Gegensatz zum Hochdruckreiniger, den Private gegenseitig zum Teilen anbieten, sind Geräte von Unternehmen oftmals sehr teuer. «Wenn diese geteilt werden, stellen sich zwangsläufig zusätzliche Fragen, beispielsweise zur Haftung oder zur Versicherung», so Huber.
 
 

Nachfrage und Angebot zusammenbringen

Damit Sharing zwischen Unternehmen erfolgen kann, muss der eine Betrieb eine Ressource mit freien Kapazitäten besitzen, welche die andere Firma nutzen möchte. Doch wie finden sich Nachfrage und Angebot? Beteiligte Unternehmen müssen auch ein gemeinsames Verständnis von «Teilen» entwickeln. Soll das Sharing möglichst anonym und nachfragebasiert oder persönlich und partnerschaftlich erfolgen? Auch über den Grad externer Unterstützung durch eine Plattform oder einen Dienstleister müssen sich die Sharing-willigen Unternehmen verständigen. Ist die Ressource identifiziert und die Form der Transaktion gefunden, gibt es einige Vereinbarungen zu treffen – zu Transport, Versicherung und Kosten, der Aufwand muss sich am Schluss ja lohnen.»
 
 

Nachhaltigkeit als Treiber 

Im steigenden Wettbewerbsdruck suchen insbesondere KMU nach alternativen Nutzungsformen zum «Make-or-Buy» – also der Wahl, ob ein Werkzeug selbst hergestellt und im eigenen Besitz ist oder von einem Lieferanten eingekauft wird. Wie bei Privaten ermöglicht Sharing den zeitlich begrenzten Zugriff und die Nutzung einer Ressource, die ein Unternehmen aus Kostengründen nicht selbst besitzen kann oder möchte. «Nebst Einsparungen vergrössern sich die unternehmerischen Möglichkeiten, auch Services oder Produkte anzubieten, die ohne Sharing nicht angeboten werden könnten», so Huber.
 
 

Toolbox für Firmen und erste KMU-Sharing-Plattform

Um den Unternehmen die Teilnahme an der Sharing Economy zu erleichtern, hat das Forschungsteam aus Betriebsökonominnen, Ingenieuren und Psychologinnen eine prozessorientierte Toolbox mit vier praktischen Instrumenten erstellt: 
  1. Sharing-Ressourcenpotenzial ermitteln, 
  2. Sharing-Organisationsform identifizieren, 
  3. Sharing-Vereinbarung und 
  4. Erfolgsmessung und Partnerbewertung. 
 
Aus dem Forschungsprojekt ist zudem das Start-up «Sharing Corp.» entstanden, das noch diesen Frühling die erste branchenunabhängige B2B-Sharing-Plattform für KMUs namens KMUsharingmarket.ch lanciert. Die Plattform soll die Möglichkeiten von Sharing und die Forschungsergebnisse der HSLU-Studie einem breiten Nutzerkreis von Unternehmen in der Schweiz zugänglich machen.  
 
 
 

KMU Sharingmarket

Das von der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung Innosuisse geförderte Projekt «KMU Sharingmarket» wurde initiiert von der HSLU und der FHNW. Während zwei Jahren wurde untersucht, warum sich das Sharing zwischen Unternehmen bisher noch nicht etablieren konnte und entwickelte gemeinsam mit KMU-Partnern Lösungsansätze zur Unterstützung des KMU-Sharings in der Schweiz. In enger Zusammenarbeit mit den Praxispartnern entstand eine «KMU-Sharing-Toolbox», welche Unternehmen mit Ressourcenpotenzial und/oder -bedarf zusammenführt und beim Teilen prozessorientiert unterstützt.
 
Weitere Informationen unter: www.kmusharingmarket.ch

 

Projektabschluss und Start-up-Gründung

 
Am 18. März 2022 stellten die Forschungs- und Projektpartner ihre Ergebnisse der Öffentlichkeit vor und luden Sharing-interessierte Unternehmen zum offenen Dialog mit der B2B-Sharing-Community ein. Aus dem Forschungsprojekt heraus ist ein Start-up entstanden, welches das B2B-Sharing-Konzept in der Schweiz etablieren möchte. Carla Kaufmann und Charly Suter, das Gründungsteam der «Sharing Corp.», lancierten an jenem Tag ihre Plattform. 
 
Weitere Informationen zum Start-up «Sharing Corp.» gibt es hier: www.sharingcorp.ch 
 
 

Der Autor

Sebastian Huber ist Dozent an der Hochschule Luzern HSLU
 
 

Der Beitrag erschien im topsoft Fachmagazin 22-1

 

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